Samstag, 27. April 2024

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Eine Lange Nacht über Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht
„Ein scharfer Wind bläst durch die Lande“

Im Januar 1919 verhört ein Freikorpsoffizier in Berlin zwei Gefangene: Es sind die prominenten Führer des Spartakus-Aufstandes. Generalstabsoffizier Pabst weist seine Begleitoffiziere an, die beiden zu töten – dieser Doppelmord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beendet die Revolte.

Von Tobias Barth, Lorenz Hoffmann und Hartmut Schade | 12.01.2019
    Eine der vielen Demonstrationen zu Ehren der Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (1988)
    Demonstrationen zu Ehren der Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (1988) (picture alliance/dpa/ADN)
    Bis heute kommen Mitte Januar Zehntausende zusammen, der linken Märtyrer zu gedenken. Liebknechts entschlossenes „Nein!“ zu den Kriegskrediten, sein Internationalismus und Antimilitarismus, den Luxemburg entschieden unterstützt, hatte die beiden Sozialdemokraten zu Verbündeten gemacht - gegen die große Mehrheit ihrer Partei.
    Aus dem Gefängnis heraus (Luxemburg) beziehungsweise von der Front her (Liebknecht) gründeten sie 1916 die Spartakusgruppe. „Ein scharfer Wind bläst durch die Lande“ ist im Spartacus Nummer 1 zu lesen, der von gezielten Verhaftungen und Einberufungen schreibt, immer träfe es die linke Opposition: „So verröchelt der famose 'Burgfrieden'. Die Komödie ist ausgespielt, die Masken sind gefallen.“ Zwei opferreiche Kriegsjahre später hängen Plakate in Berlin mit den Konterfeis und dem Aufruf: „Schlagt Liebknecht und Luxemburg tot!“
    Der Befehlsgeber der Mörder, Waldemar Pabst, ist Strippenzieher der Faschisierung und macht Karriere im Dritten Reich, später als Waffenhändler in der Bundesrepublik. Leute wie er sind es, gegen die die 68er-Studenten auf die Straße gehen und wieder Plakate mit Luxemburgs Konterfei tragen. Rosa wird zur Ikone eines menschlichen Sozialismus gemacht, wird als poetische Briefeschreiberin, Feministin, Blumen- und Katzenfreundin entdeckt.
    Im Osten unseres Landes sind Karl und Rosa ein fest gefügtes Begriffspaar. Versehen mit dem Heiligenschein kommunistischer Märtyrer, dienen sie der Selbstlegitimierung der SED. Bis 70 Jahre nach dem Mord Dissidenten in der DDR Luxemburg beim Wort nehmen und die Freiheit der Andersdenkenden einfordern. Bis heute gehen in den Köpfen der Linken die beiden Revolutionäre als Gespenster in einem Europa der sozialen Widersprüche um. Als Untote - und weitgehend Unbekannte.
    Karl und Rosa
    Sie flatterten an, die beiden Schmetterlinge, Karl und Rosa. Karl ein Trauermantel mit schwarzen, weit entfalteten Schwingen. Rosa schillernd bunt, ihre Flügel schlugen heftig. Sie spielten um den stumpfen schweren Block, der Ebert hieß, und stießen gegen die Helmspitze des Großen Generalstabs. Aus welchen Ländern kamen sie? Welches andere Klima hatte sie hervorgebracht? Sie hatten etwas bezauberndes, fremdartiges an sich. Es war der Zauber und das Befremdende des Traums. Manche schwärmten hinter ihnen her, manche staunten sie an, manchen flößten sie Schrecken und Widerwillen ein.
    Alfred Döblin im vierten, "Karl und Rosa" betitelten Band seiner Romantetralogie "November1918". Der Schriftsteller sieht sie als exotische Schmetterlinge, kurzlebig, unstet, schwer greifbar in den Wirren der Revolution.
    Alfred Döblin: "November 1918. Eine deutsche Revolution", Vier Romane, Verlag S. Fischer 2008
    Bürger und Soldaten 1918‹ entfaltet ein packendes Panorama der Zeit unmittelbar nach Scheidemanns Ausrufung der Republik. Im Zentrum des vielstimmigen Romans steht der Oberleutnant und Gymnasiallehrer Friedrich Becker, der, vom Ersten Weltkrieg tief verstört, nach dem Sinn seines Lebens und der Möglichkeit dauerhaften Friedens fragt. Mit einem Nachwort von Helmuth Kiesel.

