Gerd Breker: Wir haben es in den Nachrichten gehört, Ministerpräsident Dieter Althaus ist als Ministerpräsident und Vorsitzender der Thüringer der CDU zurückgetreten. Er zog damit offenbar die Konsequenz aus dem dramatischen Einbruch seiner Partei bei den Landtagswahlen am 30. August. Die CDU büßte knapp 12 Prozentpunkte ein und erreichte nur noch 31,2 Prozent, und das kommend von einer absoluten Mehrheit in Erfurt. Unsere Landeskorrespondentin Ulrike Greim. Frau Greim, was gab den Ausschlag für Dieter Althaus, diesen Schritt zu tun?
Ulrike Greim: Die parteiinterne Kritik war einfach zu groß. Es gab Kritik von außerhalb, das hat, glaube ich, Althaus nicht beeindruckt, aber es gab heftige Kritik aus den eigenen Reihen. Es gab Kritik von Leuten, die auch wichtig sind in der Partei. Es gab Kritik zum Beispiel vom Thüringer Gemeinde- und Städtebund, der eine wichtige Position hat im Land. Und das hat Althaus sehr kräftig zugesetzt. Althaus hatte ja gekämpft im Wahlkampf in einer wirklich herausragenden Weise. Er hat alles gegeben, er hat alles drangesetzt und dann so ein dramatisches Ergebnis eingefahren, dass seine eigene Einschätzung und die Einschätzungen seiner Partei ihn dazu bewegt haben mögen. Trotzdem ist es überraschend gekommen, weil noch wirklich bis gestern alle gesagt haben, nach außen hin zumindest, wir stehen hinter ihm, er hat das Mandat, die Koalitionsverhandlungen zu führen. Da kam das heute Morgen sehr überraschend, so überraschend, dass die CDU selber sich im Moment noch gar nicht äußern kann, auch die SPD hat da noch gar nichts zu gesagt. Das ist in der Tat wahrscheinlich ein sehr einsamer Schritt. Er war auch nicht in der Staatskanzlei. Ich war vorhin in der Staatskanzlei, er war nicht da, da waren auch alle noch nicht anzusprechen auf dieses Thema. Das ist also eine kurzfristige Entscheidung gewesen.
Breker: Sie sagen es, möglicherweise eine einsame Entscheidung. Heute Morgen, der CDU-Fraktionschef in Erfurt, Mike Mohring, noch, er hat die volle Rückendeckung. Also ist es möglicherweise genau so eine Entscheidung gewesen, nämlich eine einsame, wie Kritiker ihm das ja auch schon immer vorgehalten haben?
Greim: Ich vermute das. Also er hat viele Entscheidungen so gefällt, er hat in viele Entscheidungen nicht mal seinen engsten Kreis miteinbezogen. Ich weiß nicht, ob es vorher jemand wusste, das konnte heute auch, wollte vorhin auch noch keiner so richtig sagen, das werden wir noch mitbekommen, aber ich vermute, dass er so seine Laufbahn beendet, wie er sie auch geführt hat, nämlich einsam.
Breker: Und Einfluss aus Berlin von der CDU-Bundesvorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel, hat es den gegeben, ist der irgendwo erkennbar?
Greim: Sie hat ihm auch erst mal, hörbar nur, den Rücken gestärkt. Ob es da intern größere Kritik gegeben hat, das ist zumindest noch nicht deutlich geworden. Aber auch innerhalb seiner eigenen Partei war es immer so, dass nach außen hin Geschlossenheit demonstriert wurde, solange bis er selber dann eine andere Mitteilung gegeben hat.
Breker: Sie geben uns den Eindruck, Frau Greim, dass die CDU in Thüringen im Moment sehr geschockt ist. Wie kann es denn weitergehen, wer kann denn nach Althaus kommen?
Greim: Ich halte es im Moment für einen offenen Prozess innerhalb der CDU, das ist die Operation am offenen Herzen. Ich habe den Eindruck, dass im Moment nicht mal ansatzweise das Wahldebakel irgendwie innerhalb der Partei so kommuniziert wird, dass schon deutlich ist, wie sie damit umgehen kann. Die CDU ist gründlich verunsichert. Ein Drittel der Fraktion fällt jetzt erst einmal weg, da gibt es ganz erheblichen Gesprächsbedarf. Aber ich kann mir vorstellen, dass die CDU sich relativ bald fängt und die nächste starke Frau hinter Dieter Althaus ist die bisherige Sozialministerin Christine Lieberknecht. Eine Pastorin, die seit der Wende in der Politik aktiv ist, bewährt ist in der CDU, und ich könnte mir vorstellen, dass die CDU sich darauf einigt, dass sie die neue starke Frau in Thüringen wird.
Breker: Frau Greim, wie hat denn die Opposition reagiert, wenn die eigene Partei schon so überrascht ist, dann wird die Opposition ja sicherlich auch überrascht sein, und hier besonders die Sozialdemokraten, denn Schwarz-Rot wäre ja durchaus eine Regierungsoption für Erfurt?
