Christian Schütte: Normalbenzin ist längst nicht mehr der Treibstoff, mit dem deutsche Autofahrer normalerweise ihr Auto betanken. Normal geworden ist Super zu tanken. Die Nachfrage an Normalbenzin sinkt und möglicherweise droht dem Kraftstoff mit geringer Oktanzahl nun ganz das Aus. Den Mineralölkonzernen wird vorgeworfen, sie würden dem Normalbenzin den Dolchstoß erteilen, indem sie die Preisdifferenz zu Super verringern. – Am Telefon ist nun Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Guten Tag, Frau Kemfert!
Claudia Kemfert: Guten Tag, Herr Schütte!
Schütte: Haben sich die Ölkonzerne abgesprochen?
Kemfert: Nein. Ich denke, das kann man so nicht sagen. Das konnte man in der Vergangenheit auch nie feststellen. Der Ruf seitens der Politiker ist immer sehr schnell da, wenn die Benzinpreise steigen, dass es hier Absprachen geben könnte. Das kann nicht so funktionieren, weil wir in Deutschland in der Tat sehr viel Wettbewerb haben. Die Ursache für diesen drastischen Preisanstieg gerade bei Normalbenzin ist die, dass in den USA zu wenig in Raffineriekapazitäten zur Herstellung des Normalbenzins investiert wurde, so dass die Amerikaner, aber auch derzeit die Chinesen, sehr stark auf dem europäischen Markt kaufen und das treibt bei uns den Preis und in erster Linie im Moment für Normalbenzin.
Schütte: Das heißt also, die Forderung des Wirtschaftsexperten der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Wendt, das sei alles ein Fall für das Bundeskartellamt, das sehen Sie nicht gegeben?
Kemfert: Nein. Man kann natürlich prüfen. Ich halte es nicht für falsch, dass das Bundeskartellamt auf jeden Fall darauf schaut. Auch wir haben in einigen Berechnungen gesehen und in der Vergangenheit auch sehr viele Daten ausgewertet, dass gerade vor den Ferienzeiten, wenn der Ölpreis hoch ist und auch der Benzinpreis hoch ist, zum Beispiel vor Ostern oder Pfingsten, gerade in Deutschland sehr viel noch mal auf den Benzinpreis heraufgeschlagen wird. Das kann daran liegen, dass in Deutschland die Gewinnmargen für die Konzerne, für die Mineralölkonzerne insgesamt sehr viel niedriger sind als beispielsweise in Österreich oder Tschechien und wir in Deutschland auch sehr hohe Steuern haben. Und das ist natürlich immer ein heiß geliebter Mitnahmeeffekt, den man jetzt auch nicht ausschließen kann. Insofern kann man das ruhig anschauen.
Schütte: Die Unternehmen begründen ihre Preispolitik unter anderem mit gesunkener Nachfrage, denn viele Autos vertragen ja inzwischen gar kein Normalbenzin mehr. Trotzdem gibt es sie ja noch, die Motoren mit dem geringeren Oktanhunger. Warum wollen die Konzerne diese Kundschaft möglicherweise nicht mehr bedienen?
Kemfert: Im Moment sind es in Deutschland noch 28 Prozent der Motoren, die Normalbenzin tanken. Viele nutzen auch den Preisunterschied, denn in der Vergangenheit war Normalbenzin ja günstiger als Superbenzin, um hier entsprechend auch Geld zu sparen. Dieser Effekt ist im Moment nicht mehr so groß. In Amerika und auch in China fahren viele ältere Fahrzeuge, die noch dieses minderwertige Normalbenzin tanken, aber in der Tat wird Superbenzin in der Zukunft der Treibstoff sein. Viele neuere Automobilmodelle nutzen natürlich Superbenzin und deshalb wird auch der Anteil dieser 28 Prozent Normalbenzin in der Zukunft sinken. Ich kann mir vorstellen, dass die Mineralölkonzerne auch ein Interesse haben, das möglichst rasch hier voranzubringen und den Anteil von Normalbenzin auf möglichst nahezu null zu bringen.
Schütte: Aber in der Zwischenzeit haben die Autofahrer mit einem Normalbenziner Pech gehabt?
Kemfert: Ja, da haben sie Pech gehabt, gerade im Moment, wenn der Preis so stark steigt und das auch komplett an die Verbraucher weitergegeben wird und dieser Preisvorteil, den man in der Vergangenheit hatte, dann nicht mehr so ausgenutzt werden kann. Man muss ja auch sehen: Normalbenzin ist ein minderwertiges Benzin. Superbenzin ist sehr viel hochwertiger. Damit kann eine bessere Qualität des Motors erreicht werden. Und das kann man natürlich auch wenig verstehen, dass ein minderwertiges Benzin mehr kosten sollte als jetzt das Superbenzin, was eine deutlich bessere Qualität hat.
