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Equal Pay Day
"Gehälter sind Privatsache"

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion Joachim Pfeiffer hat sich gegen ein Gesetz für Lohngleichheit ausgesprochen. Frauen würden bei gleicher Arbeit nicht diskriminiert, sagte er im Deutschlandfunk. Die Lohnlücke, auf die der Equal Pay Day ziele, habe andere Ursachen.

Joachim Pfeiffer im Gespräch mit Sandra Schulz | 20.03.2015
    Joachim Pfeiffer, der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, am Rednerpult im Bundestag
    Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion (dpa / Christoph Schmidt)
    Der CDU-Politiker sagte im Deutschlandfunk, Gehälter seien Privatsache und ihre Offenlegung könne den Betriebsfrieden in Unternehmen stören. Zudem seien vermeintlich große Lohnunterschiede vor allem auf unterschiedliche Erwerbsbiografien von Männern und Frauen zurückzuführen. Pfeiffer betonte, man müsse das Problem strukturell angehen, indem man etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch weiter verbessere. Zudem müsse man Mädchen fördern und ermutigen, in Naturwissenschaft und Technik zu gehen statt in soziale Berufe.
    Mit der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern befasst sich am heutigen Equal Pay Day auch der Bundestag. Die Linken-Fraktion fordert in einem Antrag gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.

    Das Interview in voller Länge:
    Sandra Schulz: Manche Männer wissen vielleicht auf Anhieb gar nicht, worum es geht. Sie betrifft es ja auch nicht, rein statistisch gesehen. Equal Pay, also die gleiche Bezahlung, die Forderung kommt in aller Regel von Frauen, denn auch im 21. Jahrhundert sind Frauen in Deutschland im Schnitt schlechter bezahlt als Männer, auch wenn sie die gleiche Ausbildung und den gleichen Job haben.
    Das will Bundesfrauenministerin Schwesig mit einem Gesetzesvorhaben für mehr Transparenz jetzt ändern und wirbt für ihre Pläne am heutigen Equal Pay Day.
    Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, das hat ausgerechnet, dass Frauen bei vergleichbarer Tätigkeit und äquivalenter Qualifikation circa sieben Prozent weniger verdienen als Männer. Das ist diese statistisch nicht zu erklärende Lücke. Darum habe ich vor der Sendung den Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Wirtschaftsausschuss, Joachim Pfeiffer, gefragt, ob die Koalition jetzt gegen diesen Lohnunterschied angeht.
    Joachim Pfeiffer: Der Equal-Pay-Day, der ja begangen wird, vermittelt aus meiner Sicht leider den falschen Eindruck. Er versucht ja zu suggerieren, dass Frauen vorwiegend, obwohl es ja nicht nur Frauen trifft, bei gleicher Arbeit aufgrund des Geschlechtes diskriminiert werden und unterschiedlich bezahlt werden würden. Das stimmt ja so nicht. Es werden ja da Äpfel mit Birnen verglichen.
    Es geht ja nicht um gleiche Arbeit, sondern es geht darum, dass, wenn man unbereinigt dieses betrachtet, es eine vermeintliche Lohnlücke zwischen Frauen und Männern gibt, die sich aber erklären lässt dadurch, dass Frauen und Männer nicht ungleich behandelt werden für die gleiche Arbeit, sondern dass die Erwerbsbiografien ganz anders sind.
    Schulz: Herr Pfeiffer, wir haben die Zahlen ja gerade noch mal gehört, und wir haben auch gehört, es bleibt diese Lücke von sieben Prozent, so wie gesagt, vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Das Institut ist ja der Bundesagentur für Arbeit untergeordnet. Die Zahlen sind falsch?
    Pfeiffer: Die Zahlen, die mir vorliegen - es gibt ja diese unbereinigten Fälle von 22 Prozent, und dann gibt es in der Tat, wenn Sie die Erwerbsbiografien, Merkmal des Arbeitsplatzes, Arbeitszeit und so weiter berücksichtigen, dann gibt es hier eine Lohnlücke von sieben Prozent. Werden aber dann noch Erwerbsunterbrechungen berücksichtigt, familienbedingte Auszeiten beispielsweise, dann schrumpft der Wert auf unter zwei Prozent, zwischen 1,6 und 1,9, und das zeigt dann doch, dass da keine so große Lücke vorhanden ist.
