Elke Durak: Wir haben gegeneinander gespielt oder vielmehr miteinander, Deutschland und Österreich gestern im EM-Spiel. Deutschland ist weiter, aber wie? Darüber haben wir heute Morgen schon an manchen Stellen gesprochen. - Ich begrüße Wolfgang Schüssel am Telefon, Klubobmann der ÖVP. Danke schön, dass Sie uns ein Interview geben. Guten Morgen!
Wolfgang Schüssel: Guten Morgen! Grüß Gott!
Durak: Wie geht es Ihnen denn nach diesem Spiel?
Schüssel: Mir geht es gut. Wir haben eine hervorragende "Euro" als Gastgeber veranstaltet, friedlich bisher. Tausende Fans unterhalten sich und es ist wirklich hervorragender Sport, der geboten wird. Eine leise Träne quillt aus dem Auge natürlich, weil wir in der Gruppenphase ausgeschieden sind, aber es ist keine Schande.
Durak: Ist die tolle Stimmung im Land vielleicht sogar ein wichtigeres Ergebnis als ein Sieg gegen Deutschland?
Schüssel: Na ja, unbescheiden genug sind wir schon, um uns beides zu wünschen: gute Stimmung und friedliche Spiele und ein sportliches gutes Ergebnis. Aber ich sage noch einmal: Wir haben eine ganz junge Mannschaft, die eigentlich vor zwei Jahren, vor einem Jahr nirgends gewesen ist und die sich eigentlich sehr gut profiliert hat. Das sind Spieler mit Potential, 20, 21 Jahre alt. Von denen werden wir noch viel hören. Und sie haben sich eigentlich auf gleicher Augenhöhe mit den Großen dieser Welt oder den Großen Europas gezeigt.
Durak: Das haben wir eigentlich auch so empfunden, weil wir auch ein wenig traurig sind, wie schlecht die deutsche Mannschaft gespielt hat. Von welcher Mannschaft hatten Sie mehr erwartet, von Ihrer oder von meiner?
Schüssel: Ich wäre da an Ihrer Stelle ein bisschen vorsichtiger. Ich glaube die Österreicher haben sehr, sehr beherzt und sehr engagiert gespielt. Und vergessen Sie nicht: Wir haben die Kroaten an den Rand der Niederlage gebracht, haben durch ein 11-Meter-Tor, ein sehr frühes 11-Meter-Tor verloren. Das ist zur Kenntnis zu nehmen und die Kroaten haben, wie man gesehen hat, alle drei Spiele gewonnen. Also das ist nicht irgendeine Mannschaft. Das sind absolute Top-Profis.
Die Deutschen haben sich schwer getan mit uns, was eigentlich für die Österreicher spricht, aber nicht unbedingt gegen die Deutschen. Die deutsche Mannschaft - und ich kann sie ja seit vielen, vielen Jahren beobachten - ist eine Turniermannschaft. Die wird sich im Laufe des Turniers noch gewaltig steigern - wird sie auch müssen, um etwa gegen Holland oder Portugal bestehen zu können.
Durak: Sie gehen ganz schön weit, Herr Schüssel. Erst mal ist Portugal dran!
Schüssel: Ja natürlich. Das weiß ich schon. Aber ich drücke, nachdem die Österreicher ausgeschieden sind, natürlich jetzt umso beherzter den Deutschen die Daumen.
Durak: Das ist aber sehr nett! - Sagen Sie Herr Schüssel, das Deutschland-Trauma vieler Österreicher, ist das nun wieder eine unendliche Geschichte nach diesem Verlust?
Schüssel: Nein, gar nicht. Ich habe mich nur ehrlich gesagt ein bisschen gewundert und schmunzeln müssen, was manche Boulevard-Zeitungen eigentlich aus einem harmlosen Spiel alles machen, warum die Österreicher die Deutschen nicht lieben. Ich kann Ihnen als langjähriger Gastgeber - ich war Wirtschafts- und Außenminister und Bundeskanzler - sagen, die lieben die Deutschen über alles, weil sie auch sehr liebe und gute Gäste in Österreich sind. Da ist kein Wort dran. Wir sind verbunden durch eine gemeinsame Kultur und Sprache. Aber im Sport, Fußball, Skifahren und wo sonst noch, da treten wir natürlich auch ganz gerne gegeneinander an. Und weil wir uns verstehen, ist natürlich auch ein gewisser Ehrgeiz dahinter. Der große Bruder, zehnmal so groß wie wir, der will natürlich vom David gerne besiegt werden und manchmal gelingt das sogar.
Durak: Leider ist uns nach vorne nicht das gelungen, was wir uns erhofft haben. Das hat Trainer Hickersberger nach dem Spiel gesagt. Ist so etwas, das Fußball und Politik gemeinsam haben, Herr Schüssel?
