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Ermittlungen wegen Mediendeals
Der Staat Israel gegen Benjamin Netanjahu

Benjamin Netanjahu soll wegen Korruption vor Gericht. Israels Regierungschef wird unter anderem vorgeworfen, Einfluss auf die Berichterstattung von Medien genommen zu haben. Netanjahu bestreitet das und spricht von einem "Putschversuch". Doch die Vorwürfe wiegen schwer.

Von Tim Aßmann  |
Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel
Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel (picture alliance/Ilia Yefimovich/dpa)
Der Staat Israel gegen Benjamin Netanjahu. Mit diesen Worten beginnt die Sondersendung zur Korruptionsanklage gegen Israels Regierungschef, und dann wird aufgezählt, worum es geht. Im Mittelpunkt: der sogenannte Fall 4000 – auch die Walla-Affäre genannt. Es ist dieser Fall in dem die Anklage gegen Netanjahu am Schwersten wiegt. Sie lautet auf Bestechlichkeit und es geht um das Verhältnis von Israels Langzeitpremier zu den Medien des Landes.
Netanjahu wollte, nach Ansicht der Ermittler, dass die beliebte Nachrichten-Webseite Walla möglichst nur Gutes über ihn und seine Familie berichtet. Deshalb habe der Regierungschef Absprachen mit dem Besitzer der Seite Shaul Elovitch getroffen, erklärte Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit bei der Bekanntgabe der Anklage.
"Elovitch, der den Premierminister zur Förderung seiner Geschäfts- und Wirtschaftsinteressen benötigte, erhielt vom Regierungschef und dessen Umfeld zahlreiche Bitten und Forderungen, die sich auf verschiedene Veröffentlichungen auf der Walla-Webseite bezogen. Einige dieser Wünsche gingen während des Wahlkampfes ein und Elovitch tat alles, um die Forderungen zu erfüllen."
Aggressiver Einfluss auf Berichterstattung?
Shaul Elovitch ist Mehrheitseigner des Konzerns Besek, dem größten Telekommunikationsunternehmen Israels. Bei einem Gespräch in Netanjahus Büro im Jahr 2015 soll der Premier den Generaldirektor des Kommunikationsministeriums angewiesen haben, dem Besek-Konzern keine wettbewerbsrechtlichen Schwierigkeiten bei der Übernahme des Aktienpakets eines TV-Anbieters zu machen. Besek erwarb die Aktien von einer privaten Firma, die Shaul Elovitch gehört und der an dem Geschäft umgerechnet rund 250 Millionen Euro verdiente. Jener Generaldirektor des Ministeriums ist heute Kronzeuge der Anklage.
Vor den Ermittlern ausgesagt hat auch der damalige Chef der Walla-Webseite und geschildert, dass die Netanjahu-Familie aggressiv Einfluss auf die Berichterstattung genommen habe. Aufgrund der Beweislage und der Summe, um die es geht, ist der Fall 4000 das Herzstück der Anklage. Aber auch im sogenannten Fall 2000 geht es um eine Medienabsprache Netanjahus, erklärt Generalstaatsanwalt Mandelblit.
"In dieser Anklageschrift beschloss ich, den Premierminister wegen Betrugs und Untreue anzuklagen, weil er mit dem Eigentümer der Zeitung Yedioth Ahronot, Noni Mozes, ein korruptes Gespräch über ein Bestechungsangebot führte."
Verhältnis zu Medien schon länger schwierig
Das Traditionsblatt Yedioth Ahronot ist die größte Zeitung Israels, aber sie hat harte Konkurrenz durch das Gratis-Massenblatt Israel Hayom des US-Milliardärs und Netanjahu-Freundes Sheldon Adelson. Der Premierminister soll dem Yedioth-Verleger Mozes in Aussicht gestellt haben, den Einfluss des Konkurrenzblattes zu begrenzen, wenn Yedioth Ahronoth besser über die Netanjahus berichtet. Die Ermittler stützen sich hier ebenfalls auf einen Kronzeugen und auf Telefonmitschnitte.
Sollten die Vorwürfe zutreffen, so hätte Netanjahu, in seinem obsessiven Streben, die Berichterstattung über sich selbst zu beeinflussen, zu kriminellen Mitteln gegriffen. Netanjahus Verhältnis zu den israelischen Medien war schon immer schwierig, sagt die Expertin für Medienrecht und Medienethik Tehilla Schwartz-Altshuler vom Israelischen Demokratie-Institut.
"Ich denke schon, dass etwas Wahrheit in den Behauptungen Netanjahus steckt. Die israelischen Medien tendieren tatsächlich eher nach links als nach rechts. Netanjahus Versuch, zurückzuschlagen, ist allerdings völlig aus den Fugen geraten, denn es ging bei diesem Kampf nicht darum, dass Medien politisch weiter rechts stehen, sondern dass sie für die Netanjahus sein sollen."
Der Premierminister weist alle Vorwürfe kategorisch zurück. Er spricht von einem Putschversuch – durch die Justiz und durch die Medien.