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Ende der Sanktionen
"Iraner sind hungrig nach neuer Technologie"

Das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran steht bevor. Die Textil-Unternehmerin Regina Brückner sagte im DLF, sie hoffe, Marktanteile von Konkurrenten zurückholen zu können. Die Kunden aus dem Iran seien glücklich, deutsche Unternehmer wieder zu sehen.

Regina Brückner im Gespräch mit Doris Simon | 21.07.2015
    Straßenszene in Teheran: Eine Frau läuft vor einer Wand entlang, auf der eine Taube aufgemalt ist
    Straßenszene in Teheran (picture alliance / dpa/ Abedin Taherkenareh)
    Regina Brückners Firma, die Maschinen zur Textilverarbeitung herstellt, habe wegen der Sanktionen zehn Jahre nicht in den Iran verkauft, so die Unternehmerin. Nun wolle man wieder Maschinen verkaufen und sich gegen günstige Konkurrenten beispielsweise aus China behaupten. Die Iraner mögen deutsche Ingenieurskunst, so Brückner, viele sprächen deutsch.
    Bei einem Symposium des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau in Teheran im April seien alte Beziehungen wiederbelebt worden. Die Stimmung sei sehr positiv gewesen und es hätten sich viele konkrete Anfragen ergeben. In der Vergangenheit sei Geld nur über Drittländer geflossen. Brückner äußerte die Hoffnung, dass direkter Warenverkehr möglich werde und Banken "wieder mitspielen".
    Zur Frage, inwiefern ihre Firma den Menschenrechtsverletzungen im Iran entgegne, sagte Brückner, dass die Textilbranche im Iran privatwirtschaftlich organisiert sei und Bedingungen dort für Mitarbeiter ähnlich seien wie in vielen anderen Ländern. In der Textilbranche gebe es keine Repressalien.

