Steiner: Guten Morgen.
Kößler: Wann ist der Krieg zu Ende?
Steiner: Ja, ich glaube jedenfalls, wir sind kurz davor, und ohne jetzt in unangebrachten Optimismus zu verfallen: Jetzt sollten wir uns auch mal freuen, was erreicht worden ist danke der Hilfe von Martti Ahtisaari und auch dem russischen Vermittler, Herrn Tschernomyrdin. Das ist doch ganz beachtlich. Ich glaube, dies ist ein Erfolg der festen Linie, die wir hatten, die sich letztlich ausgezahlt hat. Wir haben jetzt das erreicht, was wir jedenfalls als Vorstufe zum Frieden erreichen wollten. Und dies ist ein guter Tag gewesen gestern.
Kößler: Gibt es einen Termin für den Rückzug der serbischen Truppen und ein Ende der Luftangriffe? Können Sie uns ein Datum nennen?
Steiner: Erstens mal: Dazu kann ich nur sagen, je schneller – desto besser. Aber das reicht Ihnen natürlich nicht, zu Recht nicht. Ich glaube, es ist wichtig, daß bereits morgen die Operationalisierung, das heißt das Ausbuchstabieren des bereits ja detaillierten Papiers, das ja von Belgrad angenommen worden ist und das alle unsere Wünsche abdeckt, erfolgt. Das heißt, die Militärs müssen jetzt sprechen, wie genau der Rückzug erfolgt. Und dann können wir auch sofort reagieren mit einer Suspendierung der Luftschläge.
Kößler: Das heißt, morgen könnten die Luftangriffe aufhören?
Steiner: Davor würde ich warnen, jetzt auf morgen schon zu setzen. Aber ich will klarmachen, daß es jetzt wirklich nur noch um ganz wenige Tage gehen kann. Theoretisch ist das möglich. Das hängt natürlich davon ab, wie weit die Militärs bei dem Aushandeln – und das ist natürlich auch ein schwieriges Geschäft, ich erinnere mich daran noch aus Bosnien – bei dem Aushandeln dieser Details des Rückzugs kommen. Aber bisher sind die Dinge nach Plan gelaufen. Deswegen bin ich durchaus zuversichtlich. Wir sollten nur jetzt nicht - wo wir in der Endkurve sind dessen, was wir erreichen wollten - uns jetzt selbst unter einen unziemlichen Zeitdruck setzen.
Kößler: Warum ist es wichtig, die Luftangriffe noch fortzusetzen, wenn es doch nur noch um Symbolik geht?
Steiner: Nein, es geht nicht um Symbolik, sondern es geht um das Entscheidende. Es geht darum, daß wir möglichst schnell vereinbaren, wie der Rückzug erfolgt, so daß die Flüchtlinge dann tatsächlich zurückkehren können. Das ist ja das Element. Diejenigen, die an den Menschenrechtsverletzungen, an den Brennereien, an den Vertreibungen beteiligt waren, müssen ja aus dem Kosovo heraus. Das war ja der Sinn des ganzen Unternehmens, und wir sind jetzt kurz davor, das zu schaffen, und wir sollten uns auch mal darüber freuen. Wir treten nachdrücklich dafür ein, und die Staats- und Regierungschefs unter der Führung von Gerhard Schröder haben dies ja gestern unmißverständlich deutlich gemacht, daß wir jetzt aufs Tempo drücken. Jetzt darf man nicht mit überskeptischen Haltungen einen Prozeß, den wir alle gewollt haben, etwa aufhalten. Ich glaube, da besteht ein großer Konsens, und aus meinen Telefonaten gestern mit der NATO habe ich eigentlich den Eindruck gewonnen, daß man das dort durchaus auch sieht. Auch der Generalsekretär Solana sieht das sehr genau so und hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, daß wir hier rasch handeln können.
Kößler: Wie wird sich denn der Rückzug gestalten, oder anders gefragt, Herr
Steiner: Wird es erste einen Rückzug der serbischen Truppen geben und dann ein Stop der Angriffe, oder wird das gleichzeitig passieren?
Steiner: So ist es vorgesehen in dem Papier. Der Rückzug muß allerdings nicht vollzogen sein, sondern es geht darum, daß das, was jetzt erklärte worden ist, bewiesen wird durch praktische Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen. Darum geht es. Niemand verlangt, daß dieser Rückzug etwa zur Hälfte oder gar ganz schon erfolgt sein muß, bevor die Einstellung erfolgen kann. Nein, es geht darum, daß das, was wir jetzt sehr erfreulicherweise gehört haben aus Belgrad, auch am Boden bewiesen wird in einer Form, so daß wir sagen können: ‚Aha, die Umsetzungshandlungen haben begonnen‘. Dann werden wir sofort als Allianz darauf reagieren.
