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Entschädigung bei Flugausfall
"Verbraucher sollten den Anspruch geltend machen"

Rechtsexpertin Britta Schön rät Fluggästen, die von Flugausfällen durch Streiks betroffen sind, zuerst selbst aktiv zu werden. Wenn die Airline dann nicht zahle, könne man bei Rechtsdienstleisterportalen Hilfe holen. Die müssten zwar bezahlt werden - aber nur im Erfolgsfall.

Britta Schön im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 07.11.2019
7. November 2019 - Streik der Flugbegleiter nach Aufruf der Gewerkschaft UFO. Wartende am Flughafen am Lufthansa-Check-in.
7. November 2019 - Reisende am Flughafen Frankfurt, die vom Streik der Flugbegleiter betroffen sind (picture alliance / dpa / Bodo Marks)
Susanne Kuhlmann: 1300 abgesagte Flüge und rund 180.000 betroffene Reisende – seit dem frühen Morgen berichten wir über Hintergründe und Auswirkungen des Arbeitskampfs der Lufthansa-Flugbegleiter. Der Ausstand soll 48 Stunden dauern. Wer heute oder morgen mit der Lufthansa fliegen wollte, hat Anspruch auf eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro pro Person, je nach Entfernung. Beim Durchsetzen des Anspruchs können auch Portale für Rechtsdienstleistungen helfen. Britta Schön ist Rechtsexpertin beim Online-Portal Finanztip. Guten Tag, Frau Schön!
Britta Schön: Guten Tag.
Kuhlmann: Welche Portale kommen für den aktuellen Fall des Kabinenpersonalstreiks bei der Lufthansa denn in Frage?
Schön: Es gibt grundsätzlich zwei Portale auf dem Markt, die sich für Verbraucher hier einsetzen, und das sind auf der einen Seite die sogenannten Sofortentschädiger. Die kaufen einem die Forderung ab und man bekommt sofort einen Anteil der Entschädigung und anschließend sieht der zu, dass er gegen die Airline Erfolg hat. Oder die sogenannten Inkasso-Dienstleister. Das sind dann Namen, die haben viele vielleicht schon gehört, wie Airplane oder Flightright oder SOS Flugverspätung oder EU Plane. Die haben alle englische Namen, und es ist gar nicht so einfach, den Überblick zu bewahren. Aber grundsätzlich ganz kurz noch: Der Streik an sich, ob das tatsächlich zu einem Ausgleichsanspruch führt, ist umstritten. Das heißt, es ist nicht ganz hundertprozentig sicher, dass Verbraucher das bekommen. Verbraucher sollten aber den Anspruch geltend machen.
"Schlichtungsstelle anschreiben"
Kuhlmann: Was ist denn als allererstes zu tun, wenn jemand seinen Anspruch geltend machen will?
Schön: Wir raten den Fluggästen immer, dass sie erst mal selbst aktiv werden und einen Brief schreiben an die Airline, hier an die Lufthansa, und ihren Ausgleichsanspruch geltend machen. Wenn die Airline dann nicht zahlt, dann muss man sich Hilfe holen, und da kann man sich zunächst mal kostenlos an die Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr wenden. Das ist etwas, was sehr sinnvoll ist. Aber diejenigen, die jetzt da nicht großartig selbst schreiben wollen, oder auf die Schlichtungsstelle warten wollen, die können sich auch an die Fluggasthelfer wenden.
Kuhlmann: Wie läuft denn so ein Verfahren über die Rechtsdienstleisterportale praktisch ab?
Schön: Das ist bei allen Portalen eigentlich ganz ähnlich. Man besucht die Webseite des jeweiligen Portals und gibt dort seine Flugdaten ein, und dann wird in einer ersten Prüfung untersucht, anhand der Wetterdaten und der Airline und der Flugdaten, ob hier tatsächlich ein Ausgleichsanspruch besteht und in welcher Höhe. Und wenn der besteht, dann unterbreitet der Fluggasthelfer ein Angebot, und man muss dann eine Vollmacht erteilen oder die Forderung verkaufen.
Kuhlmann: Und bezahlen lässt sich dieser Anbieter das aber auch?
Schön: Ja, selbstverständlich. Das sind keine klassischen Verbraucherschützer, die staatlich subventioniert sind, sondern das sind Unternehmen, die damit Geld verdienen. Das muss man wissen. Die verlangen zwischen 30 Prozent, muss man rechnen bei den Inkasso-Dienstleistern, und etwas mehr bei den Sofortentschädigern.
"Diese Portale sind relativ effektiv"
Kuhlmann: Wo sehen Sie die Vorteile solcher Portale gegenüber dem Einschalten eines Anwalts?
Schön: Diese Portale sind relativ effektiv, weil sie viel Erfahrung haben. Wenn man einen Anwalt beauftragt, dann muss man an einen Anwalt geraten, der sich damit auskennt. Das ist das erste Problem.
Das zweite Problem: Was die Rechtsdienstleister lösen ist, dass der Verbraucher erst mal kein Risiko hat, sondern er lässt den Fluggasthelfer erst mal machen und wenn der Fluggasthelfer keinen Erfolg hat, dann muss der Verbraucher auch nichts zahlen. Das heißt, man zahlt wirklich erst dann, wenn der Fluggasthelfer Erfolg hat, und das ist natürlich schon ein Vorteil gegenüber dem Anwalt.
Kuhlmann: Wie lange nach dem ausgefallenen Flug steht Betroffenen dieser Weg offen?
Schön: Diese Ansprüche auf Ausgleichszahlung verjähren in Deutschland nach drei Jahren, und zwar immer zum Jahresende, immer zum 31. 12.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.