Bettina Klein: Eine hübsche Vorstellung. Politiker XY darf in Zukunft den Publikumsjoker ziehen, wenn er bei einer Frage nicht mehr weiter weiß, während er am Sonntagabend vor Millionen in der Talkshow sitzt. Zugegeben: Das Bild ist nicht mehr ganz originell, aber es drängt sich natürlich auf, wenn Günther Jauch, der unterhaltsame Ratesendungen im Privatfernsehen moderiert, im kommenden Jahr die Sendung von Sabine Christiansen übernimmt. Ob das so kommt, hängt natürlich von dem Konzept ab, das die ARD für die Zukunft der Sendung entwickeln oder entwickeln lassen wird. Das Überdenken eines Konzeptes scheint im Augenblick eh geboten. Insofern passt die Ankündigung der Moderatorin wohl in die Zeit, in der bei den Sendern ohnehin über Schwierigkeiten politischer Talkshows in Zeiten der großen Koalition nachgedacht wird.
Wie also kann der Sonntagabendplatz seine politische Bedeutung und das Zuschauerinteresse beibehalten oder neu gewinnen?
Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Klaudia Wick. Sie ist Autorin, Publizistin, Fernsehkritikerin und Vorsitzende der Jury für den Deutschen Fernsehpreis. Guten Morgen, Frau Wick!
Klaudia Wick: Guten Morgen, Frau Klein!
Klein: Geht die Zeit nicht nur für die Moderatorin, sondern auch für das Format "Sabine Christiansen" zu Ende?
Wick: Ja, ich glaube das ganz sicher. Sie haben ja gesagt, Günther Jauch wird jetzt das Format übernehmen. Ich glaube, dass er den Sendeplatz beerben wird, aber auf keinen Fall das Format. Die Vorstellung, dass mehrere Politiker zusammen sitzen und unter der Leitung einer möglichst diskreten, aber sehr gut vorbereiteten Moderatorin sich miteinander unterhalten, ich glaube, das ist wirklich mit dem Ausscheiden von Sabine Christiansen Geschichte geworden.
Klein: Weshalb? Nur wegen der großen Koalition, wo viele Sender klagen, da kommen gar nicht mehr Leute, die sich streiten wollen, und wenn sie kommen, dann machen sie auf Harmonie. Liegt es nur daran?
Wick: Es liegt nicht nur daran, aber natürlich in erster Linie daran. Sie brauchen für eine Streitsendung auch jemand, der sich streiten will. Wenn die sich irgendwie taktierend einig sind, dann haben sie gar nichts mehr, was sie dem Publikum bieten können.
Es ist aber sicher auch so, dass wir das ja jetzt seit sehr langer Zeit schon haben und auch als Zuschauer ausgereizt haben, was für ein Vergnügen es ist, dabei zuzugucken. Wir kennen jetzt auch die Rituale. Wir wissen, dass sie sich zwar streiten, dass sie sich auch pointiert streiten, aber hinterher dann doch miteinander koalieren. Es ist ja auch so eine gewisse Müdigkeit glaube ich entstanden, dem zuzuhören.
Wenn man einen kleinen sidestep macht: Der ersten, der das ja auch passiert ist, dass die Konjunktur sie sozusagen hinweggefegt hat, war Sandra Maischberger bei NTV. In Zeiten des Booms, wo alle unbedingt Börsennachrichten gucken wollten und alle dachten, so schnell wie möglich informiert zu sein, wäre das Allerwichtigste, hatte so eine Sendung, die einen Politiker aktuell befragt hat, totale Konjunktur. Dann hat man festgestellt, so wichtig ist das auch nicht, dass man das sofort weiß, und schon ist eine sehr gute Moderatorin mit einem im Prinzip sehr guten Format nicht mehr so interessant gewesen.
Klein: Das Format von Sabine Christiansen, Sonntagabend im ARD-Fernsehen, ist natürlich etwas anders. Heißt das, die ARD wird und sollte Ihrer Meinung nach auch darauf verzichten, überhaupt zu versuchen, mit einer solchen Sendung Sonntagabend die politische Agenda in der nächsten Woche mitzubestimmen?