Schütte: Damit wird ja auf Dauer die Zahl der Alternativen an der Zapfsäule ja durchaus eingeschränkt. Mit welchen Konsequenzen für die Preise für anderes Benzin, jetzt in die Zukunft gedacht?
Kemfert: Ich denke, in der Zukunft wird man in erster Linie Super haben. Zum Beispiel unsere Nachbarländer in Europa wie Frankreich haben das ja auch so. Die haben gar kein Normalbenzin. Da wird der Preis natürlich immer weiter deutlich steigen. Öl ist knapp und die Amerikaner und auch viele andere Länder haben in zu wenig Raffineriekapazitäten investiert, so dass hier Engpässe auftreten können und damit wird auch der Benzinpreis immer weiter steigen. Wir profitieren im Moment noch von dem sehr niedrigen Dollar, dass bei uns dieser hohe Ölpreis noch nicht so durchschlägt, aber die Tendenz wird natürlich immer weiter gehen und das bedeutet: Wir haben ein Superbenzin, was dann entsprechend im Preis immer teuerer werden wird.
Schütte: Der Automobilclub von Deutschland spricht – jetzt noch mal zum Normalbenzin zurück – von eiskalter Abzocke. Andererseits: ob nun ein Cent mehr oder weniger. Ist das die Aufregung Wert?
Kemfert: Es ist schon die Aufregung Wert, wenn Sie sehen, dass ein oder zwei Cent pro Liter mehr hier entsprechend die Gewinne für die Mineralölkonzerne in etlichen Milliardenbeträgen erhöhen. Also, da geht es nicht um unerhebliche Beträge und das mindert natürlich auch die Kaufkraft eines jeden Bürgers. Insofern muss man sich schon immer fragen, ob die Benzinpreissteigerungen auch tatsächlich gerechtfertigt sind, und wenn sie es nicht sind, entsprechend hier auch eingreifen, oder wenn es sehr, sehr hohe Margen sind, also wenn es sehr, sehr teuer werden würde, dann auch darüber nachzudenken, die Mineralölsteuer oder die Ökosteuer zu senken, wenn die Bevölkerung zu sehr belastet sein sollte.
Schütte: Das war Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Vielen Dank!
Kemfert: Ich danke Ihnen.
Claudia Kemfert: Guten Tag, Herr Schütte!
Schütte: Haben sich die Ölkonzerne abgesprochen?
Kemfert: Nein. Ich denke, das kann man so nicht sagen. Das konnte man in der Vergangenheit auch nie feststellen. Der Ruf seitens der Politiker ist immer sehr schnell da, wenn die Benzinpreise steigen, dass es hier Absprachen geben könnte. Das kann nicht so funktionieren, weil wir in Deutschland in der Tat sehr viel Wettbewerb haben. Die Ursache für diesen drastischen Preisanstieg gerade bei Normalbenzin ist die, dass in den USA zu wenig in Raffineriekapazitäten zur Herstellung des Normalbenzins investiert wurde, so dass die Amerikaner, aber auch derzeit die Chinesen, sehr stark auf dem europäischen Markt kaufen und das treibt bei uns den Preis und in erster Linie im Moment für Normalbenzin.
Schütte: Das heißt also, die Forderung des Wirtschaftsexperten der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Wendt, das sei alles ein Fall für das Bundeskartellamt, das sehen Sie nicht gegeben?
Kemfert: Nein. Man kann natürlich prüfen. Ich halte es nicht für falsch, dass das Bundeskartellamt auf jeden Fall darauf schaut. Auch wir haben in einigen Berechnungen gesehen und in der Vergangenheit auch sehr viele Daten ausgewertet, dass gerade vor den Ferienzeiten, wenn der Ölpreis hoch ist und auch der Benzinpreis hoch ist, zum Beispiel vor Ostern oder Pfingsten, gerade in Deutschland sehr viel noch mal auf den Benzinpreis heraufgeschlagen wird. Das kann daran liegen, dass in Deutschland die Gewinnmargen für die Konzerne, für die Mineralölkonzerne insgesamt sehr viel niedriger sind als beispielsweise in Österreich oder Tschechien und wir in Deutschland auch sehr hohe Steuern haben. Und das ist natürlich immer ein heiß geliebter Mitnahmeeffekt, den man jetzt auch nicht ausschließen kann. Insofern kann man das ruhig anschauen.
Schütte: Die Unternehmen begründen ihre Preispolitik unter anderem mit gesunkener Nachfrage, denn viele Autos vertragen ja inzwischen gar kein Normalbenzin mehr. Trotzdem gibt es sie ja noch, die Motoren mit dem geringeren Oktanhunger. Warum wollen die Konzerne diese Kundschaft möglicherweise nicht mehr bedienen?
Kemfert: Im Moment sind es in Deutschland noch 28 Prozent der Motoren, die Normalbenzin tanken. Viele nutzen auch den Preisunterschied, denn in der Vergangenheit war Normalbenzin ja günstiger als Superbenzin, um hier entsprechend auch Geld zu sparen. Dieser Effekt ist im Moment nicht mehr so groß. In Amerika und auch in China fahren viele ältere Fahrzeuge, die noch dieses minderwertige Normalbenzin tanken, aber in der Tat wird Superbenzin in der Zukunft der Treibstoff sein. Viele neuere Automobilmodelle nutzen natürlich Superbenzin und deshalb wird auch der Anteil dieser 28 Prozent Normalbenzin in der Zukunft sinken. Ich kann mir vorstellen, dass die Mineralölkonzerne auch ein Interesse haben, das möglichst rasch hier voranzubringen und den Anteil von Normalbenzin auf möglichst nahezu null zu bringen.
Schütte: Aber in der Zwischenzeit haben die Autofahrer mit einem Normalbenziner Pech gehabt?
Kemfert: Ja, da haben sie Pech gehabt, gerade im Moment, wenn der Preis so stark steigt und das auch komplett an die Verbraucher weitergegeben wird und dieser Preisvorteil, den man in der Vergangenheit hatte, dann nicht mehr so ausgenutzt werden kann. Man muss ja auch sehen: Normalbenzin ist ein minderwertiges Benzin. Superbenzin ist sehr viel hochwertiger. Damit kann eine bessere Qualität des Motors erreicht werden. Und das kann man natürlich auch wenig verstehen, dass ein minderwertiges Benzin mehr kosten sollte als jetzt das Superbenzin, was eine deutlich bessere Qualität hat.
Schütte: Damit wird ja auf Dauer die Zahl der Alternativen an der Zapfsäule ja durchaus eingeschränkt. Mit welchen Konsequenzen für die Preise für anderes Benzin, jetzt in die Zukunft gedacht?
Kemfert: Ich denke, in der Zukunft wird man in erster Linie Super haben. Zum Beispiel unsere Nachbarländer in Europa wie Frankreich haben das ja auch so. Die haben gar kein Normalbenzin. Da wird der Preis natürlich immer weiter deutlich steigen. Öl ist knapp und die Amerikaner und auch viele andere Länder haben in zu wenig Raffineriekapazitäten investiert, so dass hier Engpässe auftreten können und damit wird auch der Benzinpreis immer weiter steigen. Wir profitieren im Moment noch von dem sehr niedrigen Dollar, dass bei uns dieser hohe Ölpreis noch nicht so durchschlägt, aber die Tendenz wird natürlich immer weiter gehen und das bedeutet: Wir haben ein Superbenzin, was dann entsprechend im Preis immer teuerer werden wird.
Schütte: Der Automobilclub von Deutschland spricht – jetzt noch mal zum Normalbenzin zurück – von eiskalter Abzocke. Andererseits: ob nun ein Cent mehr oder weniger. Ist das die Aufregung Wert?
Kemfert: Es ist schon die Aufregung Wert, wenn Sie sehen, dass ein oder zwei Cent pro Liter mehr hier entsprechend die Gewinne für die Mineralölkonzerne in etlichen Milliardenbeträgen erhöhen. Also, da geht es nicht um unerhebliche Beträge und das mindert natürlich auch die Kaufkraft eines jeden Bürgers. Insofern muss man sich schon immer fragen, ob die Benzinpreissteigerungen auch tatsächlich gerechtfertigt sind, und wenn sie es nicht sind, entsprechend hier auch eingreifen, oder wenn es sehr, sehr hohe Margen sind, also wenn es sehr, sehr teuer werden würde, dann auch darüber nachzudenken, die Mineralölsteuer oder die Ökosteuer zu senken, wenn die Bevölkerung zu sehr belastet sein sollte.
Schütte: Das war Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Vielen Dank!
Kemfert: Ich danke Ihnen.