Greim: Das ist es mit Sicherheit. Ich denke, ich bin mir sicher, die SPD ist sehr überrascht, da wollte sich eben auch noch keiner äußern. Es ist aber klar – und das habe ich unter vorgehaltener Hand gehört –, dass die SPD jetzt gar nicht ganz genau weiß, was auf sie zukommt und deswegen auch gar nicht genau weiß, ob sie jetzt noch mal kräftig schimpfen soll oder sich lieber gesprächsbereit zeigen soll. Klar ist, jetzt kommt ja auch erst einmal ein inhaltliches Vakuum auf sie zu, bei Althaus wusste man, woran man ist. Eine verunsicherte Partei gibt vielleicht auch etwas mehr ... kann mehr zeigen und kann mehr anbieten vermutlich. Und ich denke, Christine Lieberknecht ist auch eine wesentlich kommunikativere Frau als Althaus. Ich denke, da wird sich die SPD durchaus in Respekt zeigen heute Nachmittag gegenüber der CDU, aber auch sagen, wir werden eine harte Verhandlung führen. Die Linkspartei hat sich schon geäußert, Bodo Ramelow, der Spitzenkandidat, sagt: Das war ein überfälliger Schritt, das Wählervotum am Sonntag war eindeutig. Wir hoffen, dass nach dem Rücktritt nun ein Neuaufbruch in der CDU passiert, aber wir hoffen, dass die SPD sich trotzdem für uns entscheidet, weil Reformen mit dieser abgewirtschafteten Partei, wie Bodo Ramelow sie nennt, nicht möglich sind.
Breker: Die SPD hat ja im Wahlkampf auch gegen das System Althaus gewettert. Dieses System Althaus, ist das mit Althaus selber auch weg?
Greim: Das System Althaus hängt auch an der CDU. Ich denke, dass dieser Rücktritt von Althaus im Land ganz erhebliche Verunsicherungen bei vielen Leuten verursachen wird, die natürlich ihre Karriere auch ein wenig an der CDU orientiert haben und die aufgrund ihres Parteibuches auf bestimmte Posten gekommen sind. Ich denke, das werden auch die Koalitionsverhandlungen, wenn sie denn stattfinden werden, zeigen müssen, ob oder wie viel von diesem System Althaus noch dableiben wird oder ob es tatsächlich einen neuen Schnitt gibt.
Breker: Und die Sondierungsgespräche, die ja SPD und Linke führen wollten, die finden so statt, als wäre Althaus nicht zurückgetreten?
Greim: Bisher ist das der Fahrplan. Ob das heute Nachmittag noch gilt, was heute Vormittag galt, weiß ich nicht, aber bisher heißt es, die SPD verhandelt am Freitag mit der Linkspartei, am Samstag mit der CDU, und dann werden wir weitersehen.
Breker: Ulrike Greim war das, unsere Landeskorrespondentin in Thüringen. Bewegte Zeiten in Erfurt. Frau Greim, danke für dieses Gespräch!
Ulrike Greim: Die parteiinterne Kritik war einfach zu groß. Es gab Kritik von außerhalb, das hat, glaube ich, Althaus nicht beeindruckt, aber es gab heftige Kritik aus den eigenen Reihen. Es gab Kritik von Leuten, die auch wichtig sind in der Partei. Es gab Kritik zum Beispiel vom Thüringer Gemeinde- und Städtebund, der eine wichtige Position hat im Land. Und das hat Althaus sehr kräftig zugesetzt. Althaus hatte ja gekämpft im Wahlkampf in einer wirklich herausragenden Weise. Er hat alles gegeben, er hat alles drangesetzt und dann so ein dramatisches Ergebnis eingefahren, dass seine eigene Einschätzung und die Einschätzungen seiner Partei ihn dazu bewegt haben mögen. Trotzdem ist es überraschend gekommen, weil noch wirklich bis gestern alle gesagt haben, nach außen hin zumindest, wir stehen hinter ihm, er hat das Mandat, die Koalitionsverhandlungen zu führen. Da kam das heute Morgen sehr überraschend, so überraschend, dass die CDU selber sich im Moment noch gar nicht äußern kann, auch die SPD hat da noch gar nichts zu gesagt. Das ist in der Tat wahrscheinlich ein sehr einsamer Schritt. Er war auch nicht in der Staatskanzlei. Ich war vorhin in der Staatskanzlei, er war nicht da, da waren auch alle noch nicht anzusprechen auf dieses Thema. Das ist also eine kurzfristige Entscheidung gewesen.
Breker: Sie sagen es, möglicherweise eine einsame Entscheidung. Heute Morgen, der CDU-Fraktionschef in Erfurt, Mike Mohring, noch, er hat die volle Rückendeckung. Also ist es möglicherweise genau so eine Entscheidung gewesen, nämlich eine einsame, wie Kritiker ihm das ja auch schon immer vorgehalten haben?
Greim: Ich vermute das. Also er hat viele Entscheidungen so gefällt, er hat in viele Entscheidungen nicht mal seinen engsten Kreis miteinbezogen. Ich weiß nicht, ob es vorher jemand wusste, das konnte heute auch, wollte vorhin auch noch keiner so richtig sagen, das werden wir noch mitbekommen, aber ich vermute, dass er so seine Laufbahn beendet, wie er sie auch geführt hat, nämlich einsam.