Wick: Nein. Ich glaube nicht, dass sie darauf verzichten sollte, und ich glaube auch nicht, dass sie darauf verzichten wird. Aber sie muss sich überlegen, womit man die politische Agenda jetzt in Zukunft besser bestücken kann. Da ist vielleicht die Besetzung von Günther Jauch ganz gut, weil ich denke, dass die Kontroverse nur noch aus einer Art neuen außerparlamentarischen Opposition kommen wird. Das heißt also wenn wir eine große Koalition haben und die politische Klasse sich untereinander relativ einig ist und die Föderalismusreform trotzdem auf sich warten lässt, dann muss irgendwo durch die Verbraucher, durch die Wirtschaft, durch Einzelschicksale, die man dann konfrontiert mit dem Handeln der politischen Klasse, daraus muss eine Kontroverse entstehen.
Klein: Das heißt, Sie würden der ARD raten, ein Konzept zu entwickeln, wo weniger Politiker vorkommen und mehr der normale Mensch von der Straße?
Wick: Ja. Ich sage jetzt mal etwas, das dürfen Sie nicht falsch verstehen. Es gab etwas an dem alten, sehr erfolgreichen Verbrauchermagazin von Margarethe Schreinemakers in den 90er Jahren, das sehr politisch war. Natürlich war das bei Sat.1 sehr eingekästelt in viel Klamauk, aber es konnte auch wirklich sehr die politische Klasse ärgern. Ich glaube, dass Günther Jauch jemand ist, der das ja auch jetzt schon bei "Stern TV" sehr gut nach vorne bringen könnte und der auch die Popularität hat, dass man wissen will, was er jetzt da bringt. Das könnte eine Politisierung von zum Beispiel Verbraucherthemen sein, von Bürgerthemen sein und wirklich ein ganz anderes Format sein, auch anders als "Hart, aber fair" das macht, weil es sich nicht mehr so darauf konzentrieren müsste, was Politiker dazu sagen.
Klein: Die so genannte Krise der politischen Talkshows, das erlahmende Interesse des Zuschauers, der keine wirklichen Lösungsansätze dort mehr erwartet, diese Krise betrifft doch dann aber auch andere Sendungen wie zum Beispiel "Berlin Mitte", bei denen von anderem Konzept oder anderen Moderatoren nichts zu hören ist?
Wick: Maybrit Illner macht ihre Sache ja seit langem sehr gut, und Menschen, die sich wirklich für die Inhalte interessieren, haben da schon immer lieber hingeguckt. Ich denke mir, ein Format dieser Art kann das deutsche Fernsehen sehr gut gebrauchen. Es ist eben nicht dieser sehr, sehr prominente Platz am Sonntagabend nach dem "Tatort", der die Woche ein bisschen anschiebt, so wie ja die politischen Magazine "Spiegel" und "Focus" auch im Printbereich das ganze immer am Anfang der Woche ein bisschen anschieben. Dahin ist ja jetzt auch der Redaktionsleiter von Sabine Christiansen gegangen. Das heißt, ich glaube, da kann man noch so ein klassisches Format sehr gut vertragen mit den immer geringeren Quoten, als Sabine Christiansen das hatte. Vielleicht wird sie ja ein bisschen zulegen. Aber man braucht jetzt nicht unbedingt noch mehr davon. Ich glaube, die ARD kann sich davon wegentwickeln, ohne dass man das Gefühl hat, da wäre eine große Lücke entstanden.
Klein: Sie haben es gerade schon ein bisschen angedeutet. Ich würde gerne noch mal nachhaken, weshalb sich die ARD jetzt für diesen Nachfolger entschieden hat. Es hätten ja möglicherweise auch eine Reihe von anderen interessierten Moderatoren zur Verfügung gestanden.
Wick: Ja. Ich glaube das ist wirklich ein Sendeplatz. Dafür würde jeder viel tun, damit er den kriegen kann, weil er eben auch ein bisschen diese "Tatort"-Quote mitbringt und man da schon sehr viel falsch machen muss, um nicht doch trotzdem eine gute Quote zu haben. Ich habe Frank Plasberg schon genannt, der ja noch vor kurzem als das Hoffnungstalent und die Allzweckwaffe für die ARD galt. Ich nenne jetzt auch noch mal Sandra Maischberger, die eben bis vor kurzem ja auch politischen Talk gemacht hat und sich jetzt ein bisschen in das Unterhaltsame verabschiedet hat. Das sind immerhin zwei ARD-Gesichter, wo jeder verstanden hätte, wenn der Programmdirektor die beiden gefragt und genommen hätte. Ich glaube wirklich, es soll auch eine Veränderung geben. Es soll ein neues Gesicht sein. Man darf jetzt auch nicht Günther Jauch auf die Quizshow-Ecke schieben, weil er ist ja ausgebildeter politischer Journalist. Er kann das ganz bestimmt. Er könnte auch sofort eine Urlaubsvertretung machen für Sabine Christiansen und dieses Format füllen. Ich glaube aber man will das gar nicht. Man möchte gerne etwas, was mehr eben weg von dem direktpolitischen geht.
