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Erdgas
Die flüchtige Schwester von Kohle und Öl

Erdgas gilt im Vergleich zu Rohstoffen wie Kohle oder Öl als sauber und klimafreundlich. Gaskraftwerke verursachen weniger Schadstoffe und sind flexibel einsetzbar. Die Energiegewinnung aus Erdgas könnte deshalb eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg zu ausschließlich erneuerbaren Energien sein. Das Problem: Die Reserven in Europa gehen zur Neige.

Von Rebecca Verwerich |
    Ein Arbeiter der russischen Gazprom in Donezk an einer Pipeline
    Der Block 3 des Gaskraftwerks Irsching in Vohburg an der Donau (Bayern). (Valery Sharifulin, dpa picture-alliance)
    Im Nordosten der Niederlande, nicht einmal eine halbe Autostunde von der deutschen Grenze entfernt, liegt eines der riesigsten Erdgasfelder der Welt: 900 Quadratkilometer umfasst das Groningen-Feld. Nirgendwo sonst in Europa gibt es ein größeres Erdgasvorkommen. Der weiten Landschaft sieht man erst einmal nichts davon an: Wiesen, Kartoffeläcker, lange Baumreihen am Horizont, alles in Bewegung vom ständig blasenden Wind. Am Ende einer schmalen Nebenstraße dann plötzlich ein eingezäuntes Gelände, darauf Stahltanks und ein Labyrinth matt schimmernder Rohre.
    Die längsten führen zu einer asphaltierten Fläche so groß wie ein Supermarktparkplatz und enden an zehn knapp mannshohen grauen Pfeilern.
    "Wir stehen hier an einem der 20 Standorte in Groningen, an denen wir Gas fördern. Hier sehen wir zehn Brunnen, aus denen das Gas nach oben kommt."
    Sape Jan Terpstra arbeitet für NAM, die niederländische Gasfördergesellschaft, eine gemeinsame Tochter von Shell und ExxonMobile.
    "Hier wurde gebohrt bis in eine Tiefe von drei Kilometern – so tief liegt das Gestein, in dem sich das Gas befindet. Und dieses Gas steht unter so hohem Druck, dass es von selbst nach oben strömt. Das rauscht regelrecht nach oben."
    Und das schon seit rund 50 Jahren. NAM steht für "Nederlandse Aardoliemaatschapei" – Niederländische Erdölgesellschaft. Die suchte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Öl. Und stieß dabei auf das riesige Gasfeld. Seit 1963 wird gefördert, im Schnitt sind es 75 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Etwa die Hälfte davon geht in den Export - nach Belgien, Frankreich und Deutschland. Mehr als ein Viertel der in Deutschland verbrauchten Gasmenge kommt aus dem Groningen-Feld. Die Niederlande sind damit nach Russland Deutschlands zweitgrößter Gas-Lieferant.
    "Zwei Drittel des Gasvorkommens sind verbraucht. Jetzt sind geschätzt noch 800 Milliarden Kubikmeter vorhanden."
    Das Problem ist jedoch: Die gasführende Sandsteinschicht in der Tiefe steht unter immer weniger Spannung. Sie bricht ein, und das führt zu Erdbeben. In vielen Hausmauern klaffen armdicke Risse. Ganze Bauernhöfe mussten schon abgerissen und erdbebensicher neu gebaut werden. Mit den Beben kam der Protest: Immer wieder gingen die Menschen auf die Straße, demonstrierten gegen die Gasförderung in Groningen.
    "Die Gasgewinnung muss reduziert werden, damit die Erdbeben nicht weiter zunehmen", sagt dieser Mann bei einem Protestmarsch.
    Als der "Nationale Sicherheitsrat" der Niederlande in einem Untersuchungsbericht befand, die Sicherheit der Menschen werde zugunsten des Profits vernachlässigt, beschloss die Regierung, die Förderung zu drosseln: auf knapp 30 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2015. In diesem Jahr wird es sogar noch weniger sein.
