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Einzelhandel zufrieden mit den letzten Tagen des Weihnachtsgeschäfts

Der Einzelhandel hat sich sehr zufrieden über die Umsätze in den letzten Tagen vor Heiligabend geäußert. Die Kunden hätten am Ende sogar wieder viele Textilien gekauft, sagte der Sprecher des Hauptverbandes, Pellengahr, im Deutschlandfunk. Man müsse wissen, fügte er hinzu, dass die Textilbranche in diesem Jahr besonders unter der Konjunkturflaute gelitten habe und am Ende mit gewaltigen Preisnachlässen geworben habe. Dennoch sei der Knoten insgesamt gesehen zu spät geplatzt. So gut die vergangene Woche gelaufen sei, habe sie dennoch das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr nicht mehr herausreißen können.

    Koczian: Es wäre das ideale Nullsummenspiel, am 24. Dezember randvolle Gaben- und gähnend leere Ladentische, und alles wäre zufrieden. Der deutsche Einzelhandel, von manchen lange Zeit im Wettbewerb mit dem deutschen Bauernverband gesehen, wer denn den ersten Preis in der Disziplin "lerne zu klagen, ohne zu leiden" gewänne, wurde in den letzten Monaten durchaus Opfer der schlechten Wirtschaftslage. Am Telefon in Berlin Hauptverbandssprecher Hubertus Pellengahr. Herr Pellengahr, trägt das Weihnachtsgeschäft zur Verbesserung der Bilanz bei oder sitzen die Leute nach wie vor auf jedem Cent?

    Pellengahr: Das Weihnachtsgeschäft trägt zur Verbesserung der Bilanz bei. Insbesondere in diesen Tagen hatten wir doch erfreulich hohe Umsätze im Einzelhandel, von daher auch im Moment keinen Grund zur Klage. Allerdings ist der Knoten zu spät geplatzt. Das gesamte Weihnachtsgeschäft können wir jetzt auch in den umsatzstarken Tagen nicht mehr herausreißen.

    Koczian: Wem also im letzten Moment noch jemanden einfällt, den er beglücken möchte, findet in den nächsten Stunden doch noch Attraktives?

    Pellengahr: Heute haben die meisten Geschäfte ja noch bis Mittags oder sogar bis 14 Uhr geöffnet, und da kaufen viele Kunden natürlich noch die letzten frischen Lebensmittel, aber auch noch das eine oder andere Last-Minute-Geschenk. Ich denke, die Parfümerien, die Juweliere, die freuen sich über diese Kunden, weil sie kurz entschlossen kaufen und auch richtig Geld ausgeben.

    Koczian: Damit natürlich zur Frage, was darf die durchschnittlich deutsche Weihnachtsbürgerin auf dem Gabentisch erwarten?

    Pellengahr: Der durchschnittliche Weihnachtsbürger, die Weihnachtsbürgerin darf sich freuen, dass auch dieses Jahr Weihnachten viele Geschenke unter dem Weihnachtsbaum auf dem Gabentisch sein werden. Also in den letzten Tagen haben sich die Deutschen doch noch eines besseren besonnen. Es gibt viele Artikel, die stark nachgefragt waren, Unterhaltungselektronik, zum Schluss sogar Textilien, die vorher gar nicht liefen, denn mit dem Wintereinbruch ist dann auch die Wintermode gekauft worden. Also es gibt hier viele gute Möglichkeiten, und vor allem darf der Beschenkte sicher sein, der Kauf hat den Schenker nicht ruiniert, weil die Preise so im Keller sind, wie sie das noch nie vor Weihnachten waren.

    Koczian: Ich fragte deshalb nach der Bürgerin, denn, glaubt man der Plakatwerbung auf den Auswahlstraßen, heißt es zu Weihnachten nicht mehr, zieht euch warm an, sondern Weihnachten ist zum Anlass für Dessous geworden. Entspricht das der Realität, und wenn ja, muss das sein?