Kößler: Gibt es dafür schon Anzeichen, daß der Befehl zum Rückzug gegeben wurde?
Steiner: Der ist noch nicht gegeben worden, denn es muß ja noch vereinbart werden, wer – wohin - in welcher Zeit das laufen muß. Und dem dienen ja die entsprechenden sehr hochrangigen Verhandlungen, die vereinbart worden sind. Sobald wir dies haben und sobald dann entsprechende Handlungen vorgenommen sind, steht dem Frieden -–und das heißt letztlich der Rückkehr der Flüchtlinge – nichts mehr im Wege.
Kößler: Reicht die Frist von sieben Tagen aus für die serbische Führung, die Truppen zurückzuziehen?
Steiner: Ich glaube schon, daß sie ausreicht. Wenn der Wille wirklich da ist, dann ist dies auch möglich. Aber wie gesagt: Es muß nicht die 7-Tage-Frist erfüllt sein, es muß nicht der vollständige Rückzug erfolgt sein, bevor wir zu einer Aussetzung der Luftschläge kommen können. Wir müssen jetzt alles dazu tun, daß wir auch von unserer Seite bereit sind, daß kein Vakuum entsteht. Man muß jetzt sehr Hand in Hand arbeiten. Aber ich glaube, das ist allen Beteiligten bewußt.
Kößler: Die Vorsicht scheint zu dominieren noch im Augenblick, Herr Steiner. Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, daß Milosevic wieder einmal nur taktiert?
Steiner: Wenn er könnte, würde er dies – nach meiner Einschätzung – sicher tun. Ich glaube aber, daß er jetzt in einer Lage ist, daß es nicht mehr allzu viel zu taktieren gibt, wenn wir jetzt in der Schlußphase auch klaren Kopf behalten. Wir müssen auf Schnelligkeit setzen, wir wollen schnell zum Frieden kommen. Aber gerade in den letzten Stunden und Tagen müssen wir an dem bewährten Kurs festhalten, das heißt, in Einigkeit auch ein glasklares, detailliertes, operationalisiertes Rückzugskonzept haben, nach dem dann auch vorgegangen werden muß. Ich glaube aber, daß die Chancen – das muß man jetzt auch einmal mal sagen, man darf nicht in einen Berufspessimismus verfallen – im Moment gut sind. Und das dient natürlich den Flüchtlingen, aber das dient natürlich auch den Menschen in Serbien. und letztlich dient es uns allen und dem Frieden in Europa. Und ich glaube, daß man durchaus sagen kann, daß dieser Kölner Gipfel als eine Art Friedensgipfel durchaus eine historische Bedeutung haben wird.
Kößler: Wie wird die internationale Friedenstruppe zusammengesetzt sein? Wie stark muß sie sein, um ihre Aufgabe zu erfüllen, nämlich die Rückkehr der Flüchtlinge zu gewährleisten?
Steiner: Ich darf Sie daran erinnern, daß wir in Bosnien mit 60.000 Mann begonnen hatten. Bosnien ist natürlich wesentlich größer als Kosovo, aber damals in einer vergleichsweise leichteren Situation hat man auch darauf gesetzt, keine Risiken einzugehen – auch zum Schutz der Soldaten. Und das wird auch hier so sein. Wir werden also eine erhebliche Zahl brauchen. Sie wissen, man spricht von einer Gesamtzahl von über 40.000 Soldaten. Das sind nicht alles Soldaten, die vor Ort unmittelbar im Kosovo sind. Da muß man auch an die Unterstützung denken. Aber es wird trotzdem eine erhebliche Zahl sein, die so ausgerüstet sein muß, daß sie ihren Auftrag erfüllen kann. Und vergessen Sie nicht, daß zu diesem Auftrag einmal auch gehört die Entwaffnung der UCK. Das wird nur gelingen, wenn diese wiederum das Gefühl hat, daß dann die Menschen nicht schutzlos sind. Das ist das eine. Und zum anderen wird der Auftrag auch sein, die dortige serbische Minderheit zu schützen. Wie muß also so ausgestattet sein, daß sie Respekt hat und mit Autorität ihr Mandat erfüllen kann. Und das ist ja ein Friedensmandat der Implementierung.