    Förderregionen Elbe-Weser und Weser-Ems so gut wie ausgebeutet
    Die niederländischen Radionachrichten melden Ende Dezember: Die Gasförderung wird so weit zurückgefahren wie noch nie: auf 27 Milliarden Kubikmeter. Das ist nicht mal mehr ein Drittel von dem, was in den besten Zeiten üblich war. Die Partei der Arbeit, Koalitionspartner in der niederländischen Regierung, fordert, den Export vor allem nach Deutschland einzustellen. Aber das geht so einfach nicht, sagt Harald Hecking vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln.
    "Deutsche Importeure haben sich über langfristige Lieferverträge bei den Niederlanden mit Gas eingedeckt. Das ist ein sehr, sehr großes Thema und der niederländische Exporteur stellt sich so darauf ein, dass er zur Not dieses Gas auch zukaufen müsste."
    Deutschland muss bis 2020 beliefert werden. Also müssen die Niederlande teureres Gas aus dem Ausland zukaufen und zu den vereinbarten günstigen Preisen weitergeben. Obendrein muss dieses zugekaufte Gas auch noch bearbeitet werden, damit es denselben Brennwert hat wie bisher. Groningen-Gas ist das einzige sogenannte L-Gas der Welt. L steht für "low-caloric", für niedrigen Energiewert. Alle anderen Länder fördern hochkalorisches H-Gas.
    "Das Problem ist, dass weite Teile des Gasnetzes gerade in Norddeutschland auf L-Gas eingestellt sind. Und die Geräte, die da dran hängen, zum Beispiel ein Gasherd, die sind gar nicht für dieses H-Gas ausgerichtet. Das ist natürlich noch ein größeres Problem für die Niederländer, weil die dann, wenn die jetzt zum Beispiel H-Gas zukaufen, müssen sie das erst in Anlagen, die sie noch bauen müssen, umwandeln in dieses niedrigkalorische Gas, um dann entsprechend den Markt zu bedienen."
    Die Bundesnetzagentur hat im vergangenen Sommer damit begonnen, die rund fünf Millionen betroffenen deutschen Haushalte umzurüsten. Die Geräte bekommen neue Düsen, die Gaszufuhr wird anders eingestellt. Die Lüneburger Heide kann jetzt beispielsweise schon H-Gas nutzen, bald folgt der Rest von Niedersachsen, Bremen und bis 2030 auch Nordrhein-Westfalen. Deutschland bereitet sich vor, weil die europäischen Gas-Vorräte auch ohne Erdbebenproblematik schlicht zur Neige gehen.
    Die beiden kleinen deutschen Förderregionen Elbe-Weser und Weser-Ems sind so gut wie ausgebeutet. Von hier kamen bislang jährlich zehn Prozent der in Deutschland verfeuerten Gasmenge. Die Niederlande werden nur noch einige Jahre liefern. Und Norwegen – nach Russland und den Niederlanden Deutschlands Lieferland Nummer drei – ist mit seinen Fördermengen am Limit.
    "Bei der norwegischen Produktion, ja da sagt man, dass man bis Mitte der 2020er Jahre die Produktion auf dem jetzigen Level halten kann. Danach ist es aber fraglich, ob das weiterhin der Fall sein wird. Das heißt, wenn wir jetzt zu keinen weiteren Lieferländern Handelsbeziehungen aufbauen, dann wird man natürlich immer mehr russisches Erdgas importieren."
    Auf den ersten Blick ist das die einfachste und kostengünstigste Lösung. Schon jetzt kommen fast 40 Prozent unseres Gases aus Russland. Drei mächtige Pipelines verbinden Deutschland mit den sibirischen Förderstätten, russisches Gas ist billig und die Reserven gewaltig. Das Energiewirtschaftliche Institut der Uni Köln wertet laufend internationale Statistiken aus.
    "Da haben wir hier trillion cubicmeters: 32,6. Wenn Sie sich mal vorstellen: Deutschland verbraucht etwa 80 Milliarden Kubikmeter und das sind 32 Billionen Kubikmeter. Ich teil das jetzt mal...das heißt, damit könnte man Deutschland 407 Jahre versorgen. Also das sind gigantische Erdgasmengen. Mit diesen Erdgasmengen könnte man den Welterdgasbedarf etwa 10 Jahre decken."
