Gerwald Herter: Germany 12 Points, also volle Punktzahl für Deutschland, beim Eurovision Song Contest ist das in den letzten Jahren zumindest seltener geworden. Platz 20 war es 2009, zuvor 2008 der 23. und damit letzte Rang, in den beiden Jahren davor wiederum die Plätze 19 und 15. Keine ganz großen Erfolge also. Womöglich liegt das daran, dass der innerhalb der ARD verantwortliche Norddeutsche Rundfunk auf die Suche nach neuen Rezepten gegangen ist. Die erste von acht Casting Shows mit Stefan Raab geht heute Abend an den Start, allerdings auf Pro Sieben, nicht in der ARD. Warum? Das kann uns Thomas Schreiber jetzt sagen. Er ist Koordinator der Fernsehunterhaltung der ARD und beim NDR Leiter des Programmbereichs Fiktion und Unterhaltung. Damit ist er für den Eurovision Song Contest in Deutschland verantwortlich. Guten Morgen, Herr Schreiber.
Thomas Schreiber: Moin, Herr Herter!
Herter: Herr Schreiber, macht Pro Sieben jetzt Quote, weil die ARD alleine keine guten Künstler für den Grand Prix findet?
Schreiber: Erst mal wünsche ich mir, dass das heute eine erfolgreiche Sendung wird. Ob sie erfolgreich gewesen ist, werden wir erst morgen Früh etwa um halb neun wissen, wenn wir die Zahlen von heute Abend kennen. Es ist ja so, dass wir in den vergangenen Jahren durchaus versucht haben, mit ernst zu nehmenden Künstlern anzutreten, aber ich sage mal, da gab es eine ganze Menge Zurückhaltung bei Künstlern, sich auf dieses Spiel Eurovision Song Contest einzulassen, denn ein Auftritt vor einem internationalen Publikum, das per Telefon entscheidet, ist immer mit dem Risiko des Scheiterns verbunden und die Frage, was bedeutet das für mein Image, wenn ich scheitere, hat viele, die ich persönlich angesprochen habe, die vielleicht auch gerne mitgemacht haben, im Endeffekt davon abgehalten, dabei zu sein.
Herter: Das heißt, so ganz freiwillig hat die ARD der kommerziellen Konkurrenz Teile des Grand-Prix-Spektakels nicht überlassen. Ist das richtig?
Schreiber: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Es war sogar sehr freiwillig, jedenfalls auf meiner Seite, weil ich diese Idee hatte und ja dafür auch geworben habe. Es ist ja schlicht und einfach so, dass der Eurovision Song Contest, wenn Sie so wollen, eine Art Europameisterschaft der Unterhaltung ist, und als Fernsehereignis gibt es die Olympischen Spiele, es gibt die Fußballweltmeisterschaft und das drittgrößte Fernsehereignis weltweit danach ist der Eurovision Song Contest, jedenfalls das internationale Finale, das ja nicht nur in einem erweiterten Europa rund um den Mittelmeerraum bis in den Kaukasus live übertragen wird, sondern sogar nach Australien, Neuseeland und so weiter. Die Frage ist ja in dieser ganzen Zusammenarbeit, um die es jetzt geht: mit wem treten wir beim Eurovision Song Contest 2010 in Oslo an. Da ist natürlich ein ganz wichtiger Faktor: Wer bestimmt die Mannschaft - das werden die Zuschauer tun – und diese Mannschaft soll ja für Deutschland antreten. Da gilt dann für mich die alte mathematische Regel, 3 sind besser als 1, denn hier arbeiten zusammen die Pop- und Jungwellen der ARD, also die Radios, die die musikalische Kompetenz haben, Pro Sieben und eben das Erste, und das Ziel ist wirklich, wenn Sie so wollen, ein bisschen ironisch, aber schon ganz ernst gemeint, den deutschen Beitrag für Oslo zu finden, aber eben auch durch die Tatsache, dass die Zuschauer entscheiden, eine große oder die größtmögliche Identifikation mit diesem Beitrag zu schaffen.
Herter: Glauben Sie, dass Stefan Raab ein Erfolgsgarant ist für den Eurovision Song Contest? Er ist vor etwa zehn Jahren auf den 5. Platz gekommen, hat einen Achtungserfolg immerhin errungen.
Schreiber: Na ja, er war ja dreimal in unterschiedlicher Weise dabei: 1998 in Birmingham hat er den Titel für Guildo Horn geschrieben, er ist selber 2000 in Stockholm angetreten und 2004 mit Max Mutzke. Alle drei Male, in denen Stefan Raab dabei war, waren wir unter den Top Ten. Die Eingangsformulierung von Ihnen, Germany 12 Points, das ist eine hohe Latte, das ist aber gar nicht mein Ziel. Ich sage nicht, wir müssen gewinnen, sondern wir müssen einen Beitrag haben, mit dem wir als Deutsche uns – es ist eine Unterhaltungssendung, keine Wahl – identifizieren können. Da spricht dann für Stefan Raab nicht nur das, was er in der Vergangenheit geleistet hat, sondern die Tatsache, dass er das, was er macht, immer sehr ernst nimmt und dass er unbedingt gewinnen will und dass er schlicht und einfach ein hohes Maß an musikalischer Glaubwürdigkeit hat.