Schüssel: Fußball und Politik haben sehr viel gemeinsam. Ich spiele seit fast 56, 57 Jahren selber Fußball und das ist ein Teamsport, bei dem es nicht auf die Klasse des einzelnen ankommt, aber natürlich sich die Qualitäten der einzelnen addieren müssen und können. Man muss eine Strategie haben, nicht nur einfach Hauruck nach vorne marschieren. Man muss sich aufeinander verlassen können. Man muss bereit sein zu verteidigen und anzugreifen. Jeder Spieler muss im modernen Fußball praktisch jede Position spielen können. Das hat auch sehr viel mit Philosophie zu tun. Dieses Spiel ist nicht nur ein körperliches Spiel, sondern sehr viel spielt sich auch im Geist, in der Mentalität ab. Man muss sich etwas trauen. Man kann über sich hinauswachsen. So gesehen hat Politik sehr viel mit Sport zu tun und man kann durchaus von den heutigen Spitzenfußballern, Spitzensportlern auch in der Politik lernen, was Motivation und Einsatz betrifft.
Durak: Aber Fußballer können Helden werden; Politiker eher kaum, wenn man so ins Volk hört. Ist das nicht ungerecht?
Schüssel: Na ja. Wissen Sie bei Demokratien werden sie dann ein Held, wenn sie quasi als Märtyrer umgebracht werden und Ähnliches.
Durak: Das wollen wir nicht!
Schüssel: Das war ehrlich gesagt nie mein Ehrgeiz und ich glaube auch moderne demokratische Politiker sollten sich vom Märtyrer- oder Heldentum rasch verabschieden. Unser Job ist es, gute professionelle Arbeit zu leisten in einer schwierigen Welt und ich glaube, dass das etwa Ihre Bundeskanzlerin hervorragend macht. Wir strengen uns da an; auch da sind wir vielleicht noch etwas hinten nach.
Durak: Eines möchte ich noch gerne wissen, Herr Schüssel. Auf welcher Position spielen Sie denn schon so lange Jahre?
Schüssel: Ich habe alles gespielt, vom ziemlich harten linken Verteidiger bis - im Moment auch altersbedingt; so schnell und so ausdauernd bin ich nicht mehr - jetzt spiel ich mehr im Sturm. Aber ich habe alle Positionen durchgekämpft und Mittelfeld natürlich nicht ausgelassen. Das ist auch ganz gut. Damit kann man das Spiel von allen Seiten her gut verstehen.
Durak: Der ehemals harte linke Verteidiger Wolfgang Schüssel, jetzt Klubobmann der ÖVP. Ich bedanke mich sehr herzlich für das Gespräch, Herr Schüssel
Wolfgang Schüssel: Guten Morgen! Grüß Gott!
Durak: Wie geht es Ihnen denn nach diesem Spiel?
Schüssel: Mir geht es gut. Wir haben eine hervorragende "Euro" als Gastgeber veranstaltet, friedlich bisher. Tausende Fans unterhalten sich und es ist wirklich hervorragender Sport, der geboten wird. Eine leise Träne quillt aus dem Auge natürlich, weil wir in der Gruppenphase ausgeschieden sind, aber es ist keine Schande.
Durak: Ist die tolle Stimmung im Land vielleicht sogar ein wichtigeres Ergebnis als ein Sieg gegen Deutschland?
Schüssel: Na ja, unbescheiden genug sind wir schon, um uns beides zu wünschen: gute Stimmung und friedliche Spiele und ein sportliches gutes Ergebnis. Aber ich sage noch einmal: Wir haben eine ganz junge Mannschaft, die eigentlich vor zwei Jahren, vor einem Jahr nirgends gewesen ist und die sich eigentlich sehr gut profiliert hat. Das sind Spieler mit Potential, 20, 21 Jahre alt. Von denen werden wir noch viel hören. Und sie haben sich eigentlich auf gleicher Augenhöhe mit den Großen dieser Welt oder den Großen Europas gezeigt.
Durak: Das haben wir eigentlich auch so empfunden, weil wir auch ein wenig traurig sind, wie schlecht die deutsche Mannschaft gespielt hat. Von welcher Mannschaft hatten Sie mehr erwartet, von Ihrer oder von meiner?
Schüssel: Ich wäre da an Ihrer Stelle ein bisschen vorsichtiger. Ich glaube die Österreicher haben sehr, sehr beherzt und sehr engagiert gespielt. Und vergessen Sie nicht: Wir haben die Kroaten an den Rand der Niederlage gebracht, haben durch ein 11-Meter-Tor, ein sehr frühes 11-Meter-Tor verloren. Das ist zur Kenntnis zu nehmen und die Kroaten haben, wie man gesehen hat, alle drei Spiele gewonnen. Also das ist nicht irgendeine Mannschaft. Das sind absolute Top-Profis.