    Iran könnte zu einem der wichtigsten Gas-Handels-Partner werden
    Aber seit der Ukraine-Krise sucht Deutschland nach Möglichkeiten, von russischem Gas unabhängiger zu werden. Fracking böte die Chance, in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und auch Bayern Gasreserven zu gewinnen, die in festen Schiefer-Schichten eingeschlossen sind. Dafür müssten Wasser, Sand und ein Cocktail verschiedener Chemikalien mit Hochdruck in die Tiefe gepresst werden. Aber der Widerstand in der Bevölkerung ist groß, aus Angst vor Umwelt- und Grundwasserschäden. Unklar ist auch, ob die förderbaren Mengen den Aufwand überhaupt lohnen würden.
    "Ich sage mal, man wird in Deutschland durch Fracking nie eine Situation wie in den USA erleben, wo der gesamte Gasmarkt auf den Kopf gestellt wurde. Deswegen wird wahrscheinlich auch das Fracking hier in Deutschland, selbst wenn man es technisch günstig hinbekommen würde, würde wahrscheinlich nicht wirklich substanziell zu einer Preisverringerung führen."
    Bleibt also als Alternative zu noch mehr Russland-Gas die Orientierung hin zu neuen Lieferländern. Erdgas-Felder gibt es auf der ganzen Welt. Es ist überall da relativ einfach zu gewinnen, wo ähnliche erdgeschichtliche Voraussetzungen herrschen wie in Groningen. Basis ist eine tief liegende Schicht Kohle, erklärt Sape Jan Terpstra an der windumtosten Groninger Bohrstation mit einem tiefschwarzen Stück Stein in der Hand.
    "Die Kohle ist vor hunderten Millionen Jahren entstanden aus abgestorbenen urzeitlichen Wäldern. Darüber haben Ablagerungen Sandstein gebildet. Aus der Kohle sind Gärgase ausgeströmt nach oben in das poröse Gestein. Über dem Sandstein haben wir aber eine undurchlässige Schicht Steinsalz. Hunderte Meter dick. Und die hat das Gas eingeschlossen."
    Das größte je entdeckte Gas-Vorkommen der Welt ist das South-Pars-Feld unter dem Persischen Golf. Sowohl Katar als auch der Iran beuten es aus, und nach dem Atomabkommen mit dem Iran und dem Ende der Wirtschaftssanktionen wird dieses riesige Gasvorkommen für viele Importeure noch interessanter. Der Iran könnte sich zu einem der wichtigsten Gas-Handels-Partner entwickeln, wenn die Lage in der Region stabil genug bleibt.
    Für Investitionen in Tausende Kilometer lange Gas-Pipelines sind zuverlässige Beziehungen nötig. Viele Bauprojekte scheiterten deswegen schon in der Planungsphase. Die "Nabucco"-Pipeline vom kaspischen Meer nach Österreich wurde nicht realisiert, weil das kaspische Handelskonsortium am Ende absprang. Bei der South-Stream-Pipeline von Russland nach Bulgarien herrscht seit der Krimkrise Baustopp. Pläne für eine Pipeline von Russland über die Türkei zur Adria liegen seit dem Abschuss eines russischen Kampfjets an der türkischen Grenze auf Eis.
    Gebaut wird momentan allein die Transanatolische Pipeline zwischen Adria und Kaspischem Meer. Durch sie sollen eines Tages 30 Milliarden Kubikmeter aserbaidschanisches und iranisches Gas durch die Türkei Richtung EU fließen. Aber noch weiß keiner, wann die veralteten iranischen Förderanlagen produktiv genug sind. Und niemand wagt vorherzusagen, ob nicht bald neue Konflikte dem Handel wieder einen Riegel vorschieben.
    "Es ist völlig unklar, wann diese Mengen in den Markt kommen können. Aber sie sind als Option da. Und je mehr Russland seine Position ausspielen würde gegenüber Europa, umso höher wäre der Anreiz, diese Projekte im kaspischen Raum zu realisieren."
    Bis jetzt hat Russland noch nie mit einem Gas-Embargo gedroht. Moskau drängt auf den Bau einer weiteren Ostseepipeline, um noch mehr Gas anbieten zu können. Anders als beim Öl ist der Gaspreis noch nicht in freiem Fall, gute Gasgeschäfte sind also für Russland wichtig.