Kößler: Herr Steiner, es ist mit Slobodan Milosevic verhandelt worden. Bleibt der Mann, der wegen Kriegsverbrechen gesucht wird, an der Macht? Kann er seine Haut retten?
Steiner: Ich kann mir das langfristig nicht vorstellen. Er hat sein Land nun in vier Kriegen nun wirklich ins Verderbnis geführt. Das wissen die Menschen inzwischen auch - trotz aller Propaganda. Das ist kein Mann, der Serbien eine Zukunft geben kann. Das ist ein Mann, der nirgendwo hin mehr hinreisen kann. Jeder weiß, daß er angeklagt ist. Ich kann mir vorstellen, daß - zumindest mittelfristig - auch die Bevölkerung erkennt: sie muß sich von diesem Mann loseisen, denn er bringt Serbien keine Zukunft mehr.
Kößler: Da ist die Parallele Saddam Hussein angebracht, der ist auch noch an der Macht.
Steiner: Ich halte nichts von Parallelen, weder mit Herrn Karadzic, der sich in Bosnien verwirkt, noch mit anderen Personen, noch mit historischen Personen. Ich kann nur sagen, daß jemand, der vom Tribunal angeklagt ist, sicherlich für dieses Land keine Zukunft mehr darstellt und auch sicherlich auch nicht die Person sein kann, die dazu beiträgt, daß dieses Land wieder aufgebaut in die Gemeinschaft der internationalen Staaten zurückfindet und insgesamt nach Europa zurückfindet.
Kößler: Ganz kurz noch, Herr
Steiner: Wann können die ersten Flüchtlinge zurückkehren?
Steiner: Sobald wir das Abkommen haben, sobald der Rückzug vollzogen ist. Das setzt natürlich den Vollzug des Rückzugs voraus. Und sobald wir dort eine internationale Präsenz haben – zivil und militärisch –, die den Kosovo organisieren kann, sobald das der Fall ist, muß die Rückkehr der Flüchtlinge eingeleitet werden.
Kößler: In den Informationen am Morgen war das Michael Steiner, außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Ich bedanke mich für dieses Gespräch.
Steiner: Ich bedanke mich bei Ihnen.
Kößler: Wann ist der Krieg zu Ende?
Steiner: Ja, ich glaube jedenfalls, wir sind kurz davor, und ohne jetzt in unangebrachten Optimismus zu verfallen: Jetzt sollten wir uns auch mal freuen, was erreicht worden ist danke der Hilfe von Martti Ahtisaari und auch dem russischen Vermittler, Herrn Tschernomyrdin. Das ist doch ganz beachtlich. Ich glaube, dies ist ein Erfolg der festen Linie, die wir hatten, die sich letztlich ausgezahlt hat. Wir haben jetzt das erreicht, was wir jedenfalls als Vorstufe zum Frieden erreichen wollten. Und dies ist ein guter Tag gewesen gestern.
Kößler: Gibt es einen Termin für den Rückzug der serbischen Truppen und ein Ende der Luftangriffe? Können Sie uns ein Datum nennen?
Steiner: Erstens mal: Dazu kann ich nur sagen, je schneller – desto besser. Aber das reicht Ihnen natürlich nicht, zu Recht nicht. Ich glaube, es ist wichtig, daß bereits morgen die Operationalisierung, das heißt das Ausbuchstabieren des bereits ja detaillierten Papiers, das ja von Belgrad angenommen worden ist und das alle unsere Wünsche abdeckt, erfolgt. Das heißt, die Militärs müssen jetzt sprechen, wie genau der Rückzug erfolgt. Und dann können wir auch sofort reagieren mit einer Suspendierung der Luftschläge.
Kößler: Das heißt, morgen könnten die Luftangriffe aufhören?
Steiner: Davor würde ich warnen, jetzt auf morgen schon zu setzen. Aber ich will klarmachen, daß es jetzt wirklich nur noch um ganz wenige Tage gehen kann. Theoretisch ist das möglich. Das hängt natürlich davon ab, wie weit die Militärs bei dem Aushandeln – und das ist natürlich auch ein schwieriges Geschäft, ich erinnere mich daran noch aus Bosnien – bei dem Aushandeln dieser Details des Rückzugs kommen. Aber bisher sind die Dinge nach Plan gelaufen. Deswegen bin ich durchaus zuversichtlich. Wir sollten nur jetzt nicht - wo wir in der Endkurve sind dessen, was wir erreichen wollten - uns jetzt selbst unter einen unziemlichen Zeitdruck setzen.