    Der Teufel blieb und "Eine deutsche Revolution. Also keine" Eine Rezension in : Der Spiegel
    Links:
    Karl Liebknecht bei Wikipedia
    Rosa Luxemburg bei Wikipedia
    Rosa Luxemburg Stiftung
    Internationale Rosa Luxemburg Gesellschaft
    Rosa Luxemburg, Werke bei Projekt Gutenberg
    Ein Porträt von Rosa Luxemburg (1871-1919)
    Rosa Luxemburg, linke Sozialdemokratin und Mitgründerin der KPD. Sie wurde am 15. Januar 1919 in Berlin ermordet (imago stock&people)
    Rosa Luxemburg: "Mensch sein ist vor allem die Hauptsache. Und das heißt: fest und klar und heiter sein, ja, heiter trotz alledem und alledem."
    Rosa Luxemburg 1917: "Mensch sein, heißt; sein ganzes Leben ‚auf des Schicksals großer Waage‘ freudig hinwerfen, wenn’s sein muß, sich zugleich aber an jedem hellen Tag und jeder schönen Wolke freuen, auch ich weiß keine Rezepte zu schreiben, wie man Mensch sein soll, ich weiß nur, wie man’s ist..."
    Karl Liebknecht: "Die Politik als Kunst des Unmöglichen…"
    Karl Liebknecht 1916: "Wer die Entwicklung jeden Augenblicks bis zur Realisierung der äußersten Möglichkeit bestrebt ist...muß Ziele und Richtung seiner Politik weit jenseits der äußersten praktischen Möglichkeit nehmen. Das äußerst Mögliche ist nur erreichbar durch das Greifen nach dem Unmöglichen… Die eigentliche und stärkste Politik, das ist die Kunst der Unmöglichkeit."
    Der Jurist und Politiker Karl Liebknecht nach einer Kohlezeichnung von Gerhard Augst geboren 1871.
    Der Jurist und Politiker Karl Liebknecht nach einer Kohlezeichnung von Gerhard Augst. (picture-alliance / dpa)
    Wer waren "Karl und Rosa"?
    Anführer der Arbeiterklasse oder eines kleines Häufleins revolutionärer Sektierer? Bolschewistische Schreckgespenster? Märtyrer des Kommunismus? Symbolfiguren für die Hoffnung auf einen Dritten Weg, den demokratischen Sozialismus? Die letzten unbefleckten – weil rechtzeitig ermordeten – Helden der internationalen Linken?
    Gregor Gysi, langjähriger Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag:
    "Also ich finde, man kann bis heute von ihr ne ganze Menge lernen."

    Gregor Gysi Website
    Gregor Gysi: "Ne taffe Frau war es auch, auch eine, die sich sehr viel mit Pflanzen beschäftigt hat, was für mich auch immer interessant ist, ob es noch andere Zweige gibt, die die Seele eines Menschen erreichen oder nicht."
    Annelies Laschitza, Herausgeberin des Gesamtwerkes von Rosa Luxemburg und Biografin von Luxemburg und Liebknecht:
    "Ja das war der schon in den 40er Jahren, also als Lehrling 1948-49, da war ich Lehrling beim Rat der Stadt Leipzig und ich hatte eine FDJ Versammlung, ja wie man da ebenso hingeht so als 14-Jährige."
    Annelies Laschitza bei Wikipedia
    Annelies Laschitza im Aufbau VerlagZum Tod von Annelies Laschitza

    Annelies Laschitza: "Bei dieser Veranstaltung wurde ein Brief Rosa Luxemburgs an die Sophie Liebknecht vorgelesen, und da war ich baff! Und da war für mich das eine Offenbarung!"
    Klaus Gietinger, Publizist und Filmemacher, hat ein Buch über den Mord an Luxemburg und Liebknecht geschrieben:
    "Na, das ist sein Antimilitarismus, dass er da gekämpft hat gegen diesen preußisch deutschen Militarismus, ist dafür ins Gefängnis gegangen, ich fand schon seine Demonstration 1916, als er sich da auf den Potsdamer Platz gestellt hat, gesagt hat, Nieder mit dem Krieg! das muss man sich erst mal trauen."