    Russland strebt Handelspartnerschaften mit China und Indien an
    "Das wird in der Diskussion immer verkannt, dass wir nicht nur von Russland abhängig sind, sondern dass Russland auch mit uns gern Geschäfte machen möchte. Und man muss auch sagen, selbst in den kältesten Zeiten des Kalten Krieges hat Russland immer Gas nach Europa zuverlässig geliefert."
    Russland versucht aber auch, sich aus der Abhängigkeit von Europa zu befreien. Moskau strebt Handelspartnerschaften mit China und Indien an - zwei riesigen Märkten. Darum bleibt es für Europa ein strategisches Risiko, allein auf russisches Gas zu setzen. Größtmögliche Versorgungssicherheit gibt es immer dann, wenn auf möglichst viele verschiedene Anbieter zurückgegriffen werden kann. Und da kommt LNG ins Spiel. Liquid Natural Gas – verflüssigtes Erdgas.
    Das Gas, das Deutschland zurzeit in Russland, Norwegen und den Niederlanden kauft, strömt in seinem gasförmigen Aggregatzustand durch die Pipelines. Man kann Erdgas aber auch verflüssigen und in Tankschiffen über die Meere verfrachten. Dazu wird das Gas auf minus 162 Grad Celsius gekühlt. Es schrumpft dabei auf ein Sechshundertstel seines Volumens.
    "Das LNG führt natürlich dazu, dass es eine sehr flexible Variante ist, Erdgas nach Europa zu importieren. Einen Tanker, den kann ich mir in Katar bestellen, den kann ich mir in Nigeria bestellen, den kann ich mir in Trinidad bestellen. Das heißt, ich habe ein größeres Marktvolumen, das ich nach Europa importieren kann."
    Preis und Liefermenge müssen nicht in langfristigen Verträgen für Jahre festgelegt werden, sondern können öfter neu verhandelt werden.
    "Auf der anderen Seite konkurrieren wir dann natürlich auch mit den Nachfragern auf der ganzen Welt. Nach Fukushima zum Beispiel mussten die Japaner Erdgas importieren. Die waren bereit, sehr hohe Preise zu bezahlen. Und die Japaner haben immer LNG, das Flüssiggas importiert. Das heißt, in dem Moment war natürlich das Preissignal entsprechend in Europa und dann war natürlich LNG keine attraktive Option."
    Die hohen Preise machten die LNG-Produktion aber für die Gas-Förderländer attraktiv. Sie investierten in die Erdgasverflüssigung.
    "In den nächsten Jahren ist auf dem LNG-Markt mit relativ großen neuen Kapazitäten zu rechnen. Zum Beispiel in Australien und in den USA wird das diskutiert. Und diese neuen Kapazitäten müssen natürlich erst mal vom Markt aufgenommen werden. Sodass für die nächsten Jahren viele Analysten mit eher niedrigen LNG-Preisen rechnen. Und dann kann LNG natürlich eine sehr interessante Option sein im europäischen Gasmarkt."
    Australien hat gerade erst mit der Ausbeutung seiner Gasfelder begonnen und könnte schon bald Katar den Rang als größten LNG-Produzenten der Welt streitig machen. Und als Rückkehrer auf die Weltwirtschaftsbühne sucht der Iran dringend nach Investoren. In vier Jahren könnte dort die erste Gasverflüssigungs-Anlage stehen.
    Verschifft wird das Gas in gut isolierten Tankern. Die fassen bis zu 147.000 Kubikmeter LNG, demnächst 250.000 Kubikmeter. Würde Deutschland komplett auf Flüssiggas-Importe umstellen, müssten rein rechnerisch täglich zwei solche Tanker bei uns anlanden. In einem Hafen mit Flüssiggas-Terminal, in dem das LNG wieder in Gas umgewandelt werden kann.