    Schulz: Wenn Sie unsere Zahlen anzweifeln, dann sagen Sie doch, welche Quelle haben Sie, welche Zahlen liegen Ihnen vor?
    Pfeiffer: Das ist das IDW aus Köln, das Institut der Deutschen Wirtschaft.
    "Wir brauchen da kein Gesetz"
    Schulz: Okay. Dann stehen da Zahlen gegeneinander. Aber nach beiden Aussagen gibt es ja eine Lohndifferenz. Da würde ich jetzt gerne noch mal zurückkommen auf meine Eingangsfrage. Gehen Sie diese Lohndifferenz, diesen Lohnunterschied denn jetzt an?
    Pfeiffer: Ja. Aber ich glaube, ein Gesetz, was hier wirklich wieder in das private eingreift und der Staat meint, er muss dort jedes Detail vorschreiben, das halte ich, ehrlich gesagt, an dieser Stelle für nicht gerechtfertigt und für das falsche Instrument.
    Ich persönlich bin der Meinung, wir brauchen da kein Gesetz und schon gar nicht, dass hier die Löhne offengelegt werden müssen. Das ist eigentlich eine Privatsache. Ich glaube, wir müssen viel breiter ansetzen, beispielsweise bei der Frauenförderung, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch weiter verbessert wird und dass wir vor allem auch junge Mädchen, junge Frauen anreizen, beispielsweise in die MINT-Berufe, Naturwissenschaften und Technik zu gehen, die ja in aller Regel beispielsweise besser bezahlt sind, und dann wird sich diese Lücke automatisch schließen. Man wird dieses nicht durch Gesetz schließen können. Und wie gesagt, die Lücke ist aus meiner Sicht sehr, sehr überschaubar und rechtfertigt keineswegs einen gesetzlichen Eingriff.
    Schulz: Das würde ich von Ihnen auch gerne gleich noch ein bisschen konkreter wissen. - Ich muss Ihnen jetzt noch mal mit Zahlen kommen, weil Sie sagen, diese Lücke, die sei nicht so relevant. Es gibt Zahlen, da sind diese Effekte, die Sie gerade sagen, schlechter bezahlte Berufe und so weiter, schon rausgerechnet. Es gibt eine Studie von der Böckler-Stiftung, eine Umfrage unter Vollzeitbeschäftigten, die sagt, dass weibliche Versicherungskaufleute im Schnitt 28 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, Filialleiterinnen 20 Prozent weniger, Köchinnen 17 Prozent weniger. Wie, wenn nicht mit einem Gesetz, wollen Sie daran was ändern?
    Pfeiffer: Wie gesagt: Die Zahlen, die mir vorliegen, sagen was anderes und ich glaube, ein Gesetz sollte immer die letzte Möglichkeit sein. Und ein Gesetz - das zeigt sich ja auch bei der Frauenquote, was wir jetzt hatten, und andere Dinge mehr - führt immer dazu, dass es zu Bürokratie kommt, dass es Eingriffe in die Privatsphäre darstellt und anderes mehr. Ich halte ein Entgelt-Gleichheitsgesetz, was hier vermeintlich dann ein Problem adressiert oder behebt, das in der Sache gar nicht so vorhanden ist, wirklich für völlig falsch, sondern ich glaube, man sollte an den strukturellen Bereichen ansetzen, wo man die durchaus objektiv vorhandenen Unterschiede zwischen Frauen und Männern, die es auch heute noch gibt, dann ausgleicht.
    Und es ist doch ein großes Problem, dass Frauen heute in vielen Branchen die sind, die von Haus aus schlechter bezahlt werden: im sozialen Bereich. Und wenn Sie in die Naturwissenschaften gehen, wenn Sie in die Technik gehen, dann löst sich dieses auf, und wenn Sie unsere demografische Entwicklung sehen, dann brauchen wir heute jeden und zukünftig noch mehr denn je, und dann, glaube ich, ist über Qualifikation und über Rahmenbedingungen viel mehr zu holen und viel mehr zu verbessern als über ein vermeintliches Gesetz und ein Eingreifen des Staates, was hier wieder Gleichheit schaffen will, wo es gar keinen Sinn macht.
