Müller: Wir haben hier eine unterschiedliche Rechnung. Georg Milbradt, Sachsens Ministerpräsident hat dies gefordert, dann Gerhard Stratthaus, Baden-Württembergs Finanzminister, und auch von Peter Müller, dem saarländischen Finanzminister, ist ja bekannt, dass er für eine mögliche Mehrwertssteuererhöhung eintritt. Ist das ein Kanon, der bei der Führung der Union nicht ankommt?
Söder: Das stimmt so nicht. Georg Milbradt hat auch klargestellt, dass es aus dem Zusammenhang zitiert worden ist. Entscheidender ist aber noch viel mehr, dass es klare Beschlüsse von CDU/CSU gibt, klare Beschlüsse der beiden Präsidien, die für Steuersenkungen eintreten, ein Steuerkonzept, das zwischen 12 und 36 Prozent vorsieht. Das ist die klare Position von CDU/CSU. Die hat sich auch nicht durch das eine oder andere Interview des einen oder anderen geändert, sondern es bleibt eine klare Richtung, ganz im Gegensatz zur SPD, die ja in Deutschland von der Erbschaftssteuer über die Ausbildungsplatzabgabe, Vermögenssteuer eine Steuererhöhung nach der anderen diskutiert bis zu der höchsten Steuer überhaupt, der Ökosteuer.
Müller: Das heißt, die Mehrwertsteuer und die Union, das ist definitiv vom Tisch, obwohl es immer wieder gefordert wird?
Söder: Die Mehrwertsteuer ist überhaupt kein Thema. Ganz im Gegenteil: Wir wollen sparen und das Geld wieder beim Bürger lassen. Wir wollen stabile Rahmenbedingungen für Investoren. Das Schlimme ist ja, dass die Bundesregierung es nicht schafft, beispielsweise jetzt auf diese ganz schwierige Ölpreissituation zu reagieren und Steuern zu senken, keine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu machen. Das wäre jetzt das wichtige Signal, und deswegen kommt für die Union ganz bestimmt keine Steuererhöhung in Frage.
Müller: Mit aus dem Zusammenhang gerissen, das ist ja so eine Sache. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Georg Milbradt es letztendlich oder, wie Sie sagen, es zumindest indirekt gefordert hat?
Söder: Das sind natürlich alles theoretische Fragen, die man auf der einen oder anderen Seite erörtern kann. Wir brauchen jetzt klare politische Signale. Politische Signale heißt in Deutschland auch Steuersenkungen. Deutschland braucht Entlastungen. Deutschland braucht beim Haushalt Sparen, Sparen, Sparen. Da gibt es genügend Möglichkeiten, im Haushalt von Hans Eichel dies zu tun. Das müsste die Bundesregierung angehen - das tut sie nicht. Infolgedessen hat Deutschland die Probleme und hat nach wie vor nicht nur viele Schulden, sondern muss auch unglaubliche viele Zinsen für diese Schulden zahlen. Das sind ja 15 Prozent im Etat des Bundeshaushaltes, 100 Millionen Euro jeden Tag. Das ist natürlich zu viel, und das Geld fehlt für Investitionen.
Müller: Dann sollten wir doch die Gelegenheit nutzen. Sagen Sie uns doch, wo die Union die Steuern senken will.
Söder: Nun, wir haben ganz klare Vorschläge. Wir brauchen einen Steuerverlauf, der bei 12 Prozent anfängt und bis 36 Prozent geht, das heißt sowohl im Eingangssteuersatzbereich als auch bei dem Spitzensteuersatz deutlich europäisch vergleichbar ist. Um das geht es ja, europäisch vergleichbare Sätze zu haben, sowohl Entlastung für die Einfachverdiener als auch natürlich für die Leistungsträger. Das wäre ein Riesensignal in ganz Europa. Eine Steuervereinfachung, die über einige Jahre stabil gehalten wird und nicht täglich verändert wird, wäre ein großes Signal und würde viele Investoren ins Land bringen.
Müller: Ein Signal, was auch Geld kostet. 10 Milliarden stehen da zu Buche. Wo soll das herkommen?
Söder: Nun, es ist zunächst einmal durch Sparen möglich. Wir haben ja im Haushalt viele sehr ineffiziente Maßnahmen, die gefördert werden, die dargestellt werden, eine Reihe von Programmen, die letztlich Flop gewesen sind. Da könnte man auf einen Schlag bis zu 5 Milliarden Euro sparen. Dann muss man quer durch alle Etats durchgehen und dann entsprechende Kürzungen machen. Das geht. Wir haben das beispielsweise für Bayern vorgemacht. Das gibt es aber auch in Niedersachsen und Hessen. Man kann sparen, wenn man ansetzt. Leider fehlt der Regierung jeder Wille dazu.