    Klaus Gietinger bei Wikipedia
    Die Website von Klaus Gietinger
    Stephan Krawczyk: "Und da sich die kommunistische Bewegung in Deutschland natürlich dann um eine Geschichte bemühten, da sind dann eben diese Leute wie Karl Marx und Friedrich Engels oder Karl Liebknecht oder eben auch Rosa Luxemburg, die werden dann in der Weise dargestellt, dass es aussieht wie Menschen, denen es nachzueifern gilt, als ob man sich damit beschäftigen sollte und so weiter."
    Der Liedermacher Stephan Krawczyk wurde am 19. Januar 1988 verhaftet, weil er mit einem eigenen Plakat an der Liebknecht-Luxemburg- Demonstration in Ostberlin teilnehmen wollte.

    Stephan Krawczyk - seine Website und bei Wikipedia
    Gregor Gysi: "Und diese Ermordung, diese objektive Handlung, das kann man ja gar nicht anders sehen, die hat sie verbunden. Natürlich gab es zwischen ihnen auch Differenzen, Karl Liebknecht hat auch die Sowjetunion nicht so kritisiert, wie das Rosa Luxemburg gemacht hat. Und wahrscheinlich wenn beide überlebt hätten, hätten die Widersprüche vielleicht noch zugenommen. Vielleicht hätten sie sich auch gefunden, aber die Mörder haben dafür gesorgt, dass wir das nicht wissen."
    Klaus Gietinger: "Naja das wichtigste finde ich, ist ihr Demokratiekonzept, also ja, Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden, also das sie Basisdemokratin war und dafür in den Tod gegangen ist, das finde ich schon ist für mich immer noch eine Lösung für den Kapitalismus, der immer noch sehr spät ist, aber ob der ewig bestehen wird, weiß ich nicht und dann braucht man Lösungen, ich werd es nicht mehr erleben, aber die Kinder vielleicht."
    Jörn Schütrumpf, Publizist und Autor Jörn Schütrumpf ist Leiter der Fokusstelle Rosa Luxemburg der Rosa-Luxemburg-Stiftung: "Dass sie Jüdin war können sich die einzelnen noch vorstellen, aber was die Frau wirklich gemacht hat, was die Frau wirklich getan hat, was sie für Auffassungen vertreten hat, ist völlig unbekannt. Man weiß dann noch, dass sie ermordet wurde."
    .
    Jörn Schütrumpf - Publikationen
    Jörn Schütrumpf - Beiträge im Linksnet
    Jörn Schütrumpf - Im Gespräch. "Luxemburg war für Stalin auch noch nach ihrem Tod gefährlich" - Renata Schmidtkunz im Gespräch mit Jörn Schütrumpf, Biograf von Rosa Luxemburg, Autor.

    Jörn: Schütrumpf: "Aber das wird zum Teil schon schwierig, also jüngere Leute erzählen mir dann, dass die Nazis sie umgebracht haben und wenn man ihnen sagt, aber Freunde, damals gab es noch keine Nazis, dann ist die Verwirrung allgemein. Das meint "die bekannteste Unbekannte", jeder kennt sie und eigentlich kennt sie keiner."
    Der Satz, der Rosa Luxemburgs Markenzeichen wurde
    In einer kleinen Randnotiz zur "Russischen Revolution" schreibt Rosa Luxemburg jenen Satz nieder, der so etwas wie ihr Markenzeichen werden wird

    Rosa Luxemburg: "Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‚Gerechtigkeit‘, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‚Freiheit‘ zum Privilegium wird…
    Das öffentliche Leben der Staaten mit beschränkter Freiheit ist eben deshalb so dürftig, so armselig, so schematisch, so unfruchtbar, weil es sich durch Ausschliessung der Demokratie die lebendigen Quellen allen geistigen Reichtums und Fortschritts absperrt."
    Der Historiker Heinrich August Winkler 2011 im Deutschlandfunk:
    "Dieses Wort von der Freiheit der Andersdenkenden bezieht sich auf den sozialistischen Pluralismus, auf die Meinungsvielfalt des revolutionären Lagers."

    "Nicht gemeint ist damit Freiheit für Gegner der Revolution, der – von ihr, von Rosa Luxemburg sogenannten – Halunken in der Mehrheitssozialdemokratie. Nein, dies ist kein liberaler, kein demokratischer Pluralismus, der mit diesem Wort angestrebt wird, es ist ein Plädoyer gegen die Diktatur einer Parteiführung oder auch einer selbsternannten Avantgarde, aber mehr als das ist es nicht. Und insofern wird dieses wunderbare Wort, das jedenfalls so eingängig klingt, meistens falsch interpretiert."

