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Erdogan trifft Putin
Türkisch-russischer Kuschelkurs

In Sotschi wird Wladimir Putin Recep Tayyip Erdoğan zu Gesprächen über den Syrien-Konflikt empfangen. Moskau will dabei die Interessen der USA und Israels berücksichtigen. Doch ungeklärte Fragen bleiben im Verhältnis zur Türkei.

Von Thielko Grieß | 13.11.2017
    Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Moskau.
    Der russische Präsident Wladimir Putin und der türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan hier bei einem Zusammentreffen in Moskau im März 2017 (dpa-Bildfunk / AP / Alexander Zemlianichenko)
    Russlands Präsident Wladimir Putin ist seit Anfang des Monats viel gereist. Er war am 1. November zu Besuch in Teheran und erklärte im Beisein des iranischen Präsidenten Rohani: "Was Syrien betrifft, sprechen wir unsere Positionen ab. Dank gemeinsamer Bemühungen Russlands, des Irans und der Türkei entwickeln sich die Lage im Kampf gegen den Terrorismus in Syrien sowie die Verhandlungen in Astana sehr gut; die jüngste Verhandlungsrunde ist positiv beendet worden."
    Der Iran ist neben der Türkei einer der Staaten, die die Syriengespräche in Astana, Kasachstan, vorantreiben. Putin will diese Verhandlungen offenbar in Genf fortsetzen - das wird auch aus dem deutlich, was er in Vietnam gesagt hat. Dort hat er am Rande des APEC-Gipfels einige Worte mit Donald Trump gewechselt. Zuvor hatte sich ein längeres Hin und Her darüber entsponnen, ob ein ausgewachsenes Treffen der beiden zustande kommen würde.
    Von Astana nach Genf?
    Die russische Seite hatte es angekündigt, die amerikanische gleich darauf dementiert, es gab dann kein Treffen. Allerdings veröffentlichte der Kreml schließlich eine von Putin und Trump getragene, schriftliche Erklärung. In ihr heißt es, dass der Krieg in Syrien nicht militärisch zu lösen sei. In einer Pressekonferenz äußerte sich Putin anerkennend darüber, wie Streitkräfte Russlands und der USA gemeinsam Terroristen bekämpften und erläuterte weitere Punkte des gemeinsamen Papiers:
    "Ich finde es außerordentlich wichtig, dass wir uns zu der territorialen Integrität und Souveränität Syriens bekannt haben. Wir haben verabredet, dass wir nach dem Abschluss des Kampfes gegen den Terrorismus zur politischen Beilegung des Konflikts unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen übergehen werden."
    Das ist verklausulierter Kreml-Sprech, enthält aber wohl einen Schwenk von Astana nach Genf. In beiden Städten haben Gesprächsrunden zeitweise parallel stattgefunden, um eine Friedensordnung für Syrien zu finden. Russland hatte diejenigen in Astana selbst initiiert und über lange Zeit energischer vorangetrieben, dafür in Genf eher lustlos mitverhandelt. Das soll sich nun offenkundig ändern, denn Putin hält eines seiner Ziele in Syrien für fast erreicht: Der selbst ernannte Islamische Staat habe seine letzten Hochburgen so gut wie verloren.
    Amerikaner stärker einbinden
    "Es ist offensichtlich, dass der Kampf gegen Terrorismusherde in Syrien zu Ende geht. Jetzt ist es das Wichtigste, Vereinbarungen zu Deeskalationszonen und den Waffenstillstand vertraglich zu fixieren sowie Bedingungen für den Beginn eines Friedensprozesses zu schaffen."
    In Genf weiter zu verhandeln, bedeutet, die Amerikaner stärker einzubinden - wohl zulasten des Irans und der Türkei. Ein weiteres Zugeständnis geht vor allem an Israel: Im vom Kreml veröffentlichten Text bekennen sich Putin und Trump dazu, dass ausländische Streitkräfte den Südwesten Syriens verlassen werden.
    Im Klartext: Iranische Truppen werden dort nicht bleiben können. Das hatte Israel stets verlangt. All dies wird mit Recep Tayyip Erdogan in Sotschi zu besprechen sein - außerdem die Zukunft der Kurdengebiete. In dieser Frage sind sich Moskau und Ankara absehbar weiter uneins. Während die Türkei kurdische Bestrebungen militärisch bekämpft, will Moskau ihnen zwar keine Unabhängigkeit zugestehen, versucht aber, sie im syrischen Machtspiel zu locken: mit Investitionen in die Ölindustrie in irakischen Kurdengebieten; und die syrischen Kurden dürfen in Moskau sogar eine eigene Vertretung unterhalten.