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Eitel: Keine Lösung unter Ausschluss der Hisbollah

Der ehemalige deutsche UNO-Botschafter Tono Eitel ist überzeugt, dass die Libanon-Krise nicht unter Ausschluss der Hisbollah gelöst werden kann. Es sei ausgeschlossen, die Organisation gegen ihren Willen aus dem Südlibanon zu vertreiben. Er nehme an, dass die Miliz zum Rückzug bereit wäre. Eine Bereitschaft, die Waffen abzugeben, sieht Eitel derzeit aber noch nicht.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Tono Eitel war der deutsche UNO-Botschafter in New York in den Jahren 1995 bis 1998. Guten Morgen, Herr Eitel!

    Tono Eitel: Guten Morgen, Herr Meurer!

    Meurer: In den letzten Tagen herrschte ja schon Optimismus vor, dass es eine Resolution geben wird, auch der Bundesaußenminister war optimistisch. War das ein bisschen voreilig?

    Eitel: Das scheint so zu sein. Vor allen Dingen glaube ich nicht, dass es eine Lösung, es mag eine Resolution geben, wie 1559, die Unmögliches verlangt, nämlich die Entwaffnung des Hisbollahs durch die libanesische Armee. Eine Unmöglichkeit. Es mag eine neue Resolution dieser Art geben, aber diese wäre nicht hilfreich und ich glaube, die will keiner. Und insofern wird es ein schwieriges Tauziehen, um Einzelheiten dieser Resolution schon geben.

    Meurer: Man hat ja gesagt in den letzten Tagen, die Weisheit könnte sozusagen darin bestehen, dass die Resolution so gefasst wird, dass man sie vielfach interpretieren kann. Wäre das wirklich eine weise Resolution, die weiterbringt?

    Eitel: Es ist in New York üblich, Formelkompromisse dann zu wählen, wenn nun wirklich gar kein anderer Ausweg sichtbar erscheint, aber ich glaube nicht, dass das in diesem Fall hilft, denn hier geht es nicht um Meinungen über dieses oder jenes. Hier geht es darum, dass dieses Gemetzel beiderseits der Grenze aufhören muss und da muss schon Einvernehmen hergestellt werden.

    Meurer: Was sind für Sie die entscheidenden Punkte, auf die es jetzt ankommt?

    Eitel: Ich glaube, es wird nicht möglich sein, an dem Hisbollah vorbei irgendwelche Lösungen zu vereinbaren. Der Hisbollah ist im libanesischen Kabinett eingebunden, hat dort den libanesischen Vorschlägen zugestimmt, aber ich glaube, er wird miteinbezogen werden müssen. Ich halte es für ausgeschlossen, den Hisbollah gegen seinen Willen aus dem Südlibanon zu vertreiben oder zu entwaffnen. Wer das versucht, wird aus dem Libanon meines Erachtens einen zweiten Irak machen.

    Meurer: Angeblich ist Hisbollah freiwillig bereit, zusammen mit der libanesischen Regierung oder von der libanesischen Regierung sich entwaffnen zu lassen. Das war bisher unmöglich, so haben Sie es gesagt. Warum soll das jetzt anders sein?

    Eitel: Ich nehme an, dass der Hisbollah bereit ist, sich zurückzuziehen. Ich halte auch für möglich, dass er bereit ist, gewisse Waffensysteme abzugeben, dass er bereit ist, sich völlig entwaffnen zu lassen, das halte ich für sehr überraschend. Es wäre natürlich großartig. Aber ich sehe das noch nicht.

    Meurer: Herr Eitel, wenn Sie sagen, es war der libanesischen Regierung unmöglich, Hisbollah zu entwaffnen, wie es eine UNO-Resolution aus dem Jahr 2004 vorsieht. War dann das israelische Vorgehen falsch?

    Eitel: Nein, ich glaube, dass Israel in der Tat nach der Gefangennahme seiner zwei Soldaten reagieren konnte. Ich fürchte nur, dass die israelische Reaktion wie so häufig vom Übermaß gekennzeichnet ist. Das heißt, dass wenn mehr Kinder und Frauen sterben, als Hisbollahis, dann stimmt da irgendetwas nicht und ich fürchte, dass die israelische Reaktion, das Völkerrechtsverbot der Unverhältnismäßigkeit verletzt.

    Meurer: Sollte der Bundesaußenminister in Jerusalem das heute auch mal sagen?

    Eitel: Er hat es schon mal in Frageform ausgedrückt. Ich glaube auch, dass nicht nur für die Resolutionen in Jerusalem geworben werden wird, für eine Änderung des Entwurfs im Sinne einiger libanesischer Anliegen, sondern dass er auch die humanitäre Hilfe ansprechen wird. Es gibt ja Klagen vom Roten Kreuz und von anderen Organisationen, dass sie nicht in der Lage sind, die Hilfsgüter über die libanesische Grenze, überhaupt in den Libanon zu bringen, und wenn ihnen das ausnahmsweise gelungen ist, dann in den Süden, wo sie benötigt werden.

    Meurer: Wenn die Reiseroute von Steinmeier die Reiseroute eines US-Außenministers oder -Außenministerin wäre, dann würde man sagen, Pendeldiplomatie, von Beirut nach Jerusalem. Welchen Einfluss kann Deutschland ausüben?

    Eitel: Ich glaube, dass Deutschland einen guten Status im Nahen Osten hat, zumal in Jerusalem. Olmert, der israelische Ministerpräsident hat ja gesagt, Deutschland sei zur Zeit das Land, das Israel am meisten gewogen sei. Das ist natürlich auch ein zweischneidiges Schwert, denn das hilft natürlich nicht bei den arabischen Gegnern. Aber da haben wir über lange Jahre eine gewisse Sympathie und ich glaube dass wir, wie das auch schon früher war - wir haben ja schon mal bei einem Gefangenaustausch zwischen Hisbollah und Israels vermittelt - ich glaube also, dass wir, so wie das früher schon einmal war, auch wieder uns betätigen könnten.

    Meurer: Auch dadurch, dass Deutschland Soldaten bereitstellen würde für eine Friedenstruppe?

    Eitel: Ich glaube die Bereitschaft bei uns solche Soldaten zu stellen wäre vorhanden. Ich würde aber dringend davor warnen, denn wir werden nicht die Äquidistanz, den gleichen Abstand zu den beiden schaffen. Wir werden Israelis immer anders ansehen als Libanesen und das würde sich auf das Verhalten eines deutschen Schutztruppenbestandteils auswirken und das kann nicht der Sinn einer Truppe in einer Pufferzone sein.

    Meurer: Das war Tono Eitel, ehemaliger deutscher UNO-Botschafter in New York. Herr Eitel, besten Dank und auf Wiederhören!