    Heinrich August Winkler bei Wikipedia
    Jörn Schütrumpf: "Es gibt keinen Satz bei Rosa Luxemburg, der so missverstanden wird, wie der Satz, dass die Freiheit immer die Freiheit der Andersdenkenden ist. Viele ihrer Kritiker von links - mit drei Anführungszeichen - argumentieren bis heute gerne, was das für ein Unsinn ist, hat man ja gesehen, was hat sie von ihrer Freiheit. Am Ende lag sie dann im Landwehrkanal. Das hatte Rosa Luxemburg allerdings überhaupt nicht im Sinn, als sie davon sprach. Luxemburg war nicht nur eine Politikerin, sondern sie war auch Naturwissenschaftlerin, wenn auch nur auf einem gehobenen Laienstatus. Und sie dachte Gesellschaft organisch, während viele andere sie mechanisch denken, Macht erobern, dann alles umbauen. War nicht ihre Idee und Rosa Luxemburg als organisch denkende verstand Gesellschaft als einen hoch empfindlichen Organismus, der sich nur langsam ändern kann. Und Rosa Luxemburg war der tiefen Überzeugung, so hat sie gelebt und so ist sie auch gestorben, dass alles in der Öffentlichkeit ausgetragen werden muss. Dass Widersprüche nicht weg zu sperren sind, da können die Gefängnismauern noch so dick sein. Widersprüche müssen ausgekämpft und ausgelebt werden. Nur so können Probleme überwunden werden, ansonsten kehren sie immer wieder zurück. Und das ist der zentrale Punkt des Entwicklungsdenkens von Rosa Luxemburg. Dazu, dass Widersprüche ausgekämpft werden können, muss jede Seite sich bewegen können und sich jederzeit äußern können, sonst wird alles wieder von vorne losgehen. Und wer das immer noch nicht ganz verstanden hat, der sollte sich angucken, was von dem sogenannten Sozialismus nach 1989 übriggeblieben ist. Es ist nichts übrig geblieben! Weil das Ganze war oktroyiert und die Probleme sind alle wiedergekehrt, weil nicht ein einziges Problem gelöst war, weil sie nicht ausgekämpft worden waren, weil die Freiheit nicht die Freiheit des Andersdenkenden gewesen war."
    Klaus Gietinger, Verfasser eines Buches über Waldemar Pabst, der die Morde an Luxemburg und Liebknecht befohlen hat:
    "Und Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sind dann nicht geflohen, sondern sie haben sich im Westen versteckt, im bürgerlichen Wilmersdorf versteckt bei Freunden in der Mannheimer Straße. Und da wurden sie eben von einer Bürgerwehr, die wiederum bezahlt wurde vom Reichsbürgerrat, hieß der glaube ich, wurden sie aufgestöbert. # Und wurden verhaftet und ins Eden-Hotel gebracht gebracht, wo eben Pabst und seine Truppe ihr Quartier aufgeschlagen hatten, also es war ein Luxushotel. Und da wurden sie von Pabst verhört, getrennt, und er hat beschlossen, beide umbringen zu lassen und hat dazu eine Truppe von Marine-Offizieren kommen lassen, damit das alles auch klappt.
    Und nach meinen Erkenntnissen hat er vorher noch den Oberbefehlshaber der Regierungstruppen, es war Gustav Noske aus der SPD, angerufen und wollte von Ihm den Befehl, dass er die erschießen kann. Der hat diesen Befehl nicht gegeben, hat gesagt, da zerbricht die Partei, er soll es dem kommandierenden General von Lüttwitz sagen. # Und dann soll Noske gesagt haben, dann müssen sie es selber wissen, was Sie zu verantworten haben! Und Pabst hat dann beschlossen, beide auf dem Transport ins Gefängnis umbringen zu lassen."
    Waldemar Pabst 1969 in einem privaten Brief: Dafür sollten diese deutschen Idioten Noske und mir auf den Knien danken, uns Denkmäler setzen und nach uns Straßen und Plätze benannt haben! Der Noske war damals vorbildlich, und die Partei hat sich in dieser Affäre damals tadellos benommen. Dass ich die Aktion ohne Noskes Zustimmung gar nicht durchführen konnte, mit Ebert im Hintergrund, ist klar. Als Kavalier habe ich das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert, dass ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit.
    Klaus Gietinger: "Liebknecht wurde also in den Tiergarten gefahren, da war es ganz dunkel, wurde eine Panne markiert und man hat ihn ein Stück weg geführt und die Marinesoldaten sind dann los gegangen und haben auf ihn geschossen. Und Rosa Luxemburg wurde vor dem Eden-Hotel, das gibt's heute nicht mehr, gegenüber vom Zoo Berlin, wurde auch in einen Wagen geworfen. Vorher wurden beide mit Kolbenschlägen traktiert und in diesem Wagen wurde sie von einem Marineoffizier Souchon erschossen. Und dann hat der Transportführer sie in den Landwehrkanal werfen lassen, wo sie erst 4 Monate später als Leiche gefunden wurde."