    Schulz: Wenn dieses Problem so nicht existiert, warum haben Sie denn dann in den Koalitionsvertrag reingeschrieben, Sie mit Ihrem Koalitionspartner SPD, die Koalitionspartner sind sich einig, dass die bestehende Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen nicht zu akzeptieren ist?
    Pfeiffer: Ja! Ein Koalitionsvertrag hat, glaube ich, auch keinen Anspruch, dass er hier die Bibel ist und für alle Fragen und alle Probleme die richtige Antwort hat.
    In dem Koalitionsvertrag stehen manche Dinge, die, glaube ich, aus heutiger Sicht überholt sind. Deshalb sollten wir auch die Kraft haben, den Koalitionsvertrag an den Stellen, wo er nicht mehr in die Zeit passt, zu ändern.
    "Man muss doch nicht alles über den Staat regeln"
    Schulz: Sie sagen, das gibt es nicht, Frauen, die mit gleicher Qualifikation und im gleichen Job schlechter bezahlt sind als Männer. Warum soll man es dann nicht transparent machen? Wenn es diese Lohnunterschiede und diese Diskriminierung nicht gibt, dann haben die Unternehmen doch davon eigentlich auch nichts zu befürchten.
    Pfeiffer: Ich glaube aber, dass letztlich auch Löhne und Gehälter auch Privatsachen sind. Ich halte nichts davon, das stört doch auch den Betriebsfrieden. Das trägt doch auch in die Betriebe dann entsprechend Misstrauen und Missgunst. Und ich glaube, dass es auch eine Souveränität ist, dass der Einzelne mit seinem Arbeitgeber und der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer dann auch Vereinbarungen trifft über Löhne und Gehälter. Das kann man ja auch nicht alles über einen Kamm scheren.
    Es gibt Bereiche, die sind tariflich geregelt. Da ist sehr klar nachvollziehbar, was der Einzelne bekommt, wo es vom Alter, vom Leistungsvermögen und von der Qualifikation abhängt. Es gibt aber auch Dinge, wo es frei vereinbart ist, und das muss doch den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern frei überlassen werden, was sie da vereinbaren, und nicht wiederum alles staatliche geregelt werden. Und das, was mich absolut stört, dass der Staat, die Politik immer meint, sie müsste in jeden Lebensbereich der Menschen eingreifen. Lassen wir doch da auch Subsidiarität und die Freiheit, dass die Menschen die Dinge auch selber für sich regeln. Man muss doch nicht alles über den Staat regeln.
    Schulz: Glauben Sie denn nicht, dass ungleiche Bezahlung den Betriebsfrieden auch gefährden kann?
    Pfeiffer: Ja. Aber ich habe Ihnen versucht, anhand von Zahlen und auch von Fakten nachzuweisen, dass dieses Ungleichgewicht oder diese Lücke, die da vermeintlich immer beschrieben wird, eigentlich gar nicht so groß ist, und da halte ich das Instrument, hier gesetzlich einzugreifen, für absolut unangemessen gegenüber dem Problem, was es dort gibt.
    Schulz: Okay. Die Frauenministerin Schwesig, die will ja einen entsprechenden Gesetzentwurf ausarbeiten und vorlegen. Das heißt, die werden Sie als Union dann ausbremsen?
    Pfeiffer: Frau Schwesig ist aufgerufen, hier jetzt was vorzulegen. Das sollte aber mit Sinn und mit Maß und Verstand geschehen. Und das, was sie bisher vorgeschlagen hat, das sieht für uns so unvernünftig aus.
    Schulz: Aus Sicht der Union sollte alles so bleiben wie es ist?
    Pfeiffer: Ich sage nicht, dass das alles so bleiben soll wie es ist. Ich sage, dass wir mit anderen Instrumenten versuchen, die Ungleichgewichte, die es da durchaus noch gibt, zu beheben, indem wir beispielsweise Naturwissenschaft und Technikberufe attraktiver gestalten. Das beginnt in der Schule, das beginnt dann im Studium, dass junge Mädchen, junge Frauen auch solche Berufe wählen, wo es von der Struktur her auch schon bessere Bezahlung gibt, und dann verschwinden die vermeintlichen Ungleichgewichte dort von selber. Da brauchen wir kein Gesetz.
    Schulz: Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.