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Erleichterungen für die Wirtschaft
Altmaier umschmeichelt mittelständische Unternehmen

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat den Mittelstand entdeckt - er möchte die Firmen stärken: durch den Abbau von Bürokratie und mit Steuererleichterungen. Bei den Firmen kommt das gut an.

Von Theo Geers | 29.08.2019
Bundes-Wirtschaftsminister Peter Altmaier besucht die Firma Sennheiser
Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf Mittelstandreise beim Unternehmen Sennheiser (imago/localpic)
Peter Altmaier: "Freut mich sehr, dass ich bei Ihnen sein darf. Ich bin sogar ein alter Kunde von Ihnen. Ich hatte mal eine Wohnung gemietet, da beschwerte sich der Nachbar immer über das laute Fernsehgeräusch, weil die Wände so dünn waren. Und damals gab es Kopfhörer mit einem zehn Meter langen Kabel…"
"Heute geht es auch ohne Kabel…"
Peter Altmaier zu Besuch bei Sennheiser in Wennebostel bei Hannover. Artig wird der Wirtschaftsminister begrüßt von Daniel und Andreas Sennheiser, die das Unternehmen in dritter Generation führen. 2800 Mitarbeiter, davon die Hälfte in Deutschland, produzieren Kopfhörer, Mikrofone, Lautsprecher, sorgen für 710 Millionen Euro Umsatz. Sennheiser zeigt: Mittelstand - das sind nicht nur kleine familiengeführte Unternehmen, sondern es sind gerade in Deutschland auch viele Weltmarktführer, die in ihrer jeweiligen Nische ganz vorne mitspielen und - ginge es nach Altmaier - diese weltweit einzigartige Stärke noch ausbauen sollen. Das will Altmaier mit seiner neuen Mittelstandsstrategie erreichen.
"Mir kommt es drauf an, dass wir konkrete Schritte machen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Ein mittelständischer Unternehmer, der heute aus dem Familienvermögen 20 Millionen Euro investiert in eine Investition, die sich über zehn, 15, manchmal sogar 20 Jahre rentieren soll, der möchte wissen, wie die Rahmenbedingungen in diesen 15 bis 20 Jahren sind – für Sozialabgaben, für steuerliche Belastungen, und auch für Energiekosten."
Steuererleichterungen, flexiblere Arbeitszeiten und erleichterter Fachkräftezuzug
Und so unterzieht Peter Altmaier seine neue Strategie gleich mal einem Praxistest bei Sennheiser. "Investition - und Sennheiser ist ein schönes Beispiel, wir investieren 8,5 Prozent vom Umsatz in Forschung und Entwicklung - muss honoriert werden in Deutschland", verlangt Andreas Sennheiser und kann dem Konzept Altmaiers Gutes abgewinnen.
Beispiel Steuern. Altmaier will nicht nur den Soli für alle abschaffen, er will eine umfassende Unternehmenssteuerreform. Einbehaltene Gewinne, mit denen ein Unternehmer Investitionen aus eigener Tasche finanziert, sollen nur noch mit 25 Prozent besteuert werden, heute sind es knapp 30 Prozent.
Hinzu kommen zahlreiche Detailregelungen: Gewerbesteuerzahlungen sollen bei der Einkommenssteuer angerechnet werden, Finanzämter niedrigere Zinssätze erheben, und über allem schwebt ein Steuer- und Abgabendeckel. Die Steuerbelastung soll 45 Prozent nicht überschreiten, bei den Sozialabgaben soll bei 40 Prozent Schluss sein. Dazu kommen Erleichterungen für die Fachkräfteeinwanderung, flexiblere Arbeitszeiten und natürlich der Bürokratieabbau. Auch das kommt bei Unternehmern wie Andreas Sennheiser an, er mahnt:
"Gesetzgebung: Da ist unser Anliegen, dass sinnvoll reguliert wird. Es ist ein Spagat, aber nicht jede Kleinigkeit im Leben muss reguliert werden."
Macht der Koalitionspartner SPD mit?
Die Botschaft ist angekommen. Altmaiers Konzept enthält ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz. Es soll Kosteneinsparungen vor allem für kleinere Firmen von über einer Milliarde Euro bringen. Aber der Wirtschaftsminister kann sich auch mehr vorstellen: kürzere Aufbewahrungsfristen im Steuerrecht, weniger Meldepflichten beim Mindestlohn oder auch eine Begrenzung der Auftraggeber-Haftung, wenn Unternehmen Subunternehmen beschäftigen.
Vieles davon ist aber mit dem Koalitionspartner SPD nicht zu machen, weiß auch Altmaier. Doch er bleibt unverdrossen, zumal er auch im Abwehrkampf steckt. Die SPD will die Vermögenssteuer wieder aufleben lassen und die Unternehmenshaftung einführen. Beides lehnt Altmaier strikt ab und so steht es auch in seinem Papier. Wie sehr ihn diese Dinge umtreiben, wird auch bei Sennheiser deutlich. Beim Rundgang durch die Firma muss Altmaier am Ende einen neuen Kopfhörer testen. Er setzt ihn auf und strahlt danach von einem Ohr bis zu anderen.
"Also, der Kopfhörer hat gesagt: Die Mittelstandstrategie ist großartig und die muss unbedingt umgesetzt werden." - "Da hat wohl jemand noch eine andere CD reingetan…"