Archiv

Trio Oberon in Ludwigsburg
Einsames Zusammenspiel

Als "weibisch sentimental" bezeichnete Clara Schumann ihr eigenes Klaviertrio. Die Selbstwahrnehmung einer als Pianistin europaweit berühmten Frau, doch als Komponistin im 19. Jahrhundert isoliert und unsicher. Das Oberon Trio spürt in dem Trio Melancholie, aber auch tröstende Klänge.

Am Mikrofon: Johannes Jansen | 19.06.2022
Clara Schumann im Porträt, wie sie auch bis 2002 die letzte Ausgabe des 100-Mark-Scheins zierte.
Sie hat nur ein einziges Werk für Kammermusikbesetzung geschrieben: Clara Schumann. (imago/United Archives International Clara Schumann)
Clara Schumann ist zum fünften Mal schwanger, als sie im Sommer 1846 ihr Trio komponiert. Kammermusik ist Neuland für sie als Komponistin, anders als für ihren Mann Robert, der bereits einige Quartette, auch ein Klavierquintett, doch noch kein Klaviertrio geschrieben hat. Sie tut es mit ihrem Opus 17, ihrem Erstlingswerk in dieser speziellen und prestigeträchtigen Gattung, der Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und nicht zuletzt auch Felix Mendelssohn Bartholdy ihren Stempel aufgedrückt haben. Es sollte Clara Schumanns einziges Kammermusikwerk bleiben, auch deshalb, weil sie selbst es in einer eigenartigen, aus heutiger Sicht kaum noch verständlichen Anwandlung von Minderwertigkeitsgefühl abqualifizierte als "Frauenzimmerarbeit ... weibisch sentimental", wiewohl "in der Form ziemlich gelungen".

Von Finsternis umschlungen

Noch etwas tiefer in Triowelten voller Einsamkeit taucht das zweite und letzte Klaviertrio von Franz Schubert, seinem Opus 100 in Es-Dur. Es korrespondiert programmatisch mit dem Klaviertrio von Clara Schumann in der Paralleltonart g-Moll und dem Stück "Noir IV" von Julia Purgina, einer Uraufführung, die eigentlich schon vor zwei Jahren vorgesehen war. Die pandemiebedingte Verschiebung auf 2021 hat das Stück und die Sicht darauf verändert, auch wenn die Werk-Idee dieselbe blieb. Sie ist Teil einer "schwarzen Serie" und künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Genre des Film noir der 1940er und 50er Jahre, vage zwar, das heißt ohne konkreten Leinwandbezug, aber in der Grundstimmung verwandt. "Wohliges Unwohlsein, Nebelschwaden und rauchgeschwängerte Luft" sind Begriffe, die Julia Purgina zur Beschreibung ihres Stücks benutzt, auch wenn sie in der Partitur auf solche programmatischen, die Vorstellung lenkenden Hinweise verzichtet. Erst über die akribische Erarbeitung des Notentextes eröffnen sich Assoziationen und Spielräume der Interpretation.
Ludwigsburger Schlossfestspiele 2021

Clara Schumann
Trio für Violine, Violoncello und Klavier g-Moll, op. 17

Julia Purgina
"Noir IV" für Klaviertrio (Uraufführung)

Franz Schubert
Trio für Klavier, Violine und Violoncello Es-Dur, D 929 (op. 100)

Oberon Trio:
Henja Semmler, Violine
Antoaneta Emanuilova, Violoncello
Jonathan Aner, Klavier

Aufnahme vom 20.6.2021 aus dem Residenzschloss, Ludwigsburg