Breker: Und Einfluss aus Berlin von der CDU-Bundesvorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel, hat es den gegeben, ist der irgendwo erkennbar?
Greim: Sie hat ihm auch erst mal, hörbar nur, den Rücken gestärkt. Ob es da intern größere Kritik gegeben hat, das ist zumindest noch nicht deutlich geworden. Aber auch innerhalb seiner eigenen Partei war es immer so, dass nach außen hin Geschlossenheit demonstriert wurde, solange bis er selber dann eine andere Mitteilung gegeben hat.
Breker: Sie geben uns den Eindruck, Frau Greim, dass die CDU in Thüringen im Moment sehr geschockt ist. Wie kann es denn weitergehen, wer kann denn nach Althaus kommen?
Greim: Ich halte es im Moment für einen offenen Prozess innerhalb der CDU, das ist die Operation am offenen Herzen. Ich habe den Eindruck, dass im Moment nicht mal ansatzweise das Wahldebakel irgendwie innerhalb der Partei so kommuniziert wird, dass schon deutlich ist, wie sie damit umgehen kann. Die CDU ist gründlich verunsichert. Ein Drittel der Fraktion fällt jetzt erst einmal weg, da gibt es ganz erheblichen Gesprächsbedarf. Aber ich kann mir vorstellen, dass die CDU sich relativ bald fängt und die nächste starke Frau hinter Dieter Althaus ist die bisherige Sozialministerin Christine Lieberknecht. Eine Pastorin, die seit der Wende in der Politik aktiv ist, bewährt ist in der CDU, und ich könnte mir vorstellen, dass die CDU sich darauf einigt, dass sie die neue starke Frau in Thüringen wird.
Breker: Frau Greim, wie hat denn die Opposition reagiert, wenn die eigene Partei schon so überrascht ist, dann wird die Opposition ja sicherlich auch überrascht sein, und hier besonders die Sozialdemokraten, denn Schwarz-Rot wäre ja durchaus eine Regierungsoption für Erfurt?
Greim: Das ist es mit Sicherheit. Ich denke, ich bin mir sicher, die SPD ist sehr überrascht, da wollte sich eben auch noch keiner äußern. Es ist aber klar – und das habe ich unter vorgehaltener Hand gehört –, dass die SPD jetzt gar nicht ganz genau weiß, was auf sie zukommt und deswegen auch gar nicht genau weiß, ob sie jetzt noch mal kräftig schimpfen soll oder sich lieber gesprächsbereit zeigen soll. Klar ist, jetzt kommt ja auch erst einmal ein inhaltliches Vakuum auf sie zu, bei Althaus wusste man, woran man ist. Eine verunsicherte Partei gibt vielleicht auch etwas mehr ... kann mehr zeigen und kann mehr anbieten vermutlich. Und ich denke, Christine Lieberknecht ist auch eine wesentlich kommunikativere Frau als Althaus. Ich denke, da wird sich die SPD durchaus in Respekt zeigen heute Nachmittag gegenüber der CDU, aber auch sagen, wir werden eine harte Verhandlung führen. Die Linkspartei hat sich schon geäußert, Bodo Ramelow, der Spitzenkandidat, sagt: Das war ein überfälliger Schritt, das Wählervotum am Sonntag war eindeutig. Wir hoffen, dass nach dem Rücktritt nun ein Neuaufbruch in der CDU passiert, aber wir hoffen, dass die SPD sich trotzdem für uns entscheidet, weil Reformen mit dieser abgewirtschafteten Partei, wie Bodo Ramelow sie nennt, nicht möglich sind.
Breker: Die SPD hat ja im Wahlkampf auch gegen das System Althaus gewettert. Dieses System Althaus, ist das mit Althaus selber auch weg?
Greim: Das System Althaus hängt auch an der CDU. Ich denke, dass dieser Rücktritt von Althaus im Land ganz erhebliche Verunsicherungen bei vielen Leuten verursachen wird, die natürlich ihre Karriere auch ein wenig an der CDU orientiert haben und die aufgrund ihres Parteibuches auf bestimmte Posten gekommen sind. Ich denke, das werden auch die Koalitionsverhandlungen, wenn sie denn stattfinden werden, zeigen müssen, ob oder wie viel von diesem System Althaus noch dableiben wird oder ob es tatsächlich einen neuen Schnitt gibt.
Breker: Und die Sondierungsgespräche, die ja SPD und Linke führen wollten, die finden so statt, als wäre Althaus nicht zurückgetreten?
Greim: Bisher ist das der Fahrplan. Ob das heute Nachmittag noch gilt, was heute Vormittag galt, weiß ich nicht, aber bisher heißt es, die SPD verhandelt am Freitag mit der Linkspartei, am Samstag mit der CDU, und dann werden wir weitersehen.
Breker: Ulrike Greim war das, unsere Landeskorrespondentin in Thüringen. Bewegte Zeiten in Erfurt. Frau Greim, danke für dieses Gespräch!