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Energiewende in Bayern
Zweifel an Regierungsplänen

Die CSU in Bayern sieht sich in Sachen Energiewende auf Kurs. Doch die Opposition bezweifelt, dass die bayerischen Atomkraftwerke wie geplant abgeschaltet werden können. Der Ausbau der erneuerbaren Energien verläuft schleppend, hinzu kommt der Streit über neue Stromtrassen.

Von Susanne Lettenbauer | 03.11.2014
    Die Emotionen kochten hoch nach der Regierungserklärung von Ilse Aigner zur bayerischen Energiewende. Dieser Vortrag verdiene noch nicht einmal den Titel Regierungserklärung, so die Generalsekretärin der Bayern-SPD Natascha Kohnen. Die Energiewende in Bayern sei nicht nur in Stocken geraten, sie sei auf dem Rückzug, so die Meinung in der Opposition. Aigner lasse keine eigene Handschrift bei dem so wichtigen Thema für Bayern und Deutschland erkennen, dreieinhalb Jahre nach dem Atomkraftunfall von Fukushima:
    "Wir haben uns die Fragen, die sie heute stellen, schon damals gestellt. Und in dem Energie-Innovativ-Konzept, dass 2011 damals gemeinsam beschlossen wurde, waren wir uns alle einig bei den Antworten."
    Im Zusammenhang mit dem bayerischen Energie-Innovativ-Konzept, das 2011 beschlossen wurde, gab es tatsächlich den ersten Dialog zwischen Umwelt-, Kommunal- und Energieverbänden. Zehn Tage lang diskutierte man über den Ausbau von Windkraft, Wasserkraft, Solar und Speicherkraftwerke. Eine Energieagentur sollte schnellst möglichst ihre Arbeit aufnehmen, so Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung Ende Juni 2011.
    Aufbruchstimmung von 2011 verflogen
    Viel gehört habe man seitdem nicht mehr von der Energieagentur. Bürger können sich zwar an die Regionalstellen wenden, aber seit der Kürzung der Förderung für Solaranlagen und der geplanten 10-H-Regelung für Windräder seien die Bürger desillusioniert. Die Aufbruchstimmung von 2011 sei komplett verschwunden, so Kohnen. Stattdessen setze der Freistaat immer öfter auf Hilfe aus Berlin.
    "Einmal tun sie so, als könne Bayern alles selber regeln und wenn es nicht läuft, dann ist immer der Bund schuld. Damit kommen wir wieder auf die Spaltung ihrer eignen Handlungsweise."
    Die CSU sei sich selbst nicht einig über das künftige Konzept der Energiewende. Deshalb der Besuch in Berlin bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Deshalb die drei Monate Schonfrist, in der sich Bayern entscheiden will, wie es mit den eigentlich bereits unterzeichneten Verträgen zu den Stromtrassen weitergeht. Innovativ sei der Freistaat in Sachen Energiewende überhaupt nicht mehr, so Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Grüne:
    "Ich verstehe das einfach nicht mehr. Ich habe da Zahlen rausgesucht. Nehmen wir mal das Jahr 2009. 2009 - Schleswig Holstein: 60 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien, 2009. Und sie erzählen 35 Prozent Spitze in 2013. Ja, wo sind sie eigentlich?"
    Kommt der Ausstieg aus dem Ausstieg?
    In elf Jahren sei kein Kernkraftwerk mehr am Netz. Verlässlich und ohne Hintertürchen, versprach Seehofer in seiner Regierungserklärung Ende Juni 2011. Ein Ausstieg aus dem Ausstieg ist auch heute noch kein Thema für die bayerische Regierung. Das sei sicher sagt Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Doch die Opposition glaubt ihr nicht.
    Bayern könne die Energiewende auch allein schaffen mit dezentralen Lösungen, so die Meinung in der Regierung: Biogasanlagen, Gaskraftwerke - zur Not auch staatliche – Solarfelder, Windanlagen. 1000 Windräder hatte Seehofer als Ziel ausgegeben, rund 250 stehen derzeit, überwiegend in Nordbayern: "Fukushima verändert alles. Wir werden das leuchtende Beispiel in Deutschland sein. Ja, wir sind leuchtend auf Platz 7."
    Fukushima sei jetzt drei Jahre her, so Grünen-Fraktionschef Hartmann. Den vollmundigen Ankündigungen von Horst Seehofer seien nach ersten Erfolgen aber nur Restriktionen gefolgt. Die 10-H-Regelung, nach der der Abstand einer Windkraftanlage zehnmal so groß sein muss wie das Windrad hoch, beende quasi den Ausbau dieser erneuerbaren Energie. Die Zahl der Anträge sei seit der Ankündigung des neuen Gesetzes, das diesen Monat beschlossen werden soll, zurückgegangen. Die Kommunen nehmen mittlerweile in Eigenregie die Energiewende in die Hand. Und Bürgerinitiativen demonstrieren weiter gegen die zwei Stromtrassen.