Müller: Dann machen Sie doch einen Vorschlag. In welchen Bereichen kann noch gespart werden? Wie ist es mit Subventionskürzungen?
Söder: Immer. Subventionskürzungen sind auf jeden Fall sinnvoll, allerdings natürlich erst, wenn wir im gleichen Atemzug Steuern senken. Das, was jetzt die Bundesregierung hier will, heißt, nach wie vor höchste Steuersätze zulassen und dann rangehen und Steuervergünstigungen zu streichen. Das ist unseriös. Wenn, dann muss ich das im Zusammenhang machen. Dann muss ich sagen, OK, wir können über das eine oder andere diskutieren, aber dann muss gleichzeitig eine massive Entlastung der Steuerfrage erfolgen. Ansonsten passiert das, was meistens bei Rot-Grün rauskommt: Man kündigt an, etwas zu verbessern, und am Ende kommt durch die Hintertür eine Erhöhung raus, und die Bürger sind entsprechend und auch zurecht frustriert.
Müller: Aber es ist ja nicht ganz einleuchtend. Also diese Struktursteuerreform, das Merz-Modell, kostet 10 Milliarden Euro. Dann die geplante Gesundheitsreform, die Sie ja mit entwickelt haben, also die CSU, 25 Milliarden Euro.
Söder: Welche Gesundheitsreform soll 25 Milliarden kosten? Sie sollten mal ein bisschen bei den Realitäten bleiben.
Müller: 25 Milliarden für die geplanten Kopfpauschalen. Stimmt das nicht?
Söder: Zunächst einmal ist es so, dass das Modell der Gesundheitsprämie ein Modell ist, das bei der CDU in allen Bereichen diskutiert wird. CDU und CSU diskutieren miteinander, das steht noch nicht fest. Eine Bürgerversicherung, wenn Sie sich einmal angucken, was die SPD jetzt vorschlägt und sich wahrscheinlich dann nicht mehr traut, das in Gesetzesform zu bringen, weil es weitaus mehr Kosten verursachen und Probleme schaffen würde, also da muss man schon sehr realitätsnahe bleiben. Im Moment haben wir ein Gesundheitsreformmodell, das Kostenentlastungen bringt. Wir hoffen, dass das weitergegeben wird an die entsprechenden Beitragszahler. Da haben wir zunächst einmal die Realität.
Müller: Vielleicht um noch mal nachzufragen, damit wir das nicht falsch verstanden haben: Das heißt, die Gesundheitspläne der Union gehen nicht einher mit einer Gegenfinanzierung von 25 Milliarden Euro, also ein steuerfinanzierter Ausgleich?
Söder: Wir diskutieren derzeit jetzt die Reform der Krankenversicherung, weil wir zunächst einmal abwarten wollen, wie wirkt die im letzten Jahr beschlossene Strukturreform. CDU/CSU werden Ende des Jahres dann gemeinsam Pläne auf den Tisch legen, auch in dem ursprünglich beschlossenen Modell der Gesundheitsprämien der CDU werden ja noch bestimmte Nachdiskussionen geführt. Das tun wir zusammen, und am Ende des Jahres werden CDU und CSU ein geschlossenes Konzept präsentieren.
Müller: Kommen wir noch einmal auf die Subventionen zu sprechen. Wo ist denn da konkret Handlungsbedarf nach dem Koch-Steinbrück-Modell?
Söder: Das Koch-Steinbrück-Papier ist natürlich eine entscheidende Aufbaugrundlage. Das wurde ja beschlossen. Da gibt es auch Konsens. Wichtig ist aber, dass man zunächst darlegt, dass dieses Papier ja dafür war, Einsparungen zu machen. Wir müssen hier einen Schritt weitergehen. Wir brauchen jetzt, weil wir eine entsprechende Steuerstrukturreform machen wollen, die dringend notwendig für das Land ist, dann auch die Gegenfinanzierung. Da sind wir bereit, über vieles zu reden, keine Frage, aber zunächst muss die Regierung auch bereit sein, über eine solche Strukturreform zu reden. Sie hat es übrigens einmal getan. Der Bundeskanzler sagte ja im letzten Jahr immer, er ist ja dafür, denn Deutschland braucht es dringend. Leider hören wir nichts mehr davon.
Müller: Vielen Dank für das Gespräch.