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Ermittlungen des Kartellamts
Streit um staatseigenen Forstbetrieb in Baden-Württemberg

Das Bundeskartellamt nimmt die staatlichen Förster in Baden-Württemberg ins Visier. Denn hinter dem Schutz und der Pflege des Waldes steckt vor allem eines: viel Geld. Das Kartellamt vermutet bei der staatlichen ForstBW eine marktbeherrschende Stellung.

Von Thomas Wagner | 07.05.2016
    Baumstämme lagern an einem Waldweg
    Baumstämme lagern an einem Waldweg (Andreas Diel)
    Bei dem Streit geht es um Milliarden – genauer gesagt: Um eine Milliarde Bäume. So viel stehen nämlich in den Wäldern Baden-Württembergs. Und es geht um Millionen – um sehr viele Millionen. Konkret: Über 150 Millionen Euro hat die staatliche ForstBW aus dem Holverkauf eingenommen. Das an sich wäre nichts Anstößiges. Aber, und jetzt kommt der Knackpunkt: ForstBW vermarktet nicht nur die Bäume aus dem landeseigenen Staatswald, sondern auch als eine Art "Holzvermarktungsdienstleiter" aus den vielen kommunalen und privaten Wäldern.
    Und genau das, so die Argumentation des Bundeskartellamtes, führe zu einer nach Ansicht der Behörde rechtswidrigen marktbeherrschenden Stellung: Denn alles in allem mache alleine die Menge an Nadelstammholz, die die ForstBW jährlich verkauft, einen Anteil von rund 60 Prozent am gesamten Holzmarkt in Baden-Württemberg aus – mit allen damit zusammenhängenden Konsequenzen.
    So könne ForstBW durch die starke Stellung den Preis quasi diktieren. Und mehr noch: Das Staatsunternehmen erhalte durch die gemeinsame Vermarktung automatisch umfangreiche Einblicke in die Geschäfte der privaten Waldbesitzer, die doch eigentlich Konkurrenten auf dem Holzmarkt seien.
    Zum zweiten Mal auf dem Holzweg
    Daneben befindet sich ForstBW aber nach Ansicht des Bundeskartellamtes noch in einem zweiten Punkt auf dem Holzweg: Die Behörde stößt sich daran, dass es durch besondere Situation in Baden-Württemberg vor allem staatliche Revierförster sind, die auch in privaten und kommunalen Wäldern entscheiden, was abgeholzt wird und was stehen bleibt. Das ist den Kartellwächtern ein Dorn im Auge.
    Umweltverbände, aber auch teilweise Vertreter der Kommunen und der privaten Waldbesitzer sehen das komplett anders: Gerade staatliche Förster hätten bei Entscheidungen über Abholzungen nicht nur den Profit im Auge, sondern auch die nachhaltige, ökologische Waldbewirtschaftung. Und dies sei gerade in Zeiten, in denen so viel über Klimawandel diskutiert wird, ganz besonders wichtig. Der Wald an sich sei mehr als ein kommerziell nutzbares Wirtschaftsgut, sondern ein sensibles Ökosystem. Und da mache es durchaus Sinn, wenn staatliche und eben nicht private Revierförster für die notwendige nachhaltige Ordnung sorgten.
    Erste Reaktionen
    Die ForstBW an ist zunächst mal auf die Bremse getreten: Bis zum Ausgang des Verfahrens hat sich das Staatsunternehmen aus der Vermarktung von Nadelstammholz aus Betrieben mit einer Fläche von über 100 Hektar zurückgezogen – vorläufig, wie es heißt; man befürchtet je nach Ausgang des Rechtsstreites hohe Schadensersatzforderungen. Wann das Oberlandesgericht Düsseldorf ein Urteil fällen wird, lässt sich nur wenige Tage nach Prozessauftakt noch nicht sagen.