Burkhard Birke: Es klingt makaber: Pünktlich zum Welternährungstag gestern rief die Regierung Malawis den Notstand aus, wegen akuter Lebensmittelnot. Fünf Millionen Menschen sind in dem Ostafrikanischen Land von dem Hungertod bedroht. In diesem Jahr sind nach UN-Angaben bereits 6,2 Millionen Menschen an Hunger gestorben. Unterernährung sei für mehr Tote verantwortlich als die Krankheiten Aids, Malaria und Tuberkulose zusammengenommen. Das erklärte jedenfalls der Direktor des Welternährungsprogramms, James Morris, neulich in Genf. Was tun? Diese Frage wollen wir heute, am internationalen Tag für die Beseitigung der Armut, mit Manfred Hochwald erörtern, er ist der stellvertretende Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, einen schönen guten Morgen.
Manfred Hochwald: Guten Morgen.
Birke: Herr Hochwald, laut UN leiden derzeit 850 Millionen Menschen an Unterernährung, drei viertel davon in Afrika. Leisten die Industriestaaten zu wenig, und/oder die falsche Entwicklungshilfe?
Hochwald: Das ist ein Fragenkomplex, der so einfach gar nicht zu beantworten ist mit einem Satz. Ich denke, auf der einen Seite ist es wichtig und richtig, dass zum Welternährungstag oder in dieser Woche diesem Thema eine höhere Aufmerksamkeit auch in den Medien geschenkt wird diesem Thema. Sie sagten es sind 840/850 Millionen Menschen die hungern und bitter arm sind, eine Milliarde Menschen muss mit einem US Dollar pro Tag auskommen, das muss man sich mal vorstellen. Das sind Zahlen, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und ich denke auch bei dem Beispiel von Malawi, was Sie nannten, so wichtig und richtig die humanitäre Nothilfe in besonderen Zeiten ist, ob das jetzt beim Tsunami war oder immer noch ist, in der Sahel-Zone oder in Pakistan, in Zentralamerika, wir müssen immer sehen dabei, das ist kurzfristig und diese Nothilfe, die hilft wirklich nur, die unmittelbare Not zu beseitigen und ist für Entwicklung nicht ausreichend.
Birke: Sprechen wir, Herr Hochwald, dann über die Entwicklungshilfe. Wie muss die ausgerichtet sein und ist sie wirklich richtig finanziert, denn nur fünf Länder erfüllen ja ohnehin die bescheidene Zielvorgabe von 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes an Entwicklungshilfe.
Hochwald: Auch das ist richtig. Wissen Sie, wir sind jetzt in Deutschland bei nur 0,27/0,28 und wollen auf die 0,7 hin. Nur, ich meine, das ist in Zeiten knapper Kassen nicht einfach. Ob das richtig finanziert ist und wie auch das Zusammenspiel von allen Beteiligten ist, auch da sind wichtige Fragen. Wo soll die Entwicklungshilfe sich hin orientieren? Es ist eine Menge Geld in die Entwicklungsländer geflossen, auch nach Afrika und was vielfach als Allheilmittel in den Medien steht oder was vielfach auch so gepriesen wird, ob das jetzt die Globalisierung ist oder ob das der Abbau der Subventionen in der westlichen Landwirtschaft ist, da muss man ganz genau hinterfragen, wem kommt das denn zugute. Und ich denke, wenn wir wirklich von diesen Massen von Hungernden reden, dann müssen wir bei denen ansetzten und das geht nicht oben nach unten über Regierungskanäle. Ich denke, die Entwicklungspolitik muss sich in Zukunft mehr auf die Menschen auf dem Lande konzentrieren. Das hat man in der Vergangenheit nicht so getan.
Birke: Versickert immer noch zu viel Geld in der Korruption?
Hochwald: Mit Sicherheit auch, mit Sicherheit auch und wir müssen auch in Zeiten knapper Kassen fragen, wo gehen die Gelder hin, wenn wir in Afrika zum Beispiel über Basket-Founding reden, wenn Regierungen in einen Entwicklungskorb jeder seinen Teil reinbringen soll und die Länder sollen das dann durchführen alleine, wenn wir von Budgethilfen reden, die diese Länder brauchen - die Länder brauchen diese Budgethilfen, das ist absolut keine Frage - nur was passiert dann damit? Sind die Länder schon so weit, dass sie dieses so umsetzten können, dass den armen Menschen in ihrem Lande in Richtung einer Entwicklung geholfen wird und da sind große Fragezeichen.