Die Deutschen haben sich schwer getan mit uns, was eigentlich für die Österreicher spricht, aber nicht unbedingt gegen die Deutschen. Die deutsche Mannschaft - und ich kann sie ja seit vielen, vielen Jahren beobachten - ist eine Turniermannschaft. Die wird sich im Laufe des Turniers noch gewaltig steigern - wird sie auch müssen, um etwa gegen Holland oder Portugal bestehen zu können.
Durak: Sie gehen ganz schön weit, Herr Schüssel. Erst mal ist Portugal dran!
Schüssel: Ja natürlich. Das weiß ich schon. Aber ich drücke, nachdem die Österreicher ausgeschieden sind, natürlich jetzt umso beherzter den Deutschen die Daumen.
Durak: Das ist aber sehr nett! - Sagen Sie Herr Schüssel, das Deutschland-Trauma vieler Österreicher, ist das nun wieder eine unendliche Geschichte nach diesem Verlust?
Schüssel: Nein, gar nicht. Ich habe mich nur ehrlich gesagt ein bisschen gewundert und schmunzeln müssen, was manche Boulevard-Zeitungen eigentlich aus einem harmlosen Spiel alles machen, warum die Österreicher die Deutschen nicht lieben. Ich kann Ihnen als langjähriger Gastgeber - ich war Wirtschafts- und Außenminister und Bundeskanzler - sagen, die lieben die Deutschen über alles, weil sie auch sehr liebe und gute Gäste in Österreich sind. Da ist kein Wort dran. Wir sind verbunden durch eine gemeinsame Kultur und Sprache. Aber im Sport, Fußball, Skifahren und wo sonst noch, da treten wir natürlich auch ganz gerne gegeneinander an. Und weil wir uns verstehen, ist natürlich auch ein gewisser Ehrgeiz dahinter. Der große Bruder, zehnmal so groß wie wir, der will natürlich vom David gerne besiegt werden und manchmal gelingt das sogar.
Durak: Leider ist uns nach vorne nicht das gelungen, was wir uns erhofft haben. Das hat Trainer Hickersberger nach dem Spiel gesagt. Ist so etwas, das Fußball und Politik gemeinsam haben, Herr Schüssel?
Schüssel: Fußball und Politik haben sehr viel gemeinsam. Ich spiele seit fast 56, 57 Jahren selber Fußball und das ist ein Teamsport, bei dem es nicht auf die Klasse des einzelnen ankommt, aber natürlich sich die Qualitäten der einzelnen addieren müssen und können. Man muss eine Strategie haben, nicht nur einfach Hauruck nach vorne marschieren. Man muss sich aufeinander verlassen können. Man muss bereit sein zu verteidigen und anzugreifen. Jeder Spieler muss im modernen Fußball praktisch jede Position spielen können. Das hat auch sehr viel mit Philosophie zu tun. Dieses Spiel ist nicht nur ein körperliches Spiel, sondern sehr viel spielt sich auch im Geist, in der Mentalität ab. Man muss sich etwas trauen. Man kann über sich hinauswachsen. So gesehen hat Politik sehr viel mit Sport zu tun und man kann durchaus von den heutigen Spitzenfußballern, Spitzensportlern auch in der Politik lernen, was Motivation und Einsatz betrifft.
Durak: Aber Fußballer können Helden werden; Politiker eher kaum, wenn man so ins Volk hört. Ist das nicht ungerecht?
Schüssel: Na ja. Wissen Sie bei Demokratien werden sie dann ein Held, wenn sie quasi als Märtyrer umgebracht werden und Ähnliches.
Durak: Das wollen wir nicht!
Schüssel: Das war ehrlich gesagt nie mein Ehrgeiz und ich glaube auch moderne demokratische Politiker sollten sich vom Märtyrer- oder Heldentum rasch verabschieden. Unser Job ist es, gute professionelle Arbeit zu leisten in einer schwierigen Welt und ich glaube, dass das etwa Ihre Bundeskanzlerin hervorragend macht. Wir strengen uns da an; auch da sind wir vielleicht noch etwas hinten nach.
Durak: Eines möchte ich noch gerne wissen, Herr Schüssel. Auf welcher Position spielen Sie denn schon so lange Jahre?
Schüssel: Ich habe alles gespielt, vom ziemlich harten linken Verteidiger bis - im Moment auch altersbedingt; so schnell und so ausdauernd bin ich nicht mehr - jetzt spiel ich mehr im Sturm. Aber ich habe alle Positionen durchgekämpft und Mittelfeld natürlich nicht ausgelassen. Das ist auch ganz gut. Damit kann man das Spiel von allen Seiten her gut verstehen.
Durak: Der ehemals harte linke Verteidiger Wolfgang Schüssel, jetzt Klubobmann der ÖVP. Ich bedanke mich sehr herzlich für das Gespräch, Herr Schüssel