Kößler: Warum ist es wichtig, die Luftangriffe noch fortzusetzen, wenn es doch nur noch um Symbolik geht?
Steiner: Nein, es geht nicht um Symbolik, sondern es geht um das Entscheidende. Es geht darum, daß wir möglichst schnell vereinbaren, wie der Rückzug erfolgt, so daß die Flüchtlinge dann tatsächlich zurückkehren können. Das ist ja das Element. Diejenigen, die an den Menschenrechtsverletzungen, an den Brennereien, an den Vertreibungen beteiligt waren, müssen ja aus dem Kosovo heraus. Das war ja der Sinn des ganzen Unternehmens, und wir sind jetzt kurz davor, das zu schaffen, und wir sollten uns auch mal darüber freuen. Wir treten nachdrücklich dafür ein, und die Staats- und Regierungschefs unter der Führung von Gerhard Schröder haben dies ja gestern unmißverständlich deutlich gemacht, daß wir jetzt aufs Tempo drücken. Jetzt darf man nicht mit überskeptischen Haltungen einen Prozeß, den wir alle gewollt haben, etwa aufhalten. Ich glaube, da besteht ein großer Konsens, und aus meinen Telefonaten gestern mit der NATO habe ich eigentlich den Eindruck gewonnen, daß man das dort durchaus auch sieht. Auch der Generalsekretär Solana sieht das sehr genau so und hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, daß wir hier rasch handeln können.
Kößler: Wie wird sich denn der Rückzug gestalten, oder anders gefragt, Herr
Steiner: Wird es erste einen Rückzug der serbischen Truppen geben und dann ein Stop der Angriffe, oder wird das gleichzeitig passieren?
Steiner: So ist es vorgesehen in dem Papier. Der Rückzug muß allerdings nicht vollzogen sein, sondern es geht darum, daß das, was jetzt erklärte worden ist, bewiesen wird durch praktische Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen. Darum geht es. Niemand verlangt, daß dieser Rückzug etwa zur Hälfte oder gar ganz schon erfolgt sein muß, bevor die Einstellung erfolgen kann. Nein, es geht darum, daß das, was wir jetzt sehr erfreulicherweise gehört haben aus Belgrad, auch am Boden bewiesen wird in einer Form, so daß wir sagen können: ‚Aha, die Umsetzungshandlungen haben begonnen‘. Dann werden wir sofort als Allianz darauf reagieren.
Kößler: Gibt es dafür schon Anzeichen, daß der Befehl zum Rückzug gegeben wurde?
Steiner: Der ist noch nicht gegeben worden, denn es muß ja noch vereinbart werden, wer – wohin - in welcher Zeit das laufen muß. Und dem dienen ja die entsprechenden sehr hochrangigen Verhandlungen, die vereinbart worden sind. Sobald wir dies haben und sobald dann entsprechende Handlungen vorgenommen sind, steht dem Frieden -–und das heißt letztlich der Rückkehr der Flüchtlinge – nichts mehr im Wege.
Kößler: Reicht die Frist von sieben Tagen aus für die serbische Führung, die Truppen zurückzuziehen?
Steiner: Ich glaube schon, daß sie ausreicht. Wenn der Wille wirklich da ist, dann ist dies auch möglich. Aber wie gesagt: Es muß nicht die 7-Tage-Frist erfüllt sein, es muß nicht der vollständige Rückzug erfolgt sein, bevor wir zu einer Aussetzung der Luftschläge kommen können. Wir müssen jetzt alles dazu tun, daß wir auch von unserer Seite bereit sind, daß kein Vakuum entsteht. Man muß jetzt sehr Hand in Hand arbeiten. Aber ich glaube, das ist allen Beteiligten bewußt.
Kößler: Die Vorsicht scheint zu dominieren noch im Augenblick, Herr Steiner. Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, daß Milosevic wieder einmal nur taktiert?