Herter: Sind Sie mal auf die tiefere Ursachenforschung eingegangen? Woran liegt es, dass deutsche Künstler in den letzten Jahren eher schlecht abgeschnitten haben? Sind die anderen einfach hungriger, wollen die nach oben? Bedeutet der Eurovision Song Contest vielleicht für andere Länder mehr als für Deutschland?
Schreiber: Für andere Länder bedeutet er mit Sicherheit mehr, jedenfalls, wenn es die osteuropäischen Länder sind. Für die ist das eine Frage der nationalen Ehre. Im Westen Europas war das so ein bisschen unentschieden. Für die großen Länder war es vielleicht eine Tradition, über die man sich ein bisschen lächerlich gemacht hat, und wenn man irgendwo antritt und das, was man macht, nicht hundertprozentig ernst nimmt, dann hat man eigentlich schon verloren. Ein anderer Faktor mag sein, dass Deutschland in der Rangliste der beliebtesten Nationen dieser Erde nicht immer auf Platz 1 ist. Das sagt jedenfalls Stefan Raab, der meint, deswegen können wir gar nicht gewinnen. Es kommen ja immer ganz unterschiedliche Faktoren zusammen. Es gibt so bestimmte gesellschaftliche Strömungen - spiegelt ein Titel das wieder, ist das ein Interpret, mit dem man sich identifizieren kann -, und im Endeffekt ist es so: wenn wir, wenn jetzt Deutschland den deutschen Beitrag auswählt, dann wissen wir ja nur in ganz wenigen Ländern bisher, gegen wen wir antreten. Also das ist immer so: sagen wir mal, man schaut so ein bisschen in einen dunklen Tunnel, denn wer dann wirklich in Oslo auf der Bühne stehen wird, das wird man erst im März, Ende März definitiv wissen.
Herter: Mal abgesehen von Ihren beruflichen Verpflichtungen, würden Sie sich den Grand Prix auch aus privatem Interesse heraus anschauen?
Schreiber: Herr Herter, ich würde nicht nur, ich habe sogar bereits, und wenn ich einmal privilegiert war, dann 1998. Da war ich nämlich Korrespondent in London und durfte Berichterstatter vom Eurovision Song Contest aus Birmingham sein. Das hat viel Spaß gemacht und hat leider jetzt auch Konsequenzen gehabt. Ich habe das nämlich auch beruflich zu meinem Gegenstand gemacht.
Herter: Thomas Schreiber war das, Unterhaltungskoordinator der ARD, über Neues beim Grand Prix. Vielen Dank.
Thomas Schreiber: Moin, Herr Herter!
Herter: Herr Schreiber, macht Pro Sieben jetzt Quote, weil die ARD alleine keine guten Künstler für den Grand Prix findet?
Schreiber: Erst mal wünsche ich mir, dass das heute eine erfolgreiche Sendung wird. Ob sie erfolgreich gewesen ist, werden wir erst morgen Früh etwa um halb neun wissen, wenn wir die Zahlen von heute Abend kennen. Es ist ja so, dass wir in den vergangenen Jahren durchaus versucht haben, mit ernst zu nehmenden Künstlern anzutreten, aber ich sage mal, da gab es eine ganze Menge Zurückhaltung bei Künstlern, sich auf dieses Spiel Eurovision Song Contest einzulassen, denn ein Auftritt vor einem internationalen Publikum, das per Telefon entscheidet, ist immer mit dem Risiko des Scheiterns verbunden und die Frage, was bedeutet das für mein Image, wenn ich scheitere, hat viele, die ich persönlich angesprochen habe, die vielleicht auch gerne mitgemacht haben, im Endeffekt davon abgehalten, dabei zu sein.
Herter: Das heißt, so ganz freiwillig hat die ARD der kommerziellen Konkurrenz Teile des Grand-Prix-Spektakels nicht überlassen. Ist das richtig?