    Das Interview in voller Länge:
    Doris Simon: Geschäfte machen im Iran, also in einem Land, das die Europäische Union und die USA bisher mit Sanktionen belegt haben, das war vielen Deutschen Unternehmen zu heikel in den letzten Jahren, wegen der Sorge, sich in Sanktionsbeschränkungen zu verheddern und weil die eigene Hausbank oft genug das Geschäft nicht finanzieren wollte.
    Vor allem aber waren Geschäfte mit dem Iran nichts, womit sich in den letzten Jahren ein Unternehmen schmücken konnte, aber nun rechnen sich viele deutsche Unternehmen gute Chancen aus, darunter auch Mittelständler, die alte Geschäftsbeziehungen wieder aufleben lassen wollen. Wie zum Beispiel die Brückner Trockentechnik, ein Textilmaschinenunternehmen aus Leonberg. Mit Brückner-Maschinen werden Textilien wie Kleidung, Bettwäsche oder Gardinen nach dem Färben und Bedrucken veredelt, imprägniert und getrocknet. Die geschäftsführende Gesellschafterin Regina Brückner ist jetzt am Telefon. Guten Morgen!
    Regina Brückner: Guten Morgen!
    Simon: Frau Brückner, was lockt Sie und Ihr Unternehmen zurück ins Iran-Geschäft?
    Brückner: Nun, wir haben dort sehr gute Beziehungen aus der Vergangenheit und sehen natürlich auch Chancen, dort in Zukunft wieder zu verkaufen.
    Simon: Sie haben in den letzten zehn Jahren nicht verkauft. In der Zeit haben im Iran die Sanktionen Erfolg gehabt, der Iran hat sich bewegt in Sachen Atomprogramm. Eine der vielen Nebenwirkungen der Sanktionen für Unternehmen, wie zum Beispiel Ihres, war der massive Einstieg der Chinesen im iranischen Textilmaschinensektor. Was für Chancen haben Sie denn da noch, was rechnen Sie sich aus?
    Brückner: Wir sind auf dem ganzen Weltmarkt aktiv und kämpfen da immer gegen Wettbewerber aus China, Korea oder anderen Ländern und haben auch dort Chancen und können Maschinen verkaufen gegen eben diese doch sehr viel günstigere Konkurrenz, und insofern glauben wir schon, dass wir auch im Iran Chancen haben, weil die Iraner einfach sehr deutschfreundlich sind, sie mögen deutsche Qualität, deutsche Ingenieurskunst, und es gibt einfach viele, die auch deutsch sprechen dort oder die in Deutschland studiert haben.
    Simon: Haben Sie Ihre alten Beziehungen wieder aufleben lassen können?
    Brückner: Wir haben die bei unserem Symposium im Iran teilweise wieder aufleben lassen können.
    "Iraner möchten eigene Fabriken auf den neuesten Stand bringen"
    Simon: Da muss man vielleicht kurz zu sagen, Frau Brückner, Symposium war das vom Verband der Deutschen Maschinen und Anlagenbauer Ende April in Teheran.
    Brückner: Ja genau, da haben wir seit vielen Jahren wieder ein Symposium gemacht und wurden sehr, sehr freundlich empfangen, und die Leute, unsere auch alten Kunden waren sehr glücklich, uns dort wieder zu sehen. Die Leute sind hungrig nach Informationen, nach Technologie und möchten einfach ihre eigenen Fabriken auf den neuesten Stand bringen.
    Simon: Wenn Sie das so beschreiben, zum Beispiel eben dieses Treffen Ende April, das erste seit zehn Jahren – wie erklären Sie sich das? Iranische Unternehmen oder die Regierungen könnten ja auch sagen, ihr habt jahrelang nicht mit uns gewollt, jetzt wollen wir nicht mehr mit euch.
    Brückner: Sie wollten eigentlich immer, nur sie konnten nicht kaufen in Europa, insbesondere nicht in Deutschland, weil wir nicht liefern konnten, und wir konnten nicht liefern, weil es eben Sanktionen gab, beziehungsweise besondere Schwierigkeiten vonseiten der Banken, die einfach Zahlungen aus dem Iran postwendend zurückgeschickt haben, weil sie damit nichts zu tun haben wollten.
    Simon: Wie schnell wollen Sie denn jetzt als Unternehmerin im Iran wieder ins Geschäft einsteigen?
    Brückner: Wir haben Angebote laufen, und wir denken schon, dass, wenn sich jetzt auch der Markt dort etwas findet, auch, dass die Kunden dort wieder den Bedarf sehen, wieder deutlich mehr zu machen, dass dann schon relativ bald auch Aufträge kommen können. Und die Textilindustrie ist eben eine Industrie, die auch viele Arbeitsplätze schaffen kann, und das ist, glaube ich, für dieses Land ein ganz wichtiger Faktor.
    Simon: Heißt das für Sie, dass Sie auch im Iran produzieren lassen wollen?
    Brückner: Nein, wir werden sicherlich nicht im Iran produzieren, aber wir werden unseren Kunden helfen, damit die ihre Produktion aufrüsten können und damit die eine effiziente Produktion dort haben.
    "Wir hoffen auf direkten Warenverkehr"
    Simon: Was für Kompromisse müssen Sie machen im Geschäft im Iran, ich meine, außer, dass Sie Kopftuch tragen? Das hat man ja gesehen bei der Konferenz in Teheran.
    Brückner: Das fand ich jetzt nicht so schlimm mit dem Kopftuch tragen, aber Kompromisse mussten wir bisher insofern machen, also eben praktisch gar nichts machen konnten oder Geld immer nur über Drittländer kommen konnte, wenn es ganz dringend war für Ersatzteile. Wir hoffen sehr, dass nachdem jetzt die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen worden sind, auch direkter Warenverkehr möglich ist und die Banken wieder mitspielen.
    Simon: Wie schnell könnte das sein?
    Brückner: Wir hoffen, dass die Banken zumindest die normale Zahlungsabwicklung relativ schnell wieder machen, und wir hoffen zudem natürlich, dass in Zukunft dann auch wieder die Akkreditivabwicklung möglich ist, was im Auslandsgeschäft eben ein ganz wichtiger Faktor ist.
    Simon: Wie war eigentlich die Stimmung bei den anderen deutschen Textilmaschinenbauern – war das jetzt nur bei Ihnen so positiv oder haben alle gesagt, boah, wir kommen hier alle mit Aufträgen zurück?
    Brückner: Bei unserem Symposium war die Stimmung insgesamt sehr positiv, und es gab sehr viele, sehr konkrete Anfragen für neue Maschinen. Also es haben alle sehr positiv empfunden, und wir hoffen natürlich alle, dass es jetzt wirklich möglich wird, dort wieder Geschäfte zu machen. Das war eben in der Vergangenheit ein wichtiger Handelspartner für Deutschland, und wir hoffen schon, dass es auch in Zukunft wieder so sein wird und wir wieder Marktanteile auch zurückbekommen von Chinesen, Koreanern oder anderen Wettbewerbern.
    "Uns geht es darum, dass wir auch Arbeitsplätze in Deutschland sichern"
    Simon: Frau Brückner, deutsche Unternehmen, die in den letzten Jahren Geschäfte im Iran gemacht haben, die sind ja von Lobbygruppen, aber auch von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert worden wegen der Menschenrechtsverletzungen im Iran. Auch wenn jetzt keine Atombombe gebaut wird, die Menschenrechtsverletzungen werden ja wohl leider weitergehen, wie es derzeit aussieht. Wie gehen Sie damit um als Unternehmerin, die vielleicht bald im Iran Geld verdient?
    Brückner: Uns geht es ja auch darum, dass wir Arbeitsplätze in Deutschland sichern, und da geht es eben drum, die Maschinen, die wir produzieren, sind in der Regel – also jetzt für uns persönlich gesprochen, aber auch für die gesamte Industrie – sehr effiziente Maschinen, die gehen sehr gut mit Ressourcen um, und das sind Dinge, die, glaube ich, auch im Ausland eben sehr gut ankommen. Und die Textilindustrie im Iran ist eine sehr privatwirtschaftlich organisierte Industrie, sie ist also nicht staatlich kontrolliert, also wenn wir dort mit Menschen, mit Kunden zu tun haben, dann reden wir immer mit der Privatwirtschaft, und die Bedingungen dort für die Mitarbeiter in den Firmen sind ähnlich wie in vielen anderen Ländern, das heißt, da sind keine Repressionen oder sonst irgendwas vorhanden.
    Simon: Das war Regina Brückner, geschäftsführende Gesellschafterin der Brückner Trockentechnik in Leonberg und ihr Blick auf den Iran als Markt für deutsche Unternehmen. Frau Brückner, vielen Dank für das Gespräch!
    Brückner: Vielen Dank! Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.