Klein: Ein Wort noch zur amtierenden Moderatorin. Einige Kollegen machten sich in den Zeitungen am Wochenende Sorgen, weil die ARD sich zu wenig bedauernd geäußert habe über ihren Weggang, den sie ja von sich aus angekündigt hat. Ist da der eine oder andere Planungsstratege ganz froh, diese Möglichkeit jetzt zu haben, was da im Moment so ein bisschen unkollegial vielleicht erscheint?
Wick: Ja. Richtig nett war das nicht, was die ARD da gemacht hat, mit allem nicht. Aber auch dieses schon jetzt so begeistert den neuen Namen zu nennen, obwohl man noch gar nicht weiß, was man mit dem machen will, das zeigt ja auch, dass man quasi den Sekt aufgemacht hat, dass man jetzt Frau Christiansen los ist und endlich etwas Neues machen kann. Es war immer schon so, dass dieses Format im Haus, in den politischen Redaktionen nicht besonders geliebt war, weil es da nicht angesiedelt war, man keine Kontrolle darüber hatte und Sabine Christiansen ja auch keinen Hehl aus ihrer privaten politischen Meinung gemacht hat und das natürlich auch manchmal problematisch war für die öffentlich-rechtliche Anstalt ARD. Insofern kann man nicht davon ausgehen, dass jetzt noch mal so eine Abschiedstour passieren wird, in der alle, der ganze Sender hinter ihr steht und noch mal große Krokodilstränen weinen werden. Sie ist ja auch gegangen und hat gesagt, jetzt habe ich etwas Besseres. Grundsätzlich geht da eine Ära zu Ende, wo die ARD immer sehr ambivalent war mit dem Erfolg und nicht genau wusste, wie sie damit umgehen sollte. Einerseits ist sie die grande dame des Polittalks, und auf der anderen Seite hat man immer viel Kritik einstecken müssen und war vielleicht selber gar nicht so zufrieden damit.
Klein: Klaudia Wick war das, Autorin, Publizistin, Fernsehkritikerin, Vorsitzende der Jury für den Deutschen Fernsehpreis. Ich danke Ihnen, Frau Wick, für das Gespräch.
Wick: Ich danke Ihnen.
Wie also kann der Sonntagabendplatz seine politische Bedeutung und das Zuschauerinteresse beibehalten oder neu gewinnen?
Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Klaudia Wick. Sie ist Autorin, Publizistin, Fernsehkritikerin und Vorsitzende der Jury für den Deutschen Fernsehpreis. Guten Morgen, Frau Wick!
Klaudia Wick: Guten Morgen, Frau Klein!
Klein: Geht die Zeit nicht nur für die Moderatorin, sondern auch für das Format "Sabine Christiansen" zu Ende?
Wick: Ja, ich glaube das ganz sicher. Sie haben ja gesagt, Günther Jauch wird jetzt das Format übernehmen. Ich glaube, dass er den Sendeplatz beerben wird, aber auf keinen Fall das Format. Die Vorstellung, dass mehrere Politiker zusammen sitzen und unter der Leitung einer möglichst diskreten, aber sehr gut vorbereiteten Moderatorin sich miteinander unterhalten, ich glaube, das ist wirklich mit dem Ausscheiden von Sabine Christiansen Geschichte geworden.
Klein: Weshalb? Nur wegen der großen Koalition, wo viele Sender klagen, da kommen gar nicht mehr Leute, die sich streiten wollen, und wenn sie kommen, dann machen sie auf Harmonie. Liegt es nur daran?
Wick: Es liegt nicht nur daran, aber natürlich in erster Linie daran. Sie brauchen für eine Streitsendung auch jemand, der sich streiten will. Wenn die sich irgendwie taktierend einig sind, dann haben sie gar nichts mehr, was sie dem Publikum bieten können.