Steiner: Wenn er könnte, würde er dies – nach meiner Einschätzung – sicher tun. Ich glaube aber, daß er jetzt in einer Lage ist, daß es nicht mehr allzu viel zu taktieren gibt, wenn wir jetzt in der Schlußphase auch klaren Kopf behalten. Wir müssen auf Schnelligkeit setzen, wir wollen schnell zum Frieden kommen. Aber gerade in den letzten Stunden und Tagen müssen wir an dem bewährten Kurs festhalten, das heißt, in Einigkeit auch ein glasklares, detailliertes, operationalisiertes Rückzugskonzept haben, nach dem dann auch vorgegangen werden muß. Ich glaube aber, daß die Chancen – das muß man jetzt auch einmal mal sagen, man darf nicht in einen Berufspessimismus verfallen – im Moment gut sind. Und das dient natürlich den Flüchtlingen, aber das dient natürlich auch den Menschen in Serbien. und letztlich dient es uns allen und dem Frieden in Europa. Und ich glaube, daß man durchaus sagen kann, daß dieser Kölner Gipfel als eine Art Friedensgipfel durchaus eine historische Bedeutung haben wird.
Kößler: Wie wird die internationale Friedenstruppe zusammengesetzt sein? Wie stark muß sie sein, um ihre Aufgabe zu erfüllen, nämlich die Rückkehr der Flüchtlinge zu gewährleisten?
Steiner: Ich darf Sie daran erinnern, daß wir in Bosnien mit 60.000 Mann begonnen hatten. Bosnien ist natürlich wesentlich größer als Kosovo, aber damals in einer vergleichsweise leichteren Situation hat man auch darauf gesetzt, keine Risiken einzugehen – auch zum Schutz der Soldaten. Und das wird auch hier so sein. Wir werden also eine erhebliche Zahl brauchen. Sie wissen, man spricht von einer Gesamtzahl von über 40.000 Soldaten. Das sind nicht alles Soldaten, die vor Ort unmittelbar im Kosovo sind. Da muß man auch an die Unterstützung denken. Aber es wird trotzdem eine erhebliche Zahl sein, die so ausgerüstet sein muß, daß sie ihren Auftrag erfüllen kann. Und vergessen Sie nicht, daß zu diesem Auftrag einmal auch gehört die Entwaffnung der UCK. Das wird nur gelingen, wenn diese wiederum das Gefühl hat, daß dann die Menschen nicht schutzlos sind. Das ist das eine. Und zum anderen wird der Auftrag auch sein, die dortige serbische Minderheit zu schützen. Wie muß also so ausgestattet sein, daß sie Respekt hat und mit Autorität ihr Mandat erfüllen kann. Und das ist ja ein Friedensmandat der Implementierung.
Kößler: Herr Steiner, es ist mit Slobodan Milosevic verhandelt worden. Bleibt der Mann, der wegen Kriegsverbrechen gesucht wird, an der Macht? Kann er seine Haut retten?
Steiner: Ich kann mir das langfristig nicht vorstellen. Er hat sein Land nun in vier Kriegen nun wirklich ins Verderbnis geführt. Das wissen die Menschen inzwischen auch - trotz aller Propaganda. Das ist kein Mann, der Serbien eine Zukunft geben kann. Das ist ein Mann, der nirgendwo hin mehr hinreisen kann. Jeder weiß, daß er angeklagt ist. Ich kann mir vorstellen, daß - zumindest mittelfristig - auch die Bevölkerung erkennt: sie muß sich von diesem Mann loseisen, denn er bringt Serbien keine Zukunft mehr.
Kößler: Da ist die Parallele Saddam Hussein angebracht, der ist auch noch an der Macht.
Steiner: Ich halte nichts von Parallelen, weder mit Herrn Karadzic, der sich in Bosnien verwirkt, noch mit anderen Personen, noch mit historischen Personen. Ich kann nur sagen, daß jemand, der vom Tribunal angeklagt ist, sicherlich für dieses Land keine Zukunft mehr darstellt und auch sicherlich auch nicht die Person sein kann, die dazu beiträgt, daß dieses Land wieder aufgebaut in die Gemeinschaft der internationalen Staaten zurückfindet und insgesamt nach Europa zurückfindet.
Kößler: Ganz kurz noch, Herr
Steiner: Wann können die ersten Flüchtlinge zurückkehren?
Steiner: Sobald wir das Abkommen haben, sobald der Rückzug vollzogen ist. Das setzt natürlich den Vollzug des Rückzugs voraus. Und sobald wir dort eine internationale Präsenz haben – zivil und militärisch –, die den Kosovo organisieren kann, sobald das der Fall ist, muß die Rückkehr der Flüchtlinge eingeleitet werden.
Kößler: In den Informationen am Morgen war das Michael Steiner, außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Ich bedanke mich für dieses Gespräch.
Steiner: Ich bedanke mich bei Ihnen.