Dienstag, 19. März 2024

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Erik Lesser zum IBU-Korruptionsverdacht
"Die Theorie muss auch gelebt werden"

Ein Untersuchungsbericht offenbart, dass zwei ehemalige hochrangige Funktionäre im Biathlon-Weltverband über Jahre russische Dopingfälle vertuscht haben. Für Biathlet Erik Lesser ist das nicht überraschend.

Biathlet Erik Lesser im Gespräch mit Raphael Späth | 31.01.2021
Erik Lesser beim Biathlon-Weltcup in Ruhpolding 2018.
Biathlet Erik Lesser (imago sportfotodienst)
Die ehemaligen IBU-Spitzenfunktionäre Anders Besseberg und Nicole Resch sollen über Jahre gedopte Russen im Biathlon gedeckt haben. Im Gegenzug dazu wurden die beiden vom russischen Verband mit Luxus-Geschenken überhäuft, von teuren Uhren bis hin zu Luxusurlauben. Das stellt die unabhängige Prüfungskommission (ECR) im über 200 Seiten langen Untersuchungsbericht fest.

Enthüllungen seien nicht überraschend

Für den deutschen Biathleten Erik Lesser kommen diese Enthüllungen nicht überraschend, denn "es gab ja auch Gerüchte, dass die Entscheidungen der beiden pro-russisch waren und sie viel gemeinschaftlich versucht haben."
Besseberg und Resch sind nach mehreren Razzien im Frühjahr 2018 zurückgetreten, die Internationale Biathlon-Union hat deshalb unter dem neuen Präsidenten Olle Dahlin Strukturreformen und eine neue Satzung entwickelt, um solche Korruptionsfälle vorzubeugen hat. Auch eine "Integrity Unit" gehört dazu.
Verfolgungsrennen beim Biathlon-Weltcup in Oberhof
Biathlon - Saisonstart mit neuer Dopingbekämpfung
Am Wochenende beginnt in Kontiolahti (Finnland) die neue Biathlon-Weltcupsaison. Nicht nur sportlich wird es interessant. Gut zweieinhalb Jahre nachdem die damalige Spitze des Biathlon-Weltverbandes wegen massiver Korruptionsvorwürfe zurücktreten musste, soll nun ein neues Anti-Doping-System greifen.
Athletensprecher Erik Lesser sieht darin einen guten theoretischen Anfang: "Der Prozess ist noch nicht ganz abgeschlossen, auf alle Fälle sollte es theoretisch nicht mehr möglich sein, sein Amt so zu missbrauchen, wie die beiden das getan haben. Aber so eine Theorie muss auch gelebt werden. Man findet ja immer Wege, krumme Dinge zu drehen. Aber ich hoffe, dass die an den richtigen Stellen sitzenden Personen, sich ihrer Verantwortung bewusst sind."

Razzien müssen auch zu Ergebnissen führen

Bei der Weltmeisterschaft in Antholz im letzten Jahr hatte es eine Razzia im russischen Team gegeben. Doch Lesser fehlen die Ergebnisse dieser Razzia: "Es macht mich schon ein bisschen stutzig, ob das damals eine gehaltsvolle Razzia war oder einfach nur eine Razzia, um irgendwas zu machen."
Dennoch sei die Kommunikation zwischen dem Verband und der Athletenkommission grundsätzlich besser geworden. Es gebe ein offenes Verhältnis zur Verbandsführung und gerade in der Coronazeit einen regen Austausch. "Wir finden immer ein offenes Ohr, wenn wir Probleme haben", so Lesser.