    Als Karl Liebknecht am 25. Januar mit 31 weiteren Gefallenen des Januaraufstandes auf dem Armenfriedhof in Friedrichsfelde beigesetzt wird, folgen zehntausende seinem Sarg. Der Trauerzug für Rosa Luxemburg am 13. Juni 1919 gerät zur Massendemonstration, an der nicht nur Arbeiter, sondern auch viele Sympathisanten aus dem Bürgertum teilnehmen. (Der Mythos von Karl und Rosa ist geboren. Die kommunistische Bewegung in Deutschland hat ihre ersten Märtyrer. Johannes R. Becher, Erich Weinert, Oskar Kanehl, unzählige andere, schreiben Gedichte und Lieder zu ihrer Würdigung. Schwülstig, pathetisch die meisten von ihnen. Heiligen- und Erlöserlyrik.
    Fünfzehn Tage, die die Welt erschütterten - Die Januarkämpfe 1919 und die Ermordung Luxemburgs und Liebknechts
    Die Verbonzung der Gesellschaft
    Stephan Krawczyk: "Über die russische Revolution hat sie einen Aufsatz geschrieben und da geht's ja um die Verbonzung der Gesellschaft, das ist ne Viertelseite, die ich jetzt nicht mehr auswendig kann, wo sie sich ganz klar dagegen stellt, dass die Strukturen auf diese Art und Weise verhärten und die Menschen dann eben sich klein vorkommen und dann Bonzen das Land beherrschen. Das sagst sie sehr klar und das war natürlich fast ein Spiegelbild der Verhältnisse in der DDR und wenn ich diesen Text vorgelesen habe auf der Bühne, dann waren die Leute sehr, sehr glücklich, dass das mal jemand so deutlich zur Sprache bringt, aber dann auch noch mit den Worten einer Frau, auf die sich die Macht beruft."
    Ein Jahrzehnt nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns wird der junge Liedermacher Stephan Krawczyk aus Thüringen auf Luxemburgs Text gegen die Funktionärsherrschaft aufmerksam. Er baut ihn in seine Bühnenprogramme ein.
    Stephan Krawczyk: "Und dann eben auch noch die Randnotiz, die da drin stand, die Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden. Das war genau das, was ich damals auch dachte, also die Freiheit der Gedanken spielte für mich eine große Rolle. Und das hat sie ja da vertreten, sie wollte ja nicht die Bevormundung der Massen durch eine verknöcherte Bürokratie, das stand ja da drin. Was sie selbst dann geworden wäre, wo sie ja dann noch gegen die Weimarer Republik eingetreten ist, sie wollte ja eben mit der kommunistischen Bewegung was ganz anderes, was auch in Russland erreicht worden ist, die Revolution. Was sie dann selber geworden wäre, wenn sie 1919 nicht umgebracht worden wäre, das steht in den Sternen, weil die Leute sind ja alle mit hehren Ideen angetreten, wollten das Gute auf diese priesterliche Art und Weise. Und wie sie sich dann entwickelt haben, das ist ja dann bekannt, und wie viele Millionen da ins Gras beißen mußten, ist ja auch bekannt. Kann mir keiner erzählen, dass so eine überzeugte Kommunistin über die Dauer ihrer Machtausübung da was anderes hätte installieren können. Bei Kritik wäre sie von ihren eigenen Leuten umgebracht worden."
    Wegen eigener kritischer Texte und auch wegen des Luxemburg-Zitates, das aus dem Programm zu streichen er sich weigert, wird Stephan Krawczyk 1985 die Zulassung als Berufsmusiker in der DDR entzogen. Faktisch bedeutet das: Berufsverbot.
    Stephan Krawczyk: "Und dann war ich in einem Zustand einer gewissen Anspannung über drei Jahre, habe in Kirchen gespielt und es sind sehr viele Leute gekommen in die Konzerte oftmals. Und dann wurde der Druck auf die Kirchgemeinden und Pfarrer immer stärker, wenn die vorhatten, mich auftreten zu lassen. So dass sich manche, eigentlich die meisten, dann nicht mehr in diese Gefahr begeben wollten.) Ich saß dann also nur noch zu Hause, ab und zu kam ein West-Journalist, also das war keine Situation, in der ich mich dann verwirklichen konnte. # Und weil mir das eben nichts war, dachte ich, irgendwas musst du tun, um auf dich aufmerksam zu machen, aber nicht in den Westmedien, sondern hier in der DDR und da dachte ich, na, das einfachste wäre ja, wenn ich zu einer Demonstration gehe, wo diese Frau geehrt wird, die ich auf der Bühne zitiert habe, was ja auch mit dazu führte dass ich das Berufsverbot bekommen habe. Und da habe ich dann eben, weil mir das am Herzen lag " Gegen Berufsverbot in der DDR" auf dieses Transparent gemalt und wollte dann vor der Tribüne Stativstäbe zusammenstecken und das dann hochhalten. War aber wie gesagt sehr naiv, ich wurde schon an der nächsten Ecke - Oderberger Straße/ Kastanienallee in Prenzlauer Berg verhaftet."
    Ein Vorbeben der friedlichen Revolution von 1989