    Pellengahr: Also dieser Artikel, Tag- und Nachwäsche, wurde immer schon zu Weihnachten verschenkt. Das ist auch völlig in Ordnung so, jedem, wie es ihm gefällt, und da gibt es die herrlichsten Sachen, die man da erstehen kann, und das ist ja auch im wahrsten Sinne des Wortes Luxus, also Dinge, die man sich nicht selber kaufen würde, über die man sich aber freut, und warum nicht auch Wäsche?

    Koczian: Und was sind die Ladenhüter?

    Pellengahr: Ja, die Ladenhüter waren eben bis vor wenigen Tagen vor allem die Textilien, die ja mit gewaltigen Preisnachlässen nur verkauft werden konnten, weil ganz einfach das Wetter noch zu warm war und die Konsumenten sich bei diesen Produkten ganz besonders schon das ganze Jahr hindurch zurückgehalten haben. Der Textileinzelhandel leidet am stärksten unter der Konsumflaute.

    Koczian: Stichwort Preisnachlässe. Irgendwie ist der Mensch ja doch ein Jäger und Sammler geblieben, doch hat er noch den Überblick über diese Sonderaktionen?

    Pellengahr: Das wage ich genau zu bezweifeln. Ich habe den Eindruck, dass die Konsumenten nicht mehr wissen, was der richtige Preis für ein Produkt ist und dass viele Konsumenten sich auch nach den alten Zeiten zurücksehnen, wo ein klarer Preis auf der Ware stand, den alle zu bezahlen hatten. Man wusste, wo man dran war. Man musste nicht taktieren, warten, feilschen oder sonst irgendetwas, das ja ohnehin im Handel kaum möglich ist. Das war eben früher, da gab es absolute Preistransparenz. Jetzt kann der Handel eben mit allerlei Rabattgeschichten arbeiten, ein zweischneidiges Schwert, weil er eben das Vertrauen der Kunden in die Preise damit auch beeinträchtigt. Deshalb erfreuen sich auch gerade die Handelsunternehmen, die die Finger von Rabatten lassen, die dauerhaft zu natürlich möglichst niedrigen Preisen ihre Produkte anbieten, eines großen Zuspruchs.

    Koczian: Auf der Schenkung folgt das Umtauschen. Nervt das die Händler?

    Pellengahr: Das Umtauschen ist ein ganz wichtiges Recht, ein freiwilliges Recht, das der Handel dem Kunden einräumt. Nur wer die Möglichkeit hat, das Geschenk umzutauschen, traut sich auch, Geschenke überhaupt zu kaufen. Allerdings lassen sich die Kunden gut beraten, und sie kaufen nur, wenn sie sich einigermaßen sicher sind. Deshalb wird nach Weihnachten kaum umgetauscht. Die Tage nach Weihnachten stehen ganz im Zeichen von Einkaufen. Da wird für den Einzelhandel Umsatz gemacht. Da werden die Geldgeschenke und die Gutscheine eingelöst, und die Menschen nutzen eben die freien Tage, um schön shoppen zu gehen.

    Koczian: Zur Einkaufskultur: Auf der einen Seite das Shopping, lange flanieren und teuer bezahlen, auf der anderen Seite die Schlange vor der Scannerkasse des Discounts. Wohin geht denn der Trend?

    Pellengahr: Der Trend geht sicherlich dahin, dass wir im kommenden Jahr etwas mehr wegkommen von der ausschließlichen Fixierung auf die Preise. Im Lebensmittelbereich haben die guten Supermärkte schon in diesem Jahr gegenüber den Discountern ein wenig Boden gutmachen können. Den Kunden dämmert es so langsam, dass sie doch etwas mehr Auswahl wollen, dass das nicht reicht, was die Discounter anbieten. Wir denken, dass es eine zweigespaltene Entwicklung geben wird, auf der einen Seite mehr Service, mehr Qualität, und auf der anderen Seite bleiben natürlich auch die Billigangebote.

    Koczian: Vielen Dank für das Gespräch.