Birke: Müssen denn die Europäer ihre Agrarpolitik anders ausrichten? Es wird ja gerade im Zuge der Welthandelsorganisation auch noch mal um den Abbau der Agrarsubventionen gestritten und verhandelt auch zwischen den USA, die ja mittlerweile einen Vorschlag auf den Tisch gelegt haben.
Hochwald: Die Streichung der Agrarsubventionen, das wird politisch gar nicht so einfach sein. Fakt ist, die Bauern der westlichen Welt und die Bauern, ich nenne sie Bauern, in den Entwicklungsländern kämpfen mit unterschiedlichen Waffen an unterschiedlichen Fronten. Nur, auch wenn wir jetzt meinen, die Streichung der Subventionen wäre ein Allheilmittel, dann müssen wir uns hinterfragen, wer profitiert von diesen Subventionen in den Entwicklungsländern? Das sind mit Sicherheit nicht die Massen der Kleinbauern, die einen halben Hektar haben, die einen Hektar haben wenn es viel ist, und die aber trotzdem in ihrer Masse zu einem hohen Prozentsatz die Bevölkerung ihres Landes mit Grundnahrungsmittel versorgen. Die profitieren mit Sicherheit nicht davon, das sind Großbetriebe, die international exportieren. Die haben in erster Linie etwas davon.
Birke: Geholfen werden soll ja insbesondere auch den Familien, den kleinen Bauern, Hilfe zur Selbsthilfe heißt es in der Theorie so schön. Schenkt man einem Menschen einen Fisch, dann isst er an einem Tag, bringt man ihm das Fischen bei, dann isst er immer. Wie kann man denn 850 Millionen hungernden Menschen beibringen, sich selbst zu ernähren?
Hochwald: Das ist das Beibringen nicht, das Beibringen können die im Prinzip. Wir müssen nur auf der internationalen Ebene den Rechten, den Interessen, den Bedürfnissen von den armen Menschen wesentlich mehr ernsthafte Aufmerksamkeit schenken, als es bisher der Fall ist. Es ist gut und schön in Notzeiten, in Krisenzeiten, in Katastrophenzeiten zu helfen. Wir sehen jetzt Pakistan. Das ist ein fürchterliches Ereignis. Zentralamerika, wo es geregnet hat, der Herr weiß woher, das fällt hier bei dieser Diskussion fast runter. Von der Tsunami-Katastrophe redet kaum noch jemand. Von der Krise im Sahel, jetzt kommt Malawi dazu, da redet auch niemand mehr. Von diesen Katastrophen, die wir sehen, das ist die Spitze des Eisberges und da wird geholfen, da wird unter Umständen auch rasch geholfen. Nur, wenn die Kameras aus sind, und wenn die Mikrophone weg sind, dann geht wieder das alte Spiel von vorne los. Was da gebraucht wird, ist eine Stetigkeit, ist eine Langfristigkeit. Eine Entwicklungshilfe, eine Entwicklungspolitik, die kann nicht nur von heute auf morgen gelten, die muss über Jahre hinaus gelten. Und da gilt es insbesondere bei den kleinen Leuten, bei den kleinen Bauern in den Ländern anzusetzen.
Birke: Ihre Organisation, die deutsche Welthungerhilfe, versucht ja gerade auf der unteren, auf der lokalen Ebene, die Entwicklungshilfe voran zu treiben. Wie schaffen Sie es denn, den Kontakt herzustellen, ohne jetzt in dieses Netzwerk korrupter Regierungen und Behörden zu fallen?
Hochwald: Wir sind in vielen Ländern registriert als internationale Organisation. Wir haben damit das Recht und die Gelegenheit eigene Projekte durchzuführen in Abstimmung mit den Behörden, aber nicht über die Kanäle von Behörden und Regierungsinstanzen, so dass wir unmittelbar Zugang zu den, ich nenne sie "richtigen" in Anführungszeichen, armen Menschen haben, mit denen wir zusammen planen können, die Partnerorganisationen in diesen Ländern haben, die sich um deren Belange kümmern, wenn wir mal nicht mehr da sind und das funktioniert ganz gut. Das sind kleinen Inseln und es sind aber auch große Inseln, wo es große und wo es gute Erfolge gibt.
