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Erdwärme
Technik mit Potenzial und Risiko

In der Theorie ist die Energiegewinnung aus Erdwärme sehr attraktiv. Doch vor allem die tiefe Geothermie, also die Energiegewinnung aus tiefen Erdschichten, hat so ihre Tücken. Sogar lokale Erdbeben wurden darauf zurückgeführt, und der Marktanteil dieser Energiequelle bei der Stromerzeugung bewegt sich nach wie vor im Promillebereich.

Von Michael Brandt | 14.08.2014
    Erdbeben im pfälzischen Landau, Bodenhebung um 60 Zentimeter im südbadische Staufen - die Geothermie hat in den vergangenen Jahren immer wieder negative Schlagzeilen gemacht. Die sind aber nur die eine Seite. Die andere: Geothermie ist inzwischen ziemlich allgegenwärtig. Deutschlandweit gibt es inzwischen über 318.000 Anlagen und die meisten funktionieren reibungslos.
    Oberflächennahe Geothermie
    Zum Beispiel die Firma Schenker in Ilsfeld. Vor einem Jahr hat sie auf der grünen Wiese und neben der Autobahn ein riesiges Logistikzentrum gebaut. Beheizt und gekühlt wird das durch obenflächennahe Geothermie und die ersten Erfahrungen, so Michael Pazekas, bei Schenker für die Gebäude zuständig, sind bestens:
    "Das ist die Umschlaghalle, und die Bedeutung der Erdwärmeanlage ist, dass die Mitarbeiter ein höheres Wohngefühl haben und es im Endeffekt eine Energiekosteneinsparung ist."
    Seit einem halben Jahr ist die Anlage in Betrieb, die Mitarbeiter in der Umschlaghalle und den Büros sind zufrieden und im Augenblick spricht alles dafür, dass die Prognose zutrifft, nach der sich die Investitionen von rund einer halben Million für die Anlage in sieben bis acht Jahren durch die Energieeinsparung amortisiert haben.
    Problemlos funktioniert es nicht zuletzt, weil beim Bohren sorgfältig auf die geologischen Bedingungen geachtet wurde. Im Raum Stuttgart spielen da besonders die sogenannten Gipskeuperschichten eine Rolle, die beim Kontakt mit Wasser aufquellen und dann zu Bodenhebungen wie in Staufen führen, so Erwin Knapek, Chef des Bundesverbandes Geothermie:
    "Man kann im Gipskeuper, die Sache richtig machen, dann funktioniert sie, aber man kann sie eben auch nicht richtig machen, und dann funktioniert sie nicht."
    Angesichts der Tatsache, dass allein in Baden-Württemberg 20.000 Anlagen in oberflächennaher Geothermie problemlos laufen, sei Staufen ein schwarzes Schaf unter ganz vielen weißen.
    Dazu tragen laut Landesumweltministerium auch verschärfte Richtlinien bei, die seit 2011 in Kraft sind und die für jede einzelne Bohrung und das anschließende Versiegeln des Bohrlochs genaue Vorgaben machen - bei der oberflächennahen Geothermie
    Tiefengeothermie
    Ein anderer Fall ist die Tiefengeothermie. Sie ist dort möglich, wo in mehr als 1.000 Meter tiefe heißes Wasser lagert. Das ist beispielsweise im Oberrheingraben mit 160 Grad warmen Wasser in 4.000 Metern Tiefe der Fall. Hier ist der Aufwand und sind die Investitionen erheblich größer, dafür ist das Potenzial auch höher, so Erwin Knapek vom BV Geothermie.
    "Mit diesen Temperaturen kann man mit Geothermie Strom erzeugen. Das ist grundlastfähiger Strom, den haben Sie 24 Stunden am Tag. Und man kann natürlich auch wesentlich größere Ortschaften mit Wärme versorgen."
    Das ist zum Beispiel in Insheim in der Pfalz der Fall. Hier sollen mit einem Geothermiekraftwerk bis zu 4,8 Megawatt Strom erzeugt werden und 600 bis 800 Haushalte mit Nahwärme versorgt. Allerdings gab es bei einer Pilotanlage im nahegelegenen Landau, die seit 2007 drei Megawatt liefert, nach zweijährigem Betrieb Probleme: eine Reihe von kleineren Erdbeben in der Umgebung, die sogar eine Bürgerinitiative auf den Plan rief. Christian Lerch, der Chef des Insheimer Kraftwerks, versichert zwar:
    "Wir haben für Insheim einiges gelernt aus dem Projekt in Landau. Wir haben in der Sicherheitstechnik einige Verbesserungen vorgenommen und auch unter Tage bei den Bohrungen haben wir uns so aufgestellt, dass wir hier wesentlich weniger Risiken haben."
    Chancen, aber auch Risiken
    Gleichwohl sind hier noch erkennbare Risiken vorhanden und nach Angaben der BI wird bislang nur die halbe Strommenge erzeugt. Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller ist einerseits dafür, die Chancen der Tiefengeothermie zu nutzen, spricht andererseits von einem Lernprozess, der noch im Gange ist:
    "Wir stehen bei der Tiefengeothermie ziemlich am Anfang, zumindest hier in Deutschland, aber es gilt natürlich, hier Erfahrungen zu sammeln, auch mit der Geologie Erfahrungen zu sammeln, und da ist es eben so, dass man am Beginn auch solche Erfahrungen macht wie in Landau, aus denen man natürlich auch lernt."
    Klar ist aber auch, dass sowohl oberflächennahe wie auch Tiefengeothermie Potenzial haben. Insgesamt sind laut Bundesverband fünf bis zehn Prozent der Deckung des Gesamtenergiebedarfs in Deutschland denkbar. Und zwar grundlastfähig.