Friedbert Meurer: Die Atmosphäre gestern im US Außenministerium war herzlich, sagen diejenigen, die dabei waren, die es beobachtet haben, das Gespräch, beziehungsweise das Treffen von Condoliza Rice, der US-Außenministerin mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Aber im Kern bleiben die USA dabei, wichtige Empfehlungen der so genanten Baker-Hamilton Kommission nicht umzusetzen. Unter anderem eben nicht damit dem Iran und Syrien zu reden, um die Situation im Irak besser unter Kontrolle zu bekommen. Das war ein Vorschlag dieser Kommission, und Steinmeier war ja gerade erste Anfang der Woche in Damaskus gewesen, beim syrischen Präsidenten Assad.
Am Telefon begrüße ich nun Gernot Erler, er ist Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD Politiker. Guten Morgen, Herr Erler.
Gernot Erler: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Diese Absage zunächst der US-Regierung, mit dem Iran und mit Syrien zu reden, wie sehr enttäuscht Sie das?
Erler: Es ist so, dass es mich nicht besonders überrascht, weil ich glaube, es war von vorneherein unrealistisch, dass Politik so funktioniert, dass eine hochrangige Gruppe einen Vorschlag macht, der letzen Endes auf einen Politikwechsel in Washington hinausläuft und der Präsident sagt, ok, machen wir, denn das würde ja auch bedeuten, dass man sich eingesteht, dass man bisher eine falsche Politik gemacht hat, die dringend korrekturbedürftig ist. Und ich glaube überall auf der Welt würde dieses Eingeständnis einer Regierung schwierig sein.
Meurer: Wie sinnvoll, glauben Sie denn, wäre es, mit dem Iran und Syrien zu reden?
Erler: Absolut sinnvoll. Und deswegen ist das ja auch ein wichtiger Punkt, sogar die wichtigste politische Botschaft, aus der Iraq Study Group von Baker und Hamilton, die Gespräche ohne Vorbedingungen vorgeschlagen haben. Dahinter steckt ja die Einsicht, dass es nicht mehr möglich ist, alleine im Irak selber die Situation unter Kontrolle zu bringen, sondern dass man einen regionalen Ansatz braucht, der so weit geht, dass man sogar das eigentliche Nahost-Problem, nämlich die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern, angehen muss. Und das steckt ja auch hinter dem deutschen Ansatz, der von Frank-Walter Steinmeier, dem deutschen Außenminister, vorangetrieben wird.
Syrien hat ja nun nachweislich mit Irak selber gar nichts zu tun, aber Syrien ist wahrscheinlich ein Schlüsselland um das israelisch-palästinensische Problem zu lösen. So ist die Reise des Außenministers nach Damaskus zu erklären. Und darüber hat ja auch jetzt er mit seinen amerikanischen Partner intensiv geredet. Dahinter steckt auch, dass Frank-Walter Steinmeier sagt, wir brauchen wieder das Nahost-Quartett, also diese sehr, sehr hohe Autorität, von der EU, von den Vereinten Nationen, von Amerika und Russland um in dieser Region voranzukommen.
Meurer: Auf der anderen Seite, Herr Erler, kann man sich wirklich so an Syrien und Iran, ich möchte nicht sagen heranwerfen, aber zwei Länder hofieren, die doch eine ziemlich problematische Politik vertreten?
Erler: Beide Länder fühlen sich isoliert, beide Länder haben ganz eindeutig ein Interesse, mehr Anerkennung in der Welt zu bekommen und sie können etwas liefern. Sie könnten wechseln zu einer konstruktiven Haltung, während sie bisher eindeutig eine destruktive Haltung haben. Und die Frage ist eben, ob man die Probleme, die schrecklichen Probleme im Irak ohne eine solche Unterstützung des einen Landes, nämlich Iran, im Lande selbst, mit ihrem Einfluss auf die Schiiten im Irak und des anderen Landes, Syrien eben, was die Stabilisierung des Libanon angeht, und damit eine Voraussetzungen schaffen, überhaupt regional eine Stabilisierung herbeizuführen.
Meurer: Nur, passt das zusammen, über den Iran im UNO-Sicherheitsrat zu richten, wegen möglichen Atomwaffenbaus, und dann gleichzeitig vom Iran zu erwarten, sie würden ein konstruktive Rolle in Irak spielen?
Erler: Es geht ja nicht darum, den Iran zu richten, sondern seit 2003 versuchen ja gerade die Europäer, eine Verhandlungslösung mit dem Iran zu dem Nuklear-Problem zu bekommen, was ja auch sehr weitgehende Angebote der Kooperation, der Lieferung von High-tech und so weiter angeht. Also hier ist ja das nur ein Teil eines Prozesses, der eigentlich ganz ähnlich verläuft, wo man eben eine Integration und eben einen Wechsel zu einer konstruktiven Politik auf diesem Verhandlungsweg versucht hat.