Birke: Das war Manfred Hochwald, der stellvertretende Generalsekretär der deutschen Welthungerhilfe, heute anlässlich des internationalen Tages zur Bekämpfung der Armut. Vielen Dank für dieses Gespräch, auf Wiederhören.
Hochwald: Gerne.
Manfred Hochwald: Guten Morgen.
Birke: Herr Hochwald, laut UN leiden derzeit 850 Millionen Menschen an Unterernährung, drei viertel davon in Afrika. Leisten die Industriestaaten zu wenig, und/oder die falsche Entwicklungshilfe?
Hochwald: Das ist ein Fragenkomplex, der so einfach gar nicht zu beantworten ist mit einem Satz. Ich denke, auf der einen Seite ist es wichtig und richtig, dass zum Welternährungstag oder in dieser Woche diesem Thema eine höhere Aufmerksamkeit auch in den Medien geschenkt wird diesem Thema. Sie sagten es sind 840/850 Millionen Menschen die hungern und bitter arm sind, eine Milliarde Menschen muss mit einem US Dollar pro Tag auskommen, das muss man sich mal vorstellen. Das sind Zahlen, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und ich denke auch bei dem Beispiel von Malawi, was Sie nannten, so wichtig und richtig die humanitäre Nothilfe in besonderen Zeiten ist, ob das jetzt beim Tsunami war oder immer noch ist, in der Sahel-Zone oder in Pakistan, in Zentralamerika, wir müssen immer sehen dabei, das ist kurzfristig und diese Nothilfe, die hilft wirklich nur, die unmittelbare Not zu beseitigen und ist für Entwicklung nicht ausreichend.
Birke: Sprechen wir, Herr Hochwald, dann über die Entwicklungshilfe. Wie muss die ausgerichtet sein und ist sie wirklich richtig finanziert, denn nur fünf Länder erfüllen ja ohnehin die bescheidene Zielvorgabe von 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes an Entwicklungshilfe.
Hochwald: Auch das ist richtig. Wissen Sie, wir sind jetzt in Deutschland bei nur 0,27/0,28 und wollen auf die 0,7 hin. Nur, ich meine, das ist in Zeiten knapper Kassen nicht einfach. Ob das richtig finanziert ist und wie auch das Zusammenspiel von allen Beteiligten ist, auch da sind wichtige Fragen. Wo soll die Entwicklungshilfe sich hin orientieren? Es ist eine Menge Geld in die Entwicklungsländer geflossen, auch nach Afrika und was vielfach als Allheilmittel in den Medien steht oder was vielfach auch so gepriesen wird, ob das jetzt die Globalisierung ist oder ob das der Abbau der Subventionen in der westlichen Landwirtschaft ist, da muss man ganz genau hinterfragen, wem kommt das denn zugute. Und ich denke, wenn wir wirklich von diesen Massen von Hungernden reden, dann müssen wir bei denen ansetzten und das geht nicht oben nach unten über Regierungskanäle. Ich denke, die Entwicklungspolitik muss sich in Zukunft mehr auf die Menschen auf dem Lande konzentrieren. Das hat man in der Vergangenheit nicht so getan.
Birke: Versickert immer noch zu viel Geld in der Korruption?
Hochwald: Mit Sicherheit auch, mit Sicherheit auch und wir müssen auch in Zeiten knapper Kassen fragen, wo gehen die Gelder hin, wenn wir in Afrika zum Beispiel über Basket-Founding reden, wenn Regierungen in einen Entwicklungskorb jeder seinen Teil reinbringen soll und die Länder sollen das dann durchführen alleine, wenn wir von Budgethilfen reden, die diese Länder brauchen - die Länder brauchen diese Budgethilfen, das ist absolut keine Frage - nur was passiert dann damit? Sind die Länder schon so weit, dass sie dieses so umsetzten können, dass den armen Menschen in ihrem Lande in Richtung einer Entwicklung geholfen wird und da sind große Fragezeichen.
Birke: Müssen denn die Europäer ihre Agrarpolitik anders ausrichten? Es wird ja gerade im Zuge der Welthandelsorganisation auch noch mal um den Abbau der Agrarsubventionen gestritten und verhandelt auch zwischen den USA, die ja mittlerweile einen Vorschlag auf den Tisch gelegt haben.