    Die Liebknecht-Luxemburg-Demonstration am 17. Januar 1988 wird zu einer Art Vorbeben der friedlichen Revolution von 1989. Neben Stephan Krawczyk werden an diesem Tag weitere 104 Oppositionelle von den Sicherheitsbehörden festgesetzt, die mit eigenen Transparenten an der Kundgebung teilnahmen oder teilnehmen wollten. Darunter Andreas Kalk, Till Böttcher und Vera Wollenberger (heute Vera Lengsfeld). Am 22. Januar folgen Verhaftungen von Bärbel Bohley, Ralf Hirsch, Regina und Wolfgang Templin, Werner Fischer und Stephan Krawcyks Lebenspartnerin Freya Klier. Die Behörden der DDR Bürgern Krawczyk, Klier und 23 weitere Inhaftierte im Februar 1988 in die Bundesrepublik aus. Rosa Luxemburgs Satz von der "Freiheit der Andersdenkenden" aber lässt sich weder weg- noch aussperren. Das beweisen die Ereignisse der kommenden eineinhalb Jahre.
    Jörn Schütrumpf: "Es passiert nicht so häufig, dass Menschen -70 Jahre nach dem Tod - einer Revolution das Motto mitgeben. Und das hat Krawczyk immerhin geschafft mit der Luxemburg, die "Freiheit der Andersdenkenden" war die Losung, die dann 89 diese Revolution getragen hat. Und das hatte Rosa Luxemburg nicht erwartet. Sie hätte eher erwartet dass ihre zuteil werden würde, was unterdessen wieder eingetreten ist, dass sie vergessen ist."
    Rosa Luxemburg: Ich freue mich schon so auf den Frühling, das einzige, was man nie satt kriegt, solange man lebt. Was man im Gegenteil mit jedem Jahr mehr zu würdigen und zu lieben versteht. Wissen Sie, Sonjitschka, dass der Anfang des Frühlings in der organischen Welt, das heißt das Erwachen zum Leben, jetzt beginnt, Anfang Januar, ohne auf den Kalenderfrühling zu warten? Während nämlich nach dem Kalender erst der Winter beginnt, befinden wir uns in der größten astronomischen Sonnennähe, und dies hat eine so geheimnisvolle Wirkung auf alles Leben, dass auch auf unserer nördlichen Halbkugel, die in Winterschnee eingehüllt ist, zu Beginn des Januar wie mit einem Zauberstab die Pflanzen und Tierwelt erweckt wird.
    Es sprachen: Petra Hartung, Hans Henrik Wöhle, Corinna Waldbauer und Matthias Reichwald
    Musikliste
    1. Stunde
    Titel: Schönes Mädchen
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: PLAY IT AGAIN SAM
    Best.-Nr: 39122112
    Plattentitel: Ferndorf
    Titel: Nadelwald
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: PLAY IT AGAIN SAM
    Best.-Nr: 39122112
    Plattentitel: Ferndorf
    Titel: Der Freiheit Morgenrot. Teil I + II - Großes Arbeiterlieder-Tongemälde
    Interpret: Stettiner Sänger
    Komponist: unbekannt
    Label: Bear Family Records
    Best.-Nr: BCD16917
    Plattentitel: Teil 1, 1844-1918
    Titel: No sleep
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: FATCAT/ONE LITTLE INDIAN
    Best.-Nr: CD 13-16 P
    Titel: Stromness
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: CITY SLANG
    Plattentitel: Abandoned city (Ltd. Digi)
    Titel: Pripyat
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: CITY SLANG
    Plattentitel: Abandoned city (Ltd. Digi)
    2. Stunde
    Titel: aus: Suite für Orchester Nr. 5, op. 34, 4. Satz: Marsch
    Orchester: Collegium musicum Leipzig
    Dirigent: Adolf Fritz Guhl
    Komponist: Hanns Eisler
    Label: BERLIN Classics
    Best.-Nr: 0093542 BC
    Titel: Nonett für Flöte, Klarinette, Fagott, Horn, 2 Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabaß Nr. 1 (32 Variationen über ein fünftaktiges Thema)
    Ensemble: Kammermusikvereinigung der Deutschen Staatsoper
    Komponist: Hanns Eisler
    Label: BERLIN Classics
    Best.-Nr: 0092312 BC
    Titel: Craco
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: CITY SLANG
    Plattentitel: Abandoned city (Ltd. Digi)
    Titel: Nonett für Flöte, Klarinette, Fagott, Horn, 2 Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabaß Nr. 1 (32 Variationen über ein fünftaktiges Thema)
    Ensemble: Kammermusikvereinigung der Deutschen Staatsoper
    Komponist: Hanns Eisler
    Label: BERLIN Classics
    Best.-Nr: 0092312 BC
    Titel: Privat
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: CITY SLANG
    Plattentitel: Abandoned city (Ltd. Digi)
    Titel: aus: Suite für Orchester Nr. 5, op. 34,
    5. Satz: Tema con variazioni 2. Andante
    Orchester: Collegium musicum Leipzig
    Dirigent: Adolf Fritz Guhl
    Komponist: Hanns Eisler
    Label: BERLIN Classics
    Best.-Nr: 0093542 BC
    Titel: Puppen
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: ALPHA
    Best.-Nr: 3760014191442

