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"Er ist unser Präsident"

Thomas R. Spencer, Anwalt und Freund von George W. Bush, ist stolz auf den neuen US-Präsidenten Barack Obama. Es spiele keine Rolle, ob er Demokrat oder Republikaner, schwarz oder weiß sei: Er sei der Präsident aller Amerikaner. Nach weit mehr als 100 Jahren sei der Bürgerkrieg in den USA nun endgültig vorbei, bekräftigte Spencer.

Thomas R. Spencer im Gespräch mit Bettina Klein |
    Bettina Klein: Er war Wahlbeobachter in Florida im Jahre 2000, er hat als Anwalt mit dafür gesorgt, dass der nun ehemalige US-Präsident George W. Bush damals mit gerichtlicher Unterstützung ins Amt kam und dort blieb, und er ist nicht zuletzt ein persönlicher Freund von Bush. Thomas Spencer haben wir gestern in Miami erreicht und ich habe ihn gefragt, was ihm eigentlich angesichts der Amtseinführung von Barack Obama durch den Kopf geht.

    Thomas R. Spencer: Als Republikaner bin ich stolz - ein unglaublicher Prozess ist hier im Gange - Unser Land hat Barack Obama gewählt - es ist ein großartiger Tag, das zu feiern und zu hundert Prozent hinter ihm zu stehen, mit allem was wir haben, und wir müssen die Probleme angehen, vor denen wir stehen.

    Klein: Zu hundert Prozent hinter ihm stehen, sagen Sie. Der erste neue afroamerikanische Präsident ist allerdings ein Demokrat. Spielt das für Sie keine Rolle?

    Spencer: Nein. Zuerst mal war ich viele Jahre lang selber Demokrat, bevor Ronald Reagan Präsident wurde. Also war ich Mitglied beider politischer Parteien. Und es spielt keine Rolle für mich, ob er Demokrat oder Republikaner ist, schwarz oder weiß, Afroamerikaner oder nicht. Er ist unser Präsident. Seine Wahl bringt so viel Gutes mit sich, dass ich mich und viele andere Republikaner auf das Positive konzentrieren wollen und darauf, dass die Probleme gelöst werden. Einer der großen Vorteile von Barack Obamas Wahl ist, dass nach weit mehr als 100 Jahren der Bürgerkrieg in den USA endgültig vorbei ist - und das können wir feiern und ich habe viele schwarze Freunde, die sehr stolz sind, und das sollten sie auch!

    Klein: Sie sind ein persönlicher Freund von George W. Bush. Wissen Sie, wie er sich dieser Tage fühlt?

    Spencer: Ich habe mit ihm oder seinem Vater oder seinem Bruder jetzt nicht gesprochen - ich werde das in den nächsten Monaten tun. Aber so weit ich ihn kenne, ist er stolz wegen dieser Entwicklungen hier - und auch die Tatsache, dass diese ganze Verantwortung von seinen Schultern genommen ist. Das ist eine unglaubliche Last, - und es gibt nicht viele Menschen, die das tragen wollen. Das geht jetzt auf Mr. Obama und sein Team über und Bush kann jetzt wieder ein bisschen Privatmensch sein und hoffentlich den Rest seines Lebens genießen.

    Klein: Sie haben mir neulich erzählt, obwohl Sie ein Freund von Bush sind, könnten Sie verstehen, dass viele Menschen in der Welt zufrieden darüber sind, dass seine Zeit als Präsident vorbei ist. Weshalb können Sie das verstehen?

    Spencer: Sein Stil und die ganzen Umstände haben viele in der Welt beleidigt. Es gab negative Auswirkungen in vielen Teilen der Welt und wir müssen jetzt einfach ein neues Kapitel aufschlagen. Die Vereinigten Staaten und besonders die Führung durch Bush waren sehr aggressiv, viele in der Welt haben das nicht verstanden, waren anderer Meinung und haben das nicht geschätzt. Nun blättern wir die Seite um. Obama hat einen völlig anderen Stil und hat die Möglichkeit, neu zu beginnen.

    Klein: Eine wichtige Frage für viele Leute im Augenblick und wohl auch für die künftige Obama-Regierung: Können wir Bush vor Gericht bringen wegen der Ereignisse in Guantanamo, wegen der ganzen Vorwürfe im Zusammenhang mit Folter? Gibt es aus Ihrer Sicht irgendeine Chance dafür?

    Spencer: Nein! Es wäre ein riesiger Fehler, wenn Leute das versuchen würden. Die Demokraten sind klug genug, das zu wissen. Das würde das Land zerreißen und sie selbst aus dem Amt befördern, innerhalb von zwei Jahren. Aber das wird nicht passieren. Es wird wahrscheinlich sechs Monate viel darüber geredet werden, um den linken Flügel im Land zufriedenzustellen. Aber da wird letztendlich nichts passieren.

    Klein: Weshalb wäre das so gefährlich nach Ihrer Meinung?

    Spencer: Es würde einen Bürgerkrieg im Land auslösen. Es gibt Millionen von Veteranen und pensionierte Militärs. Ungefähr 30 Prozent der Amerikaner glauben, dass Bush das Richtige getan hat - in jeder Hinsicht. Eine große Zahl und viele haben dazu noch gar nichts gesagt. Es würde einen riesigen Aufruhr im Land geben und der würde sich gegen Obama und die Demokraten richten und auf diese Weise wird er die unglaublich schwierigen Dinge nicht fertig bekommen, die er jetzt angehen muss. Er muss jetzt riesige Lasten schultern, angefangen bei der Wirtschaft bis zur Außenpolitik - wirklich eine Menge!

    Klein: Wie sieht es mit der Zusammenarbeit zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress aus? Inwieweit wird Ihre Partei Obama jetzt unterstützen?

    Spencer: Ich denke, die Republikaner werden ihn anfangs zu 100 Prozent unterstützen - so lange, wie sie glauben, er bewegt sich in eine verantwortungsvolle Richtung und kein radikales Programm verfolgt. Angenommen - und das ist nur ein Beispiel - er würde die Ausgaben für die öffentliche Wohlfahrt dramatisch erhöhen wollen und die Mittelschicht mit mehr Steuern belasten - da werden sie sagen, das tötet unsere Wirtschaft und bringt keine Arbeitsplätze. Er wird das nicht machen. Er ist ein sehr, sehr intelligenter Mann mit einem großartigen Team, er wird da vorsichtig sein.

    Klein: Aber ein neues Konjunkturpaket ist ja in Vorbereitung und die Republikaner werden, wie ich annehme, nicht einfach Ja sagen.

    Spencer: Es hängt davon ab, was in diesem Konjunkturpaket drin sein wird - zum Beispiel nutzlose Wahlgeschenke von Abgeordneten, die nichts mit der allgemeinen Wirtschaft zu tun haben. Dann werden wir allerdings sagen, nein, die Republikaner werden das nicht unterstützen. Aber wenn es darum geht, die Industrie zu erhalten, die Infrastruktur auszubauen, was Arbeitsplätze schafft, dann werden sie es unterstützen. Und wenn sie es nicht machen, dann würden in zwei Jahren eben weniger Republikaner im Kongress sitzen. Die Republikaner gehen da sehr pragmatisch vor. Sie wissen: Die Leute wollen, dass sie etwas tun. Und wenn nicht, dann werden sie bald nicht mehr im Amt sein.

    Klein: Thomas Spencer, republikanischer Anwalt in Florida, zum Amtswechsel im Weißen Haus gestern.