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Einzelhandel
Düstere Prognose für kleinere Städte

Der Einzelhandel freut sich über die gute Kauflaune der Deutschen. Doch viel mehr als die Geschäfte in der Stadt haben die Geschäfte im Internet profitiert. Eine Studie untersucht nun die Folgen - und sieht die klassischen Innenstadtgeschäfte bedroht.

Von Anja Nehls | 27.01.2015
    Kunden flanieren im Einkaufszentrum MyZeil in Frankfurt, Hessen, Deutschland
    Einkaufszentrum MyZeil in Frankfurt am Main: Vor allem kleinere Städte werden Probleme bekommen. (Imago / Ralph Peters)
    Die deutschen Innenstädte sind Anziehungspunkte, so richtig attraktiv sind sie aber trotzdem nicht. Schulnote 3+. Das ergibt eine Umfrage unter 33.000 Menschen in 62 kleinen, mittleren und großen Städten in Deutschland. Was eine Innenstadt für Menschen attraktiv macht, ist dabei höchst unterschiedlich:
    - "Shopping, Leute sehen, also andere Kulturen kennenlernen, die Mischung einfach, auch einfach nur gucken, flanieren gehen."
    - "Dass die Busse mal öfters fahren, die sind immer so voll."
    - "Die Mischung ist es eigentlich. Die Mischung von Geschäften, aber dann auch Kinos, Theater, Cafés, das ist das was für mich eine Innenstadt ausmacht, schöne Plätze, Sauberkeit gehört auch dazu."
    - "Ja, mehr Kultur, Theater, Kino, Konzerte, alles Mögliche."
    Die Mischung macht's. Das deckt sich mit den Ergebnissen der Untersuchung, die das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) durchgeführt hat. Ob eine Innenstadt hauptsächlich besucht wird, um sich zu amüsieren, um zu essen oder einzukaufen, hängt entscheidend von der Größe, der Erreichbarkeit und dem Umfeld ab. Unabhängig von der Einwohnerzahl der Stadt gibt es aber zwei Herausforderungen, denen sich alle in Zukunft stellen müssen, sagt Boris Hedde vom IFH Köln:
    "Das eine ist das Thema der Demografie, Sie alle wissen, dass wir immer älter und immer weniger werden und in peripheren Lagen ganz besonders viel weniger eventuell. Das ist ein großer Trend, der den Handel beschäftigen wird. Der zweite große Treiber ist das Thema Onlinehandel. Es gibt genug Experten, die gehen davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren der Handel sich mehr verändern wird als in den letzten 40 Jahren zusammen."
    Jeder zehnte Euro wird online ausgegeben
    Bereits jetzt wird jeder zehnte Euro online ausgegeben, Tendenz stark steigend. Einzelhandel und Kommunen müssten darauf stärker reagieren, fordert Michael Reink vom Handelsverband Deutschland.
    "Das heißt also, sie müssen eine gewisse digitale Infrastruktur zur Verfügung stellen. Da geht es zum Beispiel um freie Wlan-Netze und Ähnliches."
    In kleineren Städten ist die Innenstadt wichtiger für die Versorgung und zum Einkaufen, in den größeren für Freizeit, Kultur und Stadtbummel. Da heißt es für alle Beteiligten auch mal, Eigeninteressen zurückzustellen, sagt Lovro Mandac von Galeria Kaufhof:
    "Wir brauchen nicht nur den Handel, das ist Quatsch. Wir brauchen die gesamte Palette, Gastronomie. Wir brauchen die Palette der Kultur. Die Leute wollen ja nicht nur einkaufen."
    Ein auf die Region und Größe der Stadt abgestimmtes Stadtmarketing könnte wieder mehr Menschen in die Innenstädte bringen, besonders an den Wochenenden. Ein besonderer Focus sollte dabei auf ein Angebot für junge Menschen gelegt werden, für die die Innenstadt als Freizeittreff noch wichtiger sei, als für die älteren, so die Untersuchung. Wichtig seien auch Komponenten wie Erreichbarkeit, Infrastruktur, Sicherheit und Barrierefreiheit. Vom Handel wünschen sich die Befragten besonders in kleinen und mittleren Städten ein größeres Angebot an Mode und Bekleidung.
    Ein Patentrezept für eine attraktive und vitale Innenstadt gibt es aber nicht, nur individuelle Lösungen könnten schließlich zum Erfolg führen. – so das Fazit des Instituts für Handelsforschung.