Meurer: Wenn die USA dabei bleiben, wir ändern unsere Politik nicht, wir nehmen die Empfehlungen, die entscheidenden Empfehlungen, der Iraq Study Group Baker und Hamilton nicht an, kann dann Deutschland sich zurücklehnen und sagen, dann gibt es ja auch keine neue Rolle für uns?
Erler: Nein. Deutschland wird sich nicht zurücklehnen. Der deutsche Außenminister, bin ich sicher, wird seine Bemühungen durch seine diplomatischen Anstrengungen vor Ort fortsetzen, weil er fest davon überzeugt ist, und dabei auch viel Unterstützung aus Deutschland bekommt, dass man eben diesen Nahost-Prozess insgesamt wieder in Fahrt bringen muss. Die einzelnen Probleme alleine lassen sich nicht lösen. Und ich bin auch ganz optimistisch was die amerikanische Position angeht, ich glaube, man muss jetzt einfach ein bisschen Geduld haben, es kann gut sein, dass die Vorschläge der Iraq Study Group dann eine bessere Chance haben, sozusagen ohne großes Aufsehen zu einem Politikwechsel in Washington zu führen, wenn man über diese Empfehlungen gar nicht mehr öffentlich redet.
Meurer: Ab dem 1. Januar, Herr Erler, wird Deutschland sowohl die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen, als auch die Präsidentschaft für ein Jahr im Rahmen von G8, also den acht führenden Industrienationen. Das hat auf der einen Seite Vorteile, auf der andern Seite vielleicht auch Nachteile, denn wird damit der politische Spielraum für, zum Beispiel für Steinmeier, kleiner und geringer, weil er ja dann für mehrere Staaten spricht, als nur für Deutschland?
Erler: Das ist zweifellos richtig. Die Frage ist ja, mit wie vielen Problemen insgesamt werden wir belastet sein, wenn diese Doppelpräsidentschaft beginnt. Und der politische Spielraum, das ist ja klar, der wird enger, wenn man sich auf die Lösung von aktuellen Herausforderungen und Problemen konzentrieren muss, da gibt es einige Stellen, wo so was vorkommen kann, wir haben mit Sicherheit die Frage Kosovo, die Statusfrage, mit den möglichen Auswirkungen auf die Region, wir haben jetzt das neue Problem mit der Fortsetzung der Verhandlungen mit der Türkei, wir haben die Dauerprobleme Afghanistan und Irak, also es ist eine ganze Menge, was uns da begleitet und so muss man auch die Bemühungen des deutschen Außenministers sehen, möglichst viel davon jetzt nicht zu aktuell problematisch werden zu lassen, damit wir noch Chancen haben, eben die großen Erwartungen zu erfüllen, oder wenigstens teilweise zu erfüllen, die sich an unsere Doppelpräsidentschaft da richten.
Meurer: Im Fall der Türkei, finden Sie es eigentlich richtig, dass die EU dabei bleibt jetzt einige Kapitel bei den Beitrittsverhandlungen der Türkei auszusetzen, obwohl Ankara angeboten hat, einen Flughafen für Zypern zu öffnen?
Erler: Also, darüber werden jetzt am Montag die Außenminister reden und werden auch zu bewerten haben, was das denn eigentlich für ein Schritt war, den Erdogan, der türkische Ministerpräsident jetzt gemacht hat und mit den Finnen verabredet hat. So ganz genau weiß man das bisher nicht. Aber mein persönlicher Eindruck ist, dass es hier eine schwierige Situation für den türkischen Ministerpräsidenten gibt, weil jede Form von Kompromiss in der Frage Zypern außerordentlich unpopulär im eigenen Land ist. Er kann also nicht einfach direkt hier die Schritte tun. Es sieht so aus, als hätte er den Weg einer Art Testballon gewählt, also eher Andeutungen gemacht, und einmal abgewartet, wie die Reaktion im eigenen Lande ist…
Meurer: ... und die Reaktion der EU ist im Moment nein. Sollte die EU anders reagieren?
Erler: Die Reaktion der EU ist natürlich, dass man auf eine Testballon nicht eine neue Politik aufbauen kann. Das heißt, ich glaube, dass sich in den nächsten Tagen, bis zum 14 . Dezember, wo der Europäische Rat dann stattfindet, der die finnische Präsidentschaft abschließt, dass bis dahin die Zeit noch genutzt werden kann, um das zu konkretisieren, um was dieses Angebot geht. Ich glaube nicht, dass am nächsten Montag das entschieden wird, sondern erst am 14.
