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Elyas: Muslime wollen Integration

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, hat davor gewarnt, die Integration der Muslime in die deutsche Gesellschaft vor dem Hintergrund der jüngsten Terrorakte in London zu betrachten. Integration sei ein langfristiges Ziel, das nur durch gemeinsame Gespräche und Überlegungen zu erreichen sei, fügte Elyas hinzu.

Moderation: Gerd Breker |
    Gerd Breker: Obwohl die Terroristen behaupten, im Namen des Islam zu handeln, weiß Tony Blair, dass die überwältigende Mehrheit der Moslems in Großbritannien und in der übrigen Welt den Terrorismus aufs schärfste verurteilen - so ist das sicherlich auch hier bei uns in Deutschland. Am Telefon begrüße ich nun den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas. Herr Elyas, kann uns das reichen, dass die Mehrheit der Moslems in Deutschland den Terrorismus mit islamistischem Hintergrund ablehnen?

    Nadeem Elyas: Das ist schon eine sehr gute Ausgangsposition, denn wir brauchen die Muslime als Partner gegen den Terrorismus und für die Sicherheit unserer Länder hier in Europa. Und wir dürfen sie auf keinen Fall in die Hände der Terroristen treiben und deshalb müssen wir jetzt auch im Angesicht dieses Terroraktes nicht in Hysterie verfallen und keine Maßnahmen ergreifen, die destruktiv wären und desintegrativ wären.

    Breker: Aber, Herr Elyas, brauchen wir nicht mehr als nur das Wissen darum? Brauchen wir nicht ein Signal? Die Terroristen schaden doch dem Ansehen der Moslems, sie schaden der Religion.

    Elyas: Die Signale werden gesendet und wir hoffen, dass sie verbreitet und empfangen werden. Alle Organisationen haben sich davon distanziert - wie auch vorher nach Madrid und New York. Die islamische Welt hat sich schärfstens davon distanziert. Und wir brauchen aber nicht nur die Distanzierung, wir müssen gemeinsam überlegen, wie können wir die islamischen Gemeinden in Deutschland und die Muslime in Deutschland, 99 Prozent von ihnen, als Partner gewinnen? Wie können wir auch die Jugend und die Gemeindebasis davor immunisieren, dass sie nicht ansprechbar werden für eine radikale Gesinnung? Und dass sie als Partner - wie gesagt - mit den Sicherheitsorganen für die gesamte Sicherheit sind?

    Breker: London ist gerade ein Beispiel für eine Stadt, die äußerst multikulturell besetzt ist. Alle Seiten profitieren dort davon auch, insofern gehören jetzt auch alle Seiten zu den Opfern. Integration, Herr Elyas, ist das nicht auch eine Bringschuld vonseiten der Muslime?

    Elyas: Auf jeden Fall. Sie ist von beiden Seiten zu erwarten und deshalb ist das gemeinsame Gespräch und die gemeinsame Überlegung nötig. Integration ist ein langfristiges Ziel und darf nicht im Licht von Terrorakten oder von Wahlen überlegt und festgelegt werden, sondern auf lange Sicht geplant werden. Und da haben wir mit Sicherheit auch mit Mängeln zu rechnen und mit Nachteilen für die Gesellschaft. Aber eine offene Gesellschaft, ein Rechtsstaat, in dem wir leben, muss auch mit Ausartungen und Randerscheinungen fertig werden können - und das werden wir auch.

    Breker: Herr Elyas, nun sagen Sicherheitskräfte bei uns immer wieder, dass gerade bei den Muslimen es Spendensammler für terroristische Vereinigungen gibt, dass es Hassprediger gäbe, dass angeworben wird, rekrutiert wird dort - wie ist denn die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden? Diese Informationen müssten doch aus dem muslimischen Raum kommen.

    Elyas: Es kommen auch Nachrichten und Informationen in Richtung Sicherheitsorgane. Das erlebe ich persönlich und wir haben unsere Imame daraufhin geschult und die Gemeinden, dass sie diese Zusammenarbeit mit den Sicherheitsorganen auch tun und dass sie innerhalb der Gemeinde auch das Thema Sicherheit diskutieren, offen legen und Personen, die radikaler Gesinnung oder Handlung sind, ausschließen und dass sie gemeldet werden.