Archiv


"Er ist unverzichtbar"

Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer stellt sich in der Sachsen-LB-Krise hinter seinen Parteivorsitzenden Georg Milbradt. Der Rettungsplan für die Bank wäre ohne die Arbeit Milbradts als Ministerpräsident nicht zu erreichen gewesen, sagte Kretschmer. Die Suche nach Verantwortlichen für die Risikogeschäfte müsse intern in der Bank erfolgen.

Moderation: Sandra Schulz |
    Sandra Schulz: Wenn der Freistaat Sachsen in den vergangenen Monaten in den Schlagzeilen war, dann waren es zumeist keine positiven: angefangen bei der Korruptionsaffäre über das Debakel um den Bau der Elbtalbrücke, die Hetzjagd auf Inder in Mügeln bis zuletzt die grausigen Funde von Baby-Leichen in Plauen. Dies alles überschatten nun die Meldungen über das drohende Aus der Sachsen LB mit milliardenschweren Konsequenzen. Das ist zwar nun abgewendet. In einer Marathonverhandlung hatten Schwaben und Sachsen gestern das Verkaufspaket perfekt gemacht. Darüber hat Georg Milbradt heute Vormittag im Landtag informiert. ( MP3-Audio , Korrespondentengespräch mit Alexandra Gerlach)

    Wir haben es gehört, der Druck auf Georg Milbradt wächst indes. Heinz Eggert, Mitglied der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag, hat das heute Morgen zu relativieren versucht. Nach seiner Meinung stellt sich die Frage wie folgt:

    "Georg, das war es oder das war es nicht, wobei ich davon ausgehe, da er ein sehr verantwortungsvoller Mann ist, dass er dann schon selber darauf kommt, wann er gehen muss oder nicht. Es ist halt oftmals in der Politik so, dass man schuldlos schuldig gehen muss." (Text/ MP3-Audio )

    Und zu dem Thema bin ich jetzt verabredet und telefonisch verbunden mit dem sächsischen CDU-Politiker Michael Kretschmer. Er war früher Generalsekretär seiner Partei im Freistaat. Herr Kretschmer, hält sich Georg Milbradt für unverzichtbar?

    Kretschmer: Er ist unverzichtbar. Das hat er diese Nacht wieder gezeigt. Ohne ihn wäre dieses Ergebnis nicht zu erzielen gewesen. Ich glaube, da sind sich auch alle in Sachsen einig.

    Schulz: Dass Unschuldige schuldig zurücktreten müssen, auf diese Konstellation hat gerade Heinz Eggert angespielt. Ist das eine Lage, in die Georg Milbradt kommen kann?

    Kretschmer: Wichtig ist eins, dass jetzt mal geklärt wird, woran es denn gelegen hat, dass es zu diesen Schwierigkeiten gekommen ist, und dann müssen auch personelle Konsequenzen gezogen werden. Die Staatsregierung hat dazu ja ein Gutachten in Auftrag gegeben. Wirtschaftsprüfer arbeiten derzeit daran. Wenn wir wissen, was konkret dort passiert ist und was die konkreten Gründe sind, dann kann über alles andere weiter gesprochen werden. Aber wir wollen doch erst einmal die zur Verantwortung ziehen, die auch Geld dafür bekommen haben, dieses Geschäft abzuwickeln, und die offenbar versagt haben.

    Schulz: Wer ist das Ihrer Meinung nach?

    Kretschmer: Das ist Aufgabe der Wirtschaftsprüfer. Auf jeden Fall ist das ein Thema intern der Bank, der Abläufe, der Führungspersönlichkeiten dort.

    Schulz: Warum ist das Sache der Wirtschaftsprüfer? Es ist ja nun mal das Konstrukt der Landesbanken, dass auch die Politik über den Verwaltungsrat Verantwortung übernimmt. Georg Milbradt war jahrelang als Finanzminister Sachsens in diesem Gremium vertreten. Warum soll die Verantwortung allein durch Wirtschaftsprüfer sondiert werden und auch im Bereich der Manager liegen?

    Kretschmer: Wir sind da ganz offen, und am Ende wird das Ergebnis, so wie die Wirtschaftsprüfer das bei ihrer Kontrolle feststellen, auch kommuniziert und politisch ausgewertet. Eines muss man wissen: Der Ministerpräsident ist seit 2001 nicht mehr Mitglied in diesen Gremien und hat demzufolge auch keinen direkten und auch keinen indirekten Einfluss auf die Geschäfte genommen. Zu dieser Zeit war die Struktur der Wertpapiere und der Geschäfte auch eine ganz andere, als sie jetzt heute oder vor einem halben Jahr war. Deswegen, es gibt da eine ganze Reihe von Fragen. Die werden jetzt beantwortet, und dann wird auch über Konsequenzen geredet werden müssen.

    Schulz: Wie ist die Veröffentlichungspolitik der sächsischen Staatskanzlei zu bewerten? Es hieß im Sommer, als der Deal bekannt wurde, der Verkauf der sächsischen Landesbank an die Landesbank Baden-Württemberg, mit einem Notverkauf haben wir das Kind aus dem Brunnen geholt. Jetzt gibt es neue Meldungen mit finanziell noch weiter reichenden Konsequenzen. Ist das eine Salamitaktik?

    Kretschmer: Nein. Es ist so, dass wir eine Grundlagenvereinbarung im August abgeschlossen haben, an die sich die Landesbank Baden-Württemberg nicht mehr halten wollte.

    Schulz: Es ist von Vornherein vereinbart worden, so ist es damals auch schon vermeldet worden, dass die Landesbank Baden-Württemberg zunächst die finanziellen Risiken prüfen muss. Das ist nun offenkundig geschehen. Offenkundig hat die Landesbank Baden-Württemberg die Risiken höher eingeschätzt, als vielleicht im August noch angenommen. Ist das der richtige Weg, nun die Schuld nach Schwaben zu schicken?

    Kretschmer: Ich glaube, dass die Interpretation, die Sie gerade vorgenommen haben, nur zum Teil richtig ist. Wir haben einen Grundlagenvertrag, der sagt, beide Banken verschmelzen, und über den Kaufpreis wird entschieden, wenn die Bank bewertet worden ist. Der Zustand, den wir vor einer Woche gehabt haben, ist, dass die Landesbank Baden-Württemberg gesagt hat, sie will dieses Verschmelzen nicht mehr, und sie will ein völlig neues Konstrukt. Sie will quasi alle Risiken abgespalten haben, will nur die Bank an sich übernehmen, und für alles andere muss der Freistaat Sachsen bürgen, also für eine Summe von 40 Milliarden Euro. Es war klar, dass das nicht geht. Wir haben in der letzten Nacht, in den letzten Stunden eigentlich, eine große Bewegung da reinbekommen. Deswegen sage ich noch einmal: Es ist im Wesentlichen Georg Milbradt zu verdanken, und es ist auch diesem Grundlagenvertrag zu verdanken, weil natürlich die Landesbank Baden-Württemberg gewusst hat, dass sie da rechtliche Verpflichtungen eingegangen ist, aus denen sie nicht mehr hinauskommt. Das war auch der Grund, warum die Bank sich jetzt bewegt hat und warum wir jetzt zu einem Ergebnis kommen, mit dem wir in Sachsen - was heißt zufrieden? Zufrieden kann man nicht sein -, aber mit dem wir leben können, was uns vom Risiko her deutlich in eine bessere Situation versetzt als vor einigen Monaten und natürlich auch eine ganz andere Situation ist, wenn man sich fragt, ob die Bank hätte in Konkurs gehen können.

    Schulz: 2,75 Milliarden, das ist ungefähr ein Fünftel des Haushalts des Freistaats Sachsen. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die Bürgschaften - es sind ja bislang nur Bürgschaften - nicht gezogen werden?

    Kretschmer: Das kann man nicht sagen, und wer das beantwortet, der ist auch zum höchsten Maße unseriös. Wir sind diese Bürgschaft eingegangen. Es gab keine andere Variante. Jetzt muss man Folgendes wissen: Der Freistaat Sachsen hat eine sehr solide Finanzpolitik gemacht. Wir haben dieses Jahr einen hohen Finanzüberschuss im Haushalt erwirtschaftet, werden das auch im nächsten Jahr tun. Dieses Ergebnis ist bitter für uns, weil wir natürlich die Überschüsse für Investitionen verwenden wollten, aber es bringt den Freistaat Sachsen nicht um. Andere Länder wären bei so einem Ergebnis in die Knie gegangen; Sachsen nicht. Wir werden das durchstehen, und deswegen sehen wir das natürlich auch alles kritisch, wissen aber ebenso, dass es unter den gegebenen Umständen das bestmögliche Ergebnis ist.

    Schulz: Haben Sie vielen Dank für diese Einschätzungen.