Jubel bei den einen, lange Gesichter bei den anderen. Auf einer Pressekonferenz in der Firmenzentrale bei Helsinki gibt der Geschäftsführer des Fennovoima-Konsortiums, Tapio Saarenpää, die lang ersehnte Entscheidung bekannt. Finnlands sechster Atomreaktor soll bei der Ortschaft Pyhäjoki an der Nordwestküste des Landes entstehen. Am erwählten Standort auf einer Halbinsel am Bottnischen Meerbusen sei das Felsgestein besonders stabil und frei von Rissen.
Saarenpää betont, dass mit der Gemeinde Simo in Lappland ein zweiter starker