Hochwald: Die Streichung der Agrarsubventionen, das wird politisch gar nicht so einfach sein. Fakt ist, die Bauern der westlichen Welt und die Bauern, ich nenne sie Bauern, in den Entwicklungsländern kämpfen mit unterschiedlichen Waffen an unterschiedlichen Fronten. Nur, auch wenn wir jetzt meinen, die Streichung der Subventionen wäre ein Allheilmittel, dann müssen wir uns hinterfragen, wer profitiert von diesen Subventionen in den Entwicklungsländern? Das sind mit Sicherheit nicht die Massen der Kleinbauern, die einen halben Hektar haben, die einen Hektar haben wenn es viel ist, und die aber trotzdem in ihrer Masse zu einem hohen Prozentsatz die Bevölkerung ihres Landes mit Grundnahrungsmittel versorgen. Die profitieren mit Sicherheit nicht davon, das sind Großbetriebe, die international exportieren. Die haben in erster Linie etwas davon.
Birke: Geholfen werden soll ja insbesondere auch den Familien, den kleinen Bauern, Hilfe zur Selbsthilfe heißt es in der Theorie so schön. Schenkt man einem Menschen einen Fisch, dann isst er an einem Tag, bringt man ihm das Fischen bei, dann isst er immer. Wie kann man denn 850 Millionen hungernden Menschen beibringen, sich selbst zu ernähren?
Hochwald: Das ist das Beibringen nicht, das Beibringen können die im Prinzip. Wir müssen nur auf der internationalen Ebene den Rechten, den Interessen, den Bedürfnissen von den armen Menschen wesentlich mehr ernsthafte Aufmerksamkeit schenken, als es bisher der Fall ist. Es ist gut und schön in Notzeiten, in Krisenzeiten, in Katastrophenzeiten zu helfen. Wir sehen jetzt Pakistan. Das ist ein fürchterliches Ereignis. Zentralamerika, wo es geregnet hat, der Herr weiß woher, das fällt hier bei dieser Diskussion fast runter. Von der Tsunami-Katastrophe redet kaum noch jemand. Von der Krise im Sahel, jetzt kommt Malawi dazu, da redet auch niemand mehr. Von diesen Katastrophen, die wir sehen, das ist die Spitze des Eisberges und da wird geholfen, da wird unter Umständen auch rasch geholfen. Nur, wenn die Kameras aus sind, und wenn die Mikrophone weg sind, dann geht wieder das alte Spiel von vorne los. Was da gebraucht wird, ist eine Stetigkeit, ist eine Langfristigkeit. Eine Entwicklungshilfe, eine Entwicklungspolitik, die kann nicht nur von heute auf morgen gelten, die muss über Jahre hinaus gelten. Und da gilt es insbesondere bei den kleinen Leuten, bei den kleinen Bauern in den Ländern anzusetzen.
Birke: Ihre Organisation, die deutsche Welthungerhilfe, versucht ja gerade auf der unteren, auf der lokalen Ebene, die Entwicklungshilfe voran zu treiben. Wie schaffen Sie es denn, den Kontakt herzustellen, ohne jetzt in dieses Netzwerk korrupter Regierungen und Behörden zu fallen?
Hochwald: Wir sind in vielen Ländern registriert als internationale Organisation. Wir haben damit das Recht und die Gelegenheit eigene Projekte durchzuführen in Abstimmung mit den Behörden, aber nicht über die Kanäle von Behörden und Regierungsinstanzen, so dass wir unmittelbar Zugang zu den, ich nenne sie "richtigen" in Anführungszeichen, armen Menschen haben, mit denen wir zusammen planen können, die Partnerorganisationen in diesen Ländern haben, die sich um deren Belange kümmern, wenn wir mal nicht mehr da sind und das funktioniert ganz gut. Das sind kleinen Inseln und es sind aber auch große Inseln, wo es große und wo es gute Erfolge gibt.
Birke: Das war Manfred Hochwald, der stellvertretende Generalsekretär der deutschen Welthungerhilfe, heute anlässlich des internationalen Tages zur Bekämpfung der Armut. Vielen Dank für dieses Gespräch, auf Wiederhören.
Hochwald: Gerne.