Es ist aber sicher auch so, dass wir das ja jetzt seit sehr langer Zeit schon haben und auch als Zuschauer ausgereizt haben, was für ein Vergnügen es ist, dabei zuzugucken. Wir kennen jetzt auch die Rituale. Wir wissen, dass sie sich zwar streiten, dass sie sich auch pointiert streiten, aber hinterher dann doch miteinander koalieren. Es ist ja auch so eine gewisse Müdigkeit glaube ich entstanden, dem zuzuhören.
Wenn man einen kleinen sidestep macht: Der ersten, der das ja auch passiert ist, dass die Konjunktur sie sozusagen hinweggefegt hat, war Sandra Maischberger bei NTV. In Zeiten des Booms, wo alle unbedingt Börsennachrichten gucken wollten und alle dachten, so schnell wie möglich informiert zu sein, wäre das Allerwichtigste, hatte so eine Sendung, die einen Politiker aktuell befragt hat, totale Konjunktur. Dann hat man festgestellt, so wichtig ist das auch nicht, dass man das sofort weiß, und schon ist eine sehr gute Moderatorin mit einem im Prinzip sehr guten Format nicht mehr so interessant gewesen.
Klein: Das Format von Sabine Christiansen, Sonntagabend im ARD-Fernsehen, ist natürlich etwas anders. Heißt das, die ARD wird und sollte Ihrer Meinung nach auch darauf verzichten, überhaupt zu versuchen, mit einer solchen Sendung Sonntagabend die politische Agenda in der nächsten Woche mitzubestimmen?
Wick: Nein. Ich glaube nicht, dass sie darauf verzichten sollte, und ich glaube auch nicht, dass sie darauf verzichten wird. Aber sie muss sich überlegen, womit man die politische Agenda jetzt in Zukunft besser bestücken kann. Da ist vielleicht die Besetzung von Günther Jauch ganz gut, weil ich denke, dass die Kontroverse nur noch aus einer Art neuen außerparlamentarischen Opposition kommen wird. Das heißt also wenn wir eine große Koalition haben und die politische Klasse sich untereinander relativ einig ist und die Föderalismusreform trotzdem auf sich warten lässt, dann muss irgendwo durch die Verbraucher, durch die Wirtschaft, durch Einzelschicksale, die man dann konfrontiert mit dem Handeln der politischen Klasse, daraus muss eine Kontroverse entstehen.
Klein: Das heißt, Sie würden der ARD raten, ein Konzept zu entwickeln, wo weniger Politiker vorkommen und mehr der normale Mensch von der Straße?
Wick: Ja. Ich sage jetzt mal etwas, das dürfen Sie nicht falsch verstehen. Es gab etwas an dem alten, sehr erfolgreichen Verbrauchermagazin von Margarethe Schreinemakers in den 90er Jahren, das sehr politisch war. Natürlich war das bei Sat.1 sehr eingekästelt in viel Klamauk, aber es konnte auch wirklich sehr die politische Klasse ärgern. Ich glaube, dass Günther Jauch jemand ist, der das ja auch jetzt schon bei "Stern TV" sehr gut nach vorne bringen könnte und der auch die Popularität hat, dass man wissen will, was er jetzt da bringt. Das könnte eine Politisierung von zum Beispiel Verbraucherthemen sein, von Bürgerthemen sein und wirklich ein ganz anderes Format sein, auch anders als "Hart, aber fair" das macht, weil es sich nicht mehr so darauf konzentrieren müsste, was Politiker dazu sagen.
Klein: Die so genannte Krise der politischen Talkshows, das erlahmende Interesse des Zuschauers, der keine wirklichen Lösungsansätze dort mehr erwartet, diese Krise betrifft doch dann aber auch andere Sendungen wie zum Beispiel "Berlin Mitte", bei denen von anderem Konzept oder anderen Moderatoren nichts zu hören ist?
Wick: Maybrit Illner macht ihre Sache ja seit langem sehr gut, und Menschen, die sich wirklich für die Inhalte interessieren, haben da schon immer lieber hingeguckt. Ich denke mir, ein Format dieser Art kann das deutsche Fernsehen sehr gut gebrauchen. Es ist eben nicht dieser sehr, sehr prominente Platz am Sonntagabend nach dem "Tatort", der die Woche ein bisschen anschiebt, so wie ja die politischen Magazine "Spiegel" und "Focus" auch im Printbereich das ganze immer am Anfang der Woche ein bisschen anschieben. Dahin ist ja jetzt auch der Redaktionsleiter von Sabine Christiansen gegangen. Das heißt, ich glaube, da kann man noch so ein klassisches Format sehr gut vertragen mit den immer geringeren Quoten, als Sabine Christiansen das hatte. Vielleicht wird sie ja ein bisschen zulegen. Aber man braucht jetzt nicht unbedingt noch mehr davon. Ich glaube, die ARD kann sich davon wegentwickeln, ohne dass man das Gefühl hat, da wäre eine große Lücke entstanden.
