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Erdbeben im Grenzgebiet Iran/Irak
Notstand in der Grenzregion

Nach dem Erdbeben mit mehr als 400 Toten sind zahlreiche Häuser eingestürzt und viele Straßen nicht passierbar. Die vielen tausend Verletzten müssen in weit entlegene Krankenhäuser gebracht werden, weil die Hilfe vor Ort nicht ausreicht - und die Suche nach Überlebenden geschieht oft mit bloßen Händen.

Von Karin Senz | 13.11.2017
    dpatopbilder - HANDOUT - Ein Foto der Iranischen Studenten Nachrichtenagentur (ISNA) zeigt zerstörte Gebäude am 13.11.2017 nach dem Erdbeben in Sarpol-e-Zahab (Iran). Nach dem schweren Erdbeben in den südlichen Kurdengebieten in der Grenzregion zwischen dem Iran und dem Nordirak ist die Zahl der Toten auf über 160 gestiegen. Dem iranischen Innenministerium zufolge gab es am Montag 164 Tote und 1686 Verletzte. Weitere Opfer werden befürchtet. Das Erdbeben der Stärke 7,3 hatte die Region am Sonntagabend erschüttert.
    Ein Foto der Iranischen Studenten Nachrichtenagentur (ISNA) zeigt zerstörte Gebäude in Sar Pole Zahaab (Iran) (picture alliance / AP / Pouria Pakizeh)
    Sie bergen die Toten aus den Trümmern, einen nach dem anderen und Angehörige müssen zusehen. An einer Straße in Sar Pole Zahaab stehen links und rechts einer Straße keine Häuser mehr, nur noch Steinhaufen türmen sich auf. Die Kleinstadt mit rund 35.000 Einwohnern in der Provinz Kermanschah hat es am stärksten getroffen.

    Als der iranische Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli die Region besucht, bekommt er den Ärger der Menschen ab.
    Iranians mourn over the body of a victim following a 7.3-magnitude earthquake in Sarpol-e Zahab in Iran's western province of Kermanshah on November 13, 2017. / AFP PHOTO / TASNIM NEWS / Farzad MENATI
    Trauer im Iran um die Erdbebenopfer (Farzad MENATI / TASNIM NEWS / AFP)
    Einer schimpft: "Wir haben kein Wasser". Eine Frau sagt: "Wir haben die Nacht in der Kälte verbracht, wir brauchen Hilfe." Über der Stadt hört man die Hubschrauber. Sie sollen vor allem die Menschen in den Bergen versorgen. Mehrere hundert Dörfer liegen um das Epizentrum, teils schwer zugänglich – auch weil Straßen zerstört wurden, es gab Erdrutsche. Und die iranische Grenzregion ist zum Teil noch vermint. Die Hilfe aus der Luft läuft, auch weil Flughäfen, wie der der Provinzstadt Kermanschah noch in Takt sind.
    Verunreinigtes Trinkwasser
    Dafür wurde das Krankenhaus von Sar Pol Zahaab komplett zerstört. Die vielen tausend Verletzten müssen nach Kermandschah gebracht werden, oder gleich in die Hauptstadt Teheran. Der Sprecher des Krisenstabs Behnam Saiidi zur Arbeit seines Teams:
    "In manchen Regionen ist das Trinkwasser verunreinigt. Viele Aufbereitungsanlagen sind zerstört worden, aber wir haben schon angefangen, sie zu reparieren. Bei der mobilen Wasserversorgung gibt es keine Probleme, von den ersten Stunden an wurde Trinkwasser in den Städten und Dörfern verteilt, und es gibt auch genügend Mineralwasserflaschen.
    Vor Nachbeben schützen
    Die Menschen in einigen Dörfern erzählen allerdings etwas anderes. Sie beklagen sich über die Versorgung. Es geben von allem zu wenig: Wasser, Brot und Decken. Das iranische Fernsehen berichtet nahezu nonstop. Experten geben Tipps, wie man sich bei Nachbeben schützen kann, und davon gibt es etliche – und teils auch sehr starke. Viele Menschen werden die Nacht heute im Freien verbringen müssen. Und diese Nacht wird kalt – um den Gefrierpunkt liegen die Temperaturen in den Berge des Sagros-Gebirges, die um die 3.000 Meter hoch sind.
    Auf irakischer Seite in der autonomen Kurdenregion ist die Lage nicht ganz so dramatisch. Die Opferzahlen sind deutlich niedriger. Trotzdem herrscht auch dort in einigen Regionen der Notstand. Die Türkei hat sehr schnell Hilfe auf den Weg gebracht, sagt Gesundheitsminister Ahmet Demerican:
    "Wir haben mit einem Flugzeug 320 Decken und 60 Zelte nach Süleymaniye geschickt. Außerdem werden mehr als 4.000 Krankenbetten und über 200 Intensivpflege-Plätze bereit gehalten, 40 Krankenwagen 10 Ärzte und über 300 Mediziner sind im Einsatz."
    Hilfe wo Hilfe gebraucht wird
    Auch türkische Erdbebenexperten sollen bei den Bergungsarbeiten helfen – für Präsident Recep Tayyip Erdogan selbstverständlich:
    "Wir helfen, wo Hilfe gebraucht wird und werden es auch weiterhin tun. Wie sie wissen, steht die Türkei ihren Brüder in der region in solchen Notsituationen immer zur Seite. All unsere Institutionen und Organisationen sind angewiesen so schnell wie möglich benötige Hilfsgüter zu liefern, um die Wunden zu heilen."
    Manche Wunden wird die schnelle Hilfe allerdings nicht heilen können. Dieser Kurde steht vor einem zerstörten Haus, sein Bruder und sein Sohn sind darin ums Leben gekommen. Ein anderer sucht mit bloßen Händen im Trümmerhaufen noch nach Überlebenden.