Schreiber: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Es war sogar sehr freiwillig, jedenfalls auf meiner Seite, weil ich diese Idee hatte und ja dafür auch geworben habe. Es ist ja schlicht und einfach so, dass der Eurovision Song Contest, wenn Sie so wollen, eine Art Europameisterschaft der Unterhaltung ist, und als Fernsehereignis gibt es die Olympischen Spiele, es gibt die Fußballweltmeisterschaft und das drittgrößte Fernsehereignis weltweit danach ist der Eurovision Song Contest, jedenfalls das internationale Finale, das ja nicht nur in einem erweiterten Europa rund um den Mittelmeerraum bis in den Kaukasus live übertragen wird, sondern sogar nach Australien, Neuseeland und so weiter. Die Frage ist ja in dieser ganzen Zusammenarbeit, um die es jetzt geht: mit wem treten wir beim Eurovision Song Contest 2010 in Oslo an. Da ist natürlich ein ganz wichtiger Faktor: Wer bestimmt die Mannschaft - das werden die Zuschauer tun – und diese Mannschaft soll ja für Deutschland antreten. Da gilt dann für mich die alte mathematische Regel, 3 sind besser als 1, denn hier arbeiten zusammen die Pop- und Jungwellen der ARD, also die Radios, die die musikalische Kompetenz haben, Pro Sieben und eben das Erste, und das Ziel ist wirklich, wenn Sie so wollen, ein bisschen ironisch, aber schon ganz ernst gemeint, den deutschen Beitrag für Oslo zu finden, aber eben auch durch die Tatsache, dass die Zuschauer entscheiden, eine große oder die größtmögliche Identifikation mit diesem Beitrag zu schaffen.
Herter: Glauben Sie, dass Stefan Raab ein Erfolgsgarant ist für den Eurovision Song Contest? Er ist vor etwa zehn Jahren auf den 5. Platz gekommen, hat einen Achtungserfolg immerhin errungen.
Schreiber: Na ja, er war ja dreimal in unterschiedlicher Weise dabei: 1998 in Birmingham hat er den Titel für Guildo Horn geschrieben, er ist selber 2000 in Stockholm angetreten und 2004 mit Max Mutzke. Alle drei Male, in denen Stefan Raab dabei war, waren wir unter den Top Ten. Die Eingangsformulierung von Ihnen, Germany 12 Points, das ist eine hohe Latte, das ist aber gar nicht mein Ziel. Ich sage nicht, wir müssen gewinnen, sondern wir müssen einen Beitrag haben, mit dem wir als Deutsche uns – es ist eine Unterhaltungssendung, keine Wahl – identifizieren können. Da spricht dann für Stefan Raab nicht nur das, was er in der Vergangenheit geleistet hat, sondern die Tatsache, dass er das, was er macht, immer sehr ernst nimmt und dass er unbedingt gewinnen will und dass er schlicht und einfach ein hohes Maß an musikalischer Glaubwürdigkeit hat.
Herter: Sind Sie mal auf die tiefere Ursachenforschung eingegangen? Woran liegt es, dass deutsche Künstler in den letzten Jahren eher schlecht abgeschnitten haben? Sind die anderen einfach hungriger, wollen die nach oben? Bedeutet der Eurovision Song Contest vielleicht für andere Länder mehr als für Deutschland?
Schreiber: Für andere Länder bedeutet er mit Sicherheit mehr, jedenfalls, wenn es die osteuropäischen Länder sind. Für die ist das eine Frage der nationalen Ehre. Im Westen Europas war das so ein bisschen unentschieden. Für die großen Länder war es vielleicht eine Tradition, über die man sich ein bisschen lächerlich gemacht hat, und wenn man irgendwo antritt und das, was man macht, nicht hundertprozentig ernst nimmt, dann hat man eigentlich schon verloren. Ein anderer Faktor mag sein, dass Deutschland in der Rangliste der beliebtesten Nationen dieser Erde nicht immer auf Platz 1 ist. Das sagt jedenfalls Stefan Raab, der meint, deswegen können wir gar nicht gewinnen. Es kommen ja immer ganz unterschiedliche Faktoren zusammen. Es gibt so bestimmte gesellschaftliche Strömungen - spiegelt ein Titel das wieder, ist das ein Interpret, mit dem man sich identifizieren kann -, und im Endeffekt ist es so: wenn wir, wenn jetzt Deutschland den deutschen Beitrag auswählt, dann wissen wir ja nur in ganz wenigen Ländern bisher, gegen wen wir antreten. Also das ist immer so: sagen wir mal, man schaut so ein bisschen in einen dunklen Tunnel, denn wer dann wirklich in Oslo auf der Bühne stehen wird, das wird man erst im März, Ende März definitiv wissen.
Herter: Mal abgesehen von Ihren beruflichen Verpflichtungen, würden Sie sich den Grand Prix auch aus privatem Interesse heraus anschauen?
Schreiber: Herr Herter, ich würde nicht nur, ich habe sogar bereits, und wenn ich einmal privilegiert war, dann 1998. Da war ich nämlich Korrespondent in London und durfte Berichterstatter vom Eurovision Song Contest aus Birmingham sein. Das hat viel Spaß gemacht und hat leider jetzt auch Konsequenzen gehabt. Ich habe das nämlich auch beruflich zu meinem Gegenstand gemacht.
Herter: Thomas Schreiber war das, Unterhaltungskoordinator der ARD, über Neues beim Grand Prix. Vielen Dank.