    3. Stunde

    Titel: Craco
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: CITY SLANG
    Plattentitel: Abandoned city (Ltd. Digi)
    Titel: aus: Suite für Orchester Nr. 5, op. 34 5. Satz: Tema con variazioni 2. Andante, 5. Satz: Tema con variazioni 2. Andante
    Orchester: Collegium musicum Leipzig
    Dirigent: Adolf Fritz Guhl
    Komponist: Hanns Eisler
    Label: BERLIN Classics
    Best.-Nr: 0093542 BC
    Titel: aus: Suite für Orchester Nr. 5, op. 34 6. Satz: Andante eroico. Andante - Marschtempo, 6. Satz: Andante eroico. Andante - Marschtempo
    Orchester: Collegium musicum Leipzig
    Dirigent: Adolf Fritz Guhl
    Komponist: Hanns Eisler
    Label: BERLIN Classics
    Best.-Nr: 0093542 BC
    Titel: Nadelwald
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: PLAY IT AGAIN SAM
    Best.-Nr: 39122112
    Plattentitel: Ferndorf
    Titel: Godot. Improvisation für Violine und Klavier
    Solist: Hilary Hahn (Violine)
    Solist: Hauschka (1966-)(Präpariertes Klavier)(Bürgerlicher Name: Volker Bertelmann)
    Komponist: Hilary Hahn, Volker Bertelmann
    Label: Deutsche Grammophon
    Titel: Schönes Mädchen
    Interpret: Hauschka
    Komponist: Volker Bertelmann
    Label: PLAY IT AGAIN SAM
    Best.-Nr: 39122112
    Plattentitel: Ferndorf
    Titel: So soll es sein - so wird es sein
    Interpret: Wolf Biermann
    Komponist: Wolf Biermann
    Label: GRÖNLAND
    Best.-Nr: 523030-2
    Plattentitel: Pop 2000 (CD 7): Rock 02