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Einwanderung
Dänemark will Asylbewerber medial abschrecken

Die dänische Regierung will mit einer Anzeigen-Kampagne den Flüchtlingsstrom eindämmen - und zwar dort, wo Menschenschmuggel besonders verbreitet ist. Die Botschaft: Dänemark ist nicht mehr für Flüchtlinge attraktiv. Die Opposition fürchtet einen Schaden für das Ansehen des Landes.

Von Carsten Schmiester, ARD-Studio Stockholm |
    Eine doppelseitige Anzeige er rechtsliberalen "Venster"-Partei, die Populismus gegen Migranten macht. Zu sehen ist ein wegen Vergewaltigung verurteilter Migrant.
    Medial geht die Venster-Partei schon lange mit einer populistischen Kampagne gegen Migranten vor, nun ist das auch gegen Flüchtlinge geplant. (dpa/picture alliance/SCANPIX NORDFOTO 2001)
    "Dänemark muss für Einwanderer weniger attraktiv werden!" Das hatte der jetzige Regierungschef Lars Løkke Rasmussen schon im Wahlkampf verlangt. Prompt gewann der bürgerliche Block aus liberal-konservativen Parteien und der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei. Und genau so prompt machte Rasmussen Ernst mit der neuen Ausländerpolitik.
    Erster Schritt: Geldhahn zu. Asylbewerber bekommen bis zu 45 Prozent weniger Unterstützung vom Staat. Jetzt legt Integrationsministerin Inger Støjberg nach mit dem zweiten Schritt. Eine dänische Zeitung hatte berichtet, dass Menschenschmuggler potenzielle Flüchtlinge genau über die unterschiedlichen sozialen Leistungen europäischer Zielländer informieren. Kein Wunder, so Støjberg, wenn die dann in Dänemark oder Schweden oder Deutschland auftauchen. Die Ministerin will diese "Hitliste" jetzt ändern. Flüchtlinge sollen nach ihrem Plan möglichst schnell und möglichst noch in ihren Heimatländern erfahren, dass in Dänemark inzwischen ein anderer, rauer Wind weht: "Ich finde es wichtig, diese Leute darüber zu informieren, dass wir Leistungen eingeschränkt und im sozialen Bereich gleich halbiert haben. Wenn wir dies mit Anzeigen in Zeitungen anderer Länder tun, wäre das hilfreich."
    Kampagnen-Start noch unklar
    Noch ist nicht klar, wann und wo die Kampagne beginnt und wie groß sie wird. Aber in diesem Radiointerview deutete Støjberg an, dass Länder wie die Türkei oder andere Knotenpunkte des Menschenschmuggels im Zentrum stehen werden. Sie verspricht sich wirksame Abschreckung, denn schlechte Nachrichten wie die von drastisch gekürzten Leistungen sprächen sich nun einmal schnell herum, solche Anzeigen hätten einen Dominoeffekt auch in Sozialen Netzwerke hinein. Erst einmal stößt Støjberg aber auf Widerstand im eigenen Land, bei der Opposition natürlich und auch in ihrer "Venstre"-Partei. Man fürchtet, dass eine solche Kampagne dem Image Dänemarks schadet, ohne den Zustrom von Asylbewerbern spürbar zu drosseln. So sieht es auch der Einwanderungsforscher Martin Lemberg-Pedersen von der Universität Kopenhagen: "Wir können hier in Dänemark denken, was wir wollen. In den Augen der Flüchtlinge sehen die Dinge dann doch ganz anders aus."
    Da dürften selbst "unfreundliche" Anzeigen und die Aussicht auf weniger Geld kein Grund sein, nicht zu kommen, sagt auch Nikolaj Villumsen von der linken "Einheitsliste": "Ich denke nicht, dass 'weniger Wohlfahrtsleistungen' auch 'weniger Flüchtlinge' bedeutet."
    Einzig die Dänische Volkspartei freut sich über Støjbergs Vorstoß, auch wenn er den Rechtspopulisten nicht weit genug geht. Sie wollen dem Vorbild der Australier folgen und Asylbewerber per Holzhammer-Video abschrecken: "Die Botschaft ist einfach: Wenn Sie illegal zu uns kommen, dann wird Australien niemals ihre neue Heimat!"
    Aber ganz so drastisch wird es wohl nicht werden. Was die Australier da machen, das ist "un-dänisch", schimpft ein Sprecher von Støjbergs regierender "Venstre"-Partei: "Das ist nicht unsere Art, zu kommunizieren". Was Zeitungsanzeigen gleichen Inhalts da allerdings "dänischer" macht, ließ er offen.