Klein: Sie haben es gerade schon ein bisschen angedeutet. Ich würde gerne noch mal nachhaken, weshalb sich die ARD jetzt für diesen Nachfolger entschieden hat. Es hätten ja möglicherweise auch eine Reihe von anderen interessierten Moderatoren zur Verfügung gestanden.
Wick: Ja. Ich glaube das ist wirklich ein Sendeplatz. Dafür würde jeder viel tun, damit er den kriegen kann, weil er eben auch ein bisschen diese "Tatort"-Quote mitbringt und man da schon sehr viel falsch machen muss, um nicht doch trotzdem eine gute Quote zu haben. Ich habe Frank Plasberg schon genannt, der ja noch vor kurzem als das Hoffnungstalent und die Allzweckwaffe für die ARD galt. Ich nenne jetzt auch noch mal Sandra Maischberger, die eben bis vor kurzem ja auch politischen Talk gemacht hat und sich jetzt ein bisschen in das Unterhaltsame verabschiedet hat. Das sind immerhin zwei ARD-Gesichter, wo jeder verstanden hätte, wenn der Programmdirektor die beiden gefragt und genommen hätte. Ich glaube wirklich, es soll auch eine Veränderung geben. Es soll ein neues Gesicht sein. Man darf jetzt auch nicht Günther Jauch auf die Quizshow-Ecke schieben, weil er ist ja ausgebildeter politischer Journalist. Er kann das ganz bestimmt. Er könnte auch sofort eine Urlaubsvertretung machen für Sabine Christiansen und dieses Format füllen. Ich glaube aber man will das gar nicht. Man möchte gerne etwas, was mehr eben weg von dem direktpolitischen geht.
Klein: Ein Wort noch zur amtierenden Moderatorin. Einige Kollegen machten sich in den Zeitungen am Wochenende Sorgen, weil die ARD sich zu wenig bedauernd geäußert habe über ihren Weggang, den sie ja von sich aus angekündigt hat. Ist da der eine oder andere Planungsstratege ganz froh, diese Möglichkeit jetzt zu haben, was da im Moment so ein bisschen unkollegial vielleicht erscheint?
Wick: Ja. Richtig nett war das nicht, was die ARD da gemacht hat, mit allem nicht. Aber auch dieses schon jetzt so begeistert den neuen Namen zu nennen, obwohl man noch gar nicht weiß, was man mit dem machen will, das zeigt ja auch, dass man quasi den Sekt aufgemacht hat, dass man jetzt Frau Christiansen los ist und endlich etwas Neues machen kann. Es war immer schon so, dass dieses Format im Haus, in den politischen Redaktionen nicht besonders geliebt war, weil es da nicht angesiedelt war, man keine Kontrolle darüber hatte und Sabine Christiansen ja auch keinen Hehl aus ihrer privaten politischen Meinung gemacht hat und das natürlich auch manchmal problematisch war für die öffentlich-rechtliche Anstalt ARD. Insofern kann man nicht davon ausgehen, dass jetzt noch mal so eine Abschiedstour passieren wird, in der alle, der ganze Sender hinter ihr steht und noch mal große Krokodilstränen weinen werden. Sie ist ja auch gegangen und hat gesagt, jetzt habe ich etwas Besseres. Grundsätzlich geht da eine Ära zu Ende, wo die ARD immer sehr ambivalent war mit dem Erfolg und nicht genau wusste, wie sie damit umgehen sollte. Einerseits ist sie die grande dame des Polittalks, und auf der anderen Seite hat man immer viel Kritik einstecken müssen und war vielleicht selber gar nicht so zufrieden damit.
Klein: Klaudia Wick war das, Autorin, Publizistin, Fernsehkritikerin, Vorsitzende der Jury für den Deutschen Fernsehpreis. Ich danke Ihnen, Frau Wick, für das Gespräch.
Wick: Ich danke Ihnen.