    Deutscher Gas-Bedarf für Stromerzeugung wird steigen
    Bislang hat Deutschland kein LNG-Terminal. Aber zwei Häfen, die als mögliche Standorte konkurrieren. Mit Blick auf den Iran versucht Wilhelmshaven aktuell Investoren zurück zu gewinnen, die vor Jahren wegen Zweifeln an der Rentabilität im letzten Moment abgesprungen waren. In Schleswig-Holstein hofft Brunsbüttel an der Unterelbe auf eine LNG-Zukunft. Frank Schnabel von der Hafengesellschaft Brunsbüttel Ports:
    "Weil wir einen Vorteil haben, den Wilhelmshaven nicht hat: nämlich eine regionale Industrie. Wir haben also eine Grundauslastung hier durch große Industrie-Unternehmen, die viel Gas verbrauchen. Das ist der Hebel, das ganze wirtschaftlich zu machen. Und ich glaube, das wird uns auch am Ende den Vorteil generieren, wenn es in Deutschland einen LNG-Import-Terminal gibt, dann wird der in Brunsbüttel sein. Denn hier vereinen sich Schifffahrt, Industrie vor Ort, die verbrauchen kann, und Flächen und Hafen. Und all das braucht man dafür."
    Die Kosten für einen LNG-Hafen, aus dem Gas ins deutsche Netz gespeist werden könnte, schätzt Schnabel auf 1,2 Milliarden Euro. Das Energiewirtschaftliche Institut der Uni Köln hat die Optionen durchgerechnet. Seine Modellsimulationen machen Harald Hecking skeptisch, dass deutsche Häfen in absehbarer Zeit Geldgeber finden.
    "Denn es gibt zurzeit in Belgien und in den Niederlanden jeweils ein LNG-Terminal, was nur sehr gering ausgelastet wird. Bevor nicht diese Auslastung steigt, sehe ich jetzt aktuell keinen Bedarf für ein eigenes deutsches Terminal. Weil, wenn es in den Niederlanden oder Belgien regasifiziert wird, dieses Erdgas, dann ist aufgrund der hohen Pipeline-Kapazitäten zu diesen Ländern eigentlich genauso gut die Möglichkeit gegeben, dieses LNG zu importieren."
    Die Auslastung im belgischen Zeebrügge und in Rotterdam liegt seit Jahren bei gerade mal 25 Prozent. Darum sah die Bundesregierung bislang auch noch keinen Handlungsbedarf in Deutschland, wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervorgeht. Frank Schnabel in Brunsbüttel ist aber überzeugt, dass sich das bald ändern wird.
    "Weil wir hier über langfristige Horizonte reden, muss man auch langfristig denken. Das heißt, wenn ich 2020 oder 2025 unabhängiger sein will, diversifiziert haben will, muss ich heute anfangen, zu planen und nicht erst in 2020. Also ich glaube, wir sollten in Deutschland mindestens einen Import-Terminal haben, wir können uns einen Terminal leisten."
    Wie sich der deutsche Gasmarkt entwickeln wird, ist nicht einfach vorherzusehen, weil auch die Nachfrage veränderlich ist. Ein Drittel der Gas-Menge wird zurzeit in Privathaushalten zum Heizen verfeuert - Tendenz sinkend, weil Heizungen effizienter werden und besser gedämmte Häuser mit immer weniger Brennstoff auskommen.
    Für die Stromerzeugung könnte die Nachfrage allerdings mittelfristig steigen. Die Bundesregierung will Gaskraftwerke fördern. Denn sie stoßen pro Kilowattstunde bis zu zehnmal weniger CO2 aus als Kohlemeiler. Das Umweltbundesamt bezeichnet Erdgas in einer Studie als "sauberen Brennstoff, der bei richtigem Einsatz die geringsten Luftschadstoffemissionen" aller Brennstoffe verursacht. Und selbst Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace sehen im Erdgas eine Brücke ins Zeitalter regenerativer Energien. Zum Beispiel, weil sich Gaskraftwerke - anders als Kohlekraftwerke – flexibel rauf- und runterfahren lassen, um Schwankungen bei Wind- und Sonnenstrom aufzufangen.
    Experten sind überzeugt, dass die Energiegewinnung aus Erdgas die wohl wichtigste Technologie ist auf dem Weg zu erneuerbaren Energien - Erdgas könnte deshalb künftig zum wichtigsten konventionellen Rohstoff der Welt werden.