Meurer: Das war Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD-Bundesabgeordneter. Herr Erler, Besten Dank und Auf Wiederhören.
Erler: Ich grüße Sie.
Am Telefon begrüße ich nun Gernot Erler, er ist Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD Politiker. Guten Morgen, Herr Erler.
Gernot Erler: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Diese Absage zunächst der US-Regierung, mit dem Iran und mit Syrien zu reden, wie sehr enttäuscht Sie das?
Erler: Es ist so, dass es mich nicht besonders überrascht, weil ich glaube, es war von vorneherein unrealistisch, dass Politik so funktioniert, dass eine hochrangige Gruppe einen Vorschlag macht, der letzen Endes auf einen Politikwechsel in Washington hinausläuft und der Präsident sagt, ok, machen wir, denn das würde ja auch bedeuten, dass man sich eingesteht, dass man bisher eine falsche Politik gemacht hat, die dringend korrekturbedürftig ist. Und ich glaube überall auf der Welt würde dieses Eingeständnis einer Regierung schwierig sein.
Meurer: Wie sinnvoll, glauben Sie denn, wäre es, mit dem Iran und Syrien zu reden?
Erler: Absolut sinnvoll. Und deswegen ist das ja auch ein wichtiger Punkt, sogar die wichtigste politische Botschaft, aus der Iraq Study Group von Baker und Hamilton, die Gespräche ohne Vorbedingungen vorgeschlagen haben. Dahinter steckt ja die Einsicht, dass es nicht mehr möglich ist, alleine im Irak selber die Situation unter Kontrolle zu bringen, sondern dass man einen regionalen Ansatz braucht, der so weit geht, dass man sogar das eigentliche Nahost-Problem, nämlich die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern, angehen muss. Und das steckt ja auch hinter dem deutschen Ansatz, der von Frank-Walter Steinmeier, dem deutschen Außenminister, vorangetrieben wird.
Syrien hat ja nun nachweislich mit Irak selber gar nichts zu tun, aber Syrien ist wahrscheinlich ein Schlüsselland um das israelisch-palästinensische Problem zu lösen. So ist die Reise des Außenministers nach Damaskus zu erklären. Und darüber hat ja auch jetzt er mit seinen amerikanischen Partner intensiv geredet. Dahinter steckt auch, dass Frank-Walter Steinmeier sagt, wir brauchen wieder das Nahost-Quartett, also diese sehr, sehr hohe Autorität, von der EU, von den Vereinten Nationen, von Amerika und Russland um in dieser Region voranzukommen.
Meurer: Auf der anderen Seite, Herr Erler, kann man sich wirklich so an Syrien und Iran, ich möchte nicht sagen heranwerfen, aber zwei Länder hofieren, die doch eine ziemlich problematische Politik vertreten?
Erler: Beide Länder fühlen sich isoliert, beide Länder haben ganz eindeutig ein Interesse, mehr Anerkennung in der Welt zu bekommen und sie können etwas liefern. Sie könnten wechseln zu einer konstruktiven Haltung, während sie bisher eindeutig eine destruktive Haltung haben. Und die Frage ist eben, ob man die Probleme, die schrecklichen Probleme im Irak ohne eine solche Unterstützung des einen Landes, nämlich Iran, im Lande selbst, mit ihrem Einfluss auf die Schiiten im Irak und des anderen Landes, Syrien eben, was die Stabilisierung des Libanon angeht, und damit eine Voraussetzungen schaffen, überhaupt regional eine Stabilisierung herbeizuführen.
Meurer: Nur, passt das zusammen, über den Iran im UNO-Sicherheitsrat zu richten, wegen möglichen Atomwaffenbaus, und dann gleichzeitig vom Iran zu erwarten, sie würden ein konstruktive Rolle in Irak spielen?
Erler: Es geht ja nicht darum, den Iran zu richten, sondern seit 2003 versuchen ja gerade die Europäer, eine Verhandlungslösung mit dem Iran zu dem Nuklear-Problem zu bekommen, was ja auch sehr weitgehende Angebote der Kooperation, der Lieferung von High-tech und so weiter angeht. Also hier ist ja das nur ein Teil eines Prozesses, der eigentlich ganz ähnlich verläuft, wo man eben eine Integration und eben einen Wechsel zu einer konstruktiven Politik auf diesem Verhandlungsweg versucht hat.
Meurer: Wenn die USA dabei bleiben, wir ändern unsere Politik nicht, wir nehmen die Empfehlungen, die entscheidenden Empfehlungen, der Iraq Study Group Baker und Hamilton nicht an, kann dann Deutschland sich zurücklehnen und sagen, dann gibt es ja auch keine neue Rolle für uns?
Erler: Nein. Deutschland wird sich nicht zurücklehnen. Der deutsche Außenminister, bin ich sicher, wird seine Bemühungen durch seine diplomatischen Anstrengungen vor Ort fortsetzen, weil er fest davon überzeugt ist, und dabei auch viel Unterstützung aus Deutschland bekommt, dass man eben diesen Nahost-Prozess insgesamt wieder in Fahrt bringen muss. Die einzelnen Probleme alleine lassen sich nicht lösen. Und ich bin auch ganz optimistisch was die amerikanische Position angeht, ich glaube, man muss jetzt einfach ein bisschen Geduld haben, es kann gut sein, dass die Vorschläge der Iraq Study Group dann eine bessere Chance haben, sozusagen ohne großes Aufsehen zu einem Politikwechsel in Washington zu führen, wenn man über diese Empfehlungen gar nicht mehr öffentlich redet.
Meurer: Ab dem 1. Januar, Herr Erler, wird Deutschland sowohl die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen, als auch die Präsidentschaft für ein Jahr im Rahmen von G8, also den acht führenden Industrienationen. Das hat auf der einen Seite Vorteile, auf der andern Seite vielleicht auch Nachteile, denn wird damit der politische Spielraum für, zum Beispiel für Steinmeier, kleiner und geringer, weil er ja dann für mehrere Staaten spricht, als nur für Deutschland?
Erler: Das ist zweifellos richtig. Die Frage ist ja, mit wie vielen Problemen insgesamt werden wir belastet sein, wenn diese Doppelpräsidentschaft beginnt. Und der politische Spielraum, das ist ja klar, der wird enger, wenn man sich auf die Lösung von aktuellen Herausforderungen und Problemen konzentrieren muss, da gibt es einige Stellen, wo so was vorkommen kann, wir haben mit Sicherheit die Frage Kosovo, die Statusfrage, mit den möglichen Auswirkungen auf die Region, wir haben jetzt das neue Problem mit der Fortsetzung der Verhandlungen mit der Türkei, wir haben die Dauerprobleme Afghanistan und Irak, also es ist eine ganze Menge, was uns da begleitet und so muss man auch die Bemühungen des deutschen Außenministers sehen, möglichst viel davon jetzt nicht zu aktuell problematisch werden zu lassen, damit wir noch Chancen haben, eben die großen Erwartungen zu erfüllen, oder wenigstens teilweise zu erfüllen, die sich an unsere Doppelpräsidentschaft da richten.
Meurer: Im Fall der Türkei, finden Sie es eigentlich richtig, dass die EU dabei bleibt jetzt einige Kapitel bei den Beitrittsverhandlungen der Türkei auszusetzen, obwohl Ankara angeboten hat, einen Flughafen für Zypern zu öffnen?
Erler: Also, darüber werden jetzt am Montag die Außenminister reden und werden auch zu bewerten haben, was das denn eigentlich für ein Schritt war, den Erdogan, der türkische Ministerpräsident jetzt gemacht hat und mit den Finnen verabredet hat. So ganz genau weiß man das bisher nicht. Aber mein persönlicher Eindruck ist, dass es hier eine schwierige Situation für den türkischen Ministerpräsidenten gibt, weil jede Form von Kompromiss in der Frage Zypern außerordentlich unpopulär im eigenen Land ist. Er kann also nicht einfach direkt hier die Schritte tun. Es sieht so aus, als hätte er den Weg einer Art Testballon gewählt, also eher Andeutungen gemacht, und einmal abgewartet, wie die Reaktion im eigenen Lande ist…
Meurer: ... und die Reaktion der EU ist im Moment nein. Sollte die EU anders reagieren?
Erler: Die Reaktion der EU ist natürlich, dass man auf eine Testballon nicht eine neue Politik aufbauen kann. Das heißt, ich glaube, dass sich in den nächsten Tagen, bis zum 14 . Dezember, wo der Europäische Rat dann stattfindet, der die finnische Präsidentschaft abschließt, dass bis dahin die Zeit noch genutzt werden kann, um das zu konkretisieren, um was dieses Angebot geht. Ich glaube nicht, dass am nächsten Montag das entschieden wird, sondern erst am 14.
Meurer: Das war Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD-Bundesabgeordneter. Herr Erler, Besten Dank und Auf Wiederhören.
Erler: Ich grüße Sie.