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Einnahmeverluste durch Studiengebühren

Der Rückgang der Einschreibungen in Hessen war allseits befürchtet worden - wegen der Einführung der Langzeitstudiengebühren durch die hessische Landesregierung vor einem Jahr.

Von Ludger Fittkau |
    Doch nun melden die hessischen Hochschulen einen Rückgang der Studierendenzahlen zum Wintersemester von bis zu 15 Prozent – in dieser Höhe hat er dann doch viele überrascht. Betroffen sind davon unter anderem die Studentenwerke der Universitäten, die sich teilweise über die Sozialbeiträge der Studierenden finanzieren. Deshalb schlagen die Verantwortlichen in Studentenwerken nun Alarm.

    Wir haben damit gerechnet, dass die Zahlen zurückgehen, wir haben aber nicht damit gerechnet, dass das so enorm sein wird. In erster Linie natürlich bei der Technischen Universität, wir betreuen aber auch noch eine Fachhochschule und das bringt uns natürlich in finanzielle Schwierigkeiten.

    Gundolf Weibel betreute als Geschäftsführer des Studentenwerks Darmstadt bis vor kurzem rund 30.000 Studierende der Hochschulen in Südhessen.
    Doch im Herbstsemester werden es jetzt 4000 Studierende weniger als im vergangenen Jahr sein, die ihre Sozialbeiträge für das Studentenwerk zahlen. Und diese Beiträge sind für die Studentenwerke, die Mensen oder Wohnheime betreiben oder Sozialberatung für Studierende anbieten, eine unverzichtbare Einnahmequelle, so Weibel:

    Das ist eine sehr starke Finanzierungsstütze für uns, vor allen Dingen deswegen, weil das Land sich immer mehr zurückzieht mit seinen Zuschüssen und wir erwarten für 2005, wir wissen noch keine Zahlen, aber wir erwarten nichts Gutes. Und das kann uns natürlich in ganz große Finanzierungsschwierigkeiten bringen.

    Mit etwa 300.000 Euro Einnahmeverlusten aufgrund der rückläufigen Studierendenzahlen rechnet man in Südhessen. Den anderen Studentenwerken im Land geht es nicht besser  in Frankfurt am Main beispielsweise rechnet mit ähnlich hohen Defiziten. Allein an der Frankfurter Goethe-Uni haben sich 6000 Studierende weniger eingeschrieben als vor einem Jahr. Die hessischen Studentenwerke seien deshalb gezwungen, ihre Sozialleistungen für die Studierenden deutlich zu reduzieren, kündigt Gundolf Weibel an:

    Es wird vor allen Dingen, dort weh tun, wo wir die Studierenden betreuen. Wir haben ja sozial-therapeutische Einrichtungen, haben ein Tutorenprogramm für ausländische Studierende, wir unterstützen Kinderkrippen, wo studierende Eltern ihre Kinder untergebracht haben. Alles das ist sehr in Frage gestellt. Und was den Mensen-Bereich anbetrifft, da werden wir radikal unsere Leistungen nach unten fahren müssen.

    Mit dem schmackhaften und vielfältigen Mensa-Essen, auf das die Studentenwerke in den vergangenen Jahren viel Wert gelegt hatten, könnte es also in den hesssischen Universitäten und Fachhochschulen bald wieder vorbei sein - aus Kostengründen. In Hessen gebe es ohnhin nicht erst seit dem Studiengebühren-Gesetz eine Tendenz, die Studentenwerke finanziell zu vernachlässigen, kritisiert der Leiter des Darmstädter Studentenwerks:

    Bekanntlich liebt das Land Hessen seine Studentenwerke nicht, dass hat jetzt mit den Parteien überhaupt nichts zu tun und mit den Regierungen, die einmal dran waren. Wir waren ohnehin immer schon an der untersten Marge angelangt, noch nach den neuen Bundesländern.

    Die Einnahmeverluste der Studentenwerke würden durch das Land nicht ausgeglichen und Hessen drohe damit als Studienstandort immer unattraktiver zu werden, so Weibel. Und nicht nur die Langzeitstudiengebühren sorgen dafür, dass immer mehr Studierende aus Hessen abwandern:

    Ein anderer Grund ist natürlich auch, dass das Studium sehr teuer geworden ist und sich mancher Studierender überlegt, ich bekomm das immer wieder mit bei Telefonanrufen, ob er überhaupt noch in Hessen studiert oder ob er nicht in ein anderes Bundesland geht, wo es preiswerter ist.
    Es gibt Bundesländer, da studiert man noch günstiger, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, auch in den neuen Bundesländern, da ist das wesentlich preiswerter.


    Denn zu den Studiengebühren kommen vor allem im Rhein-Main-Gebiet noch hohe allgemeine Lebenskosten, wie teure Mieten und gepfefferte Preise in Geschäften und Gastronomie. Gundolf Weibel befürchtet, dass es sich bald nur noch Wohlhabende leisten können, in Frankfurt am Main oder Darmstadt zu studieren:

    Die soziale Auslese, die wird weiter fortfahren, das ist ganz klar.