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Energiewende
Bund und Länder nähern sich bei Ökostromreform an

Bund und Länder haben sich auf Eckpunkte für den Ausbau von Ökostrom geeinigt. Bremens Bürgermeister Carsten Sieling sagte nach einem Gipfel im Kanzleramt, 90 Prozent seien auf dem Weg zurückgelegt. Damit ist aber auch klar: Zehn Prozent sind weiter strittig. Besonders beim Thema Biogas gibt es unterschiedliche Ansichten.

Von Theo Geers | 01.06.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berät in Berlin im Kanzleramt mit den Ministerpräsidenten über die EEG-Reform.
    Erst nach sechs Stunden Gesprächen verständigten sich die Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten auf Eckpunkte. (dpa-Bildfunk / Maurizio Gambarini)
    Rund sechs Stunden rangen die 16 Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Gabriel um die Details der neuen Ökostromförderung. Dabei stand der grundsätzliche Politikwechsel schon vorher fest. Im Grundsatz wird es ab 2017 mehr Markt in der Ökostromförderung geben.
    Neue Windparks und große Fotovoltaik-Anlagen, nicht aber die kleine Solaranlage auf dem Eigenheim-Dach, werden künftig ausgeschrieben: Der Staat gibt die Menge vor, den Zuschlag zum Bau dieser Anlagen und das Versprechen, den dort produzierten Strom auch abgenommen zu bekommen, erhalten die Investoren, die den Solar- und Windstrom am preiswertesten produzieren. Das soll den weiteren Kostenanstieg bei der Ökostromförderung dämpfen.
    Windkraft soll nicht nur im Norden produziert werden
    Stundenlang wurde jedoch darüber gestritten, wie viele neue Anlagen unter diesem neuen Fördersystem jährlich noch gebaut werden sollen beziehungsweise können. Wirtschaftsminister Gabriel war mit dem erklärten Ziel in die Verhandlungen gegangen, den Ausbau des Windstroms an Land und vor allem in den Küstenländern zu begrenzen.
    Dort fehlen schon heute die Nord-Süd-Leitungen, um an windreichen Tagen den Windstrom nach Süddeutschland zu transportieren. Bisher war bei Windstrom an Land ein Zubau von jährlich 2,5 GW netto zulässig, nun sieht das Ergebnis für Sigmar Gabriel so aus.
    "Wir haben einen Einigungskorridor für Windausbau an Land von etwa 2,8 Gigawatt brutto verabredet und um die 60 Prozent davon werden in Zukunft in Norddeutschland gebaut werden können. Damit sorgen wir für zwei Dinge: Dass nicht in einen bestehenden Netzengpass weiter unbegrenzt zugebaut wird, aber natürlich gleichzeitig sorgen wir auch dafür, dass nicht Wind/Off-Shore auch in anderen Bundesländern außerhalb Norddeutschlands stattfinden kann."
    Anpassung an künftigen Bau von Stromtrassen
    Diese 60-Prozent-Regel für das Netzengpassgebiet Norddeutschland soll alle zwei Jahre überprüft werden. Zeigt sich dann, dass genügend neue Stromtrassen in Nord-Süd-Richtung fertig wurden, kann auch mehr gebaut werden. Darüber sind vor allem die norddeutschen Länder erleichtert, denen die Beschränkung auf 60 Prozent schwergefallen ist, so Bremens Bürgermeister Carsten Sieling:
    "Insgesamt ist es so, dass wir Ausbau der Erneuerbaren nicht abbremsen wollen. Wir wollen die industriellen Strukturen erhalten und wir wollen die Möglichkeiten eines weiteren Aufbaus und Ausbaues halten. Ich glaube, dass man sagen kann nach diesen Beratungen, dass 90 Prozent der Wegstrecke gegangen sind."
    Streitpunkt Biogasanlagen
    Die restlichen zehn Prozent, die noch offen sind, betreffen die Biogas-Anlagen, die vor allem im CSU-regierten Bayern verbreitet sind. Bayern verlangt bisher, Anlagen mit einer jährlichen Kapazität von 300 Megawatt zulassen, die SPD will das auf 100 Megawatt begrenzen. Deshalb muss noch geklärt werden, wie viel Raum für Strom aus Biogas, der in der Erzeugung deutlich teurer ist als etwa Windstrom, noch bleibt. Denn die Fotovoltaik fällt nicht ganz aus der Förderung heraus. Jährlich sollen noch 600 Megawatt an Großanlagen, plus Kleinanlagen, deren Zuwachs mit 750 Megawatt kalkuliert wird, neu gebaut werden können.
    Insgesamt soll das Ausbautempo unter den einzelnen Ökostromarten aber so austariert werden, dass der gesamte Ökostromanteil im Netz von heute 33 Prozent bis 2025 auf höchstens 45 Prozent steigt. Das Bundeskabinett soll die entsprechenden Gesetze schon nächste Woche Mittwoch auf den Weg bringen. Die Zeit drängt, denn das Reformwerk soll - auch auf Verlangen der EU - schon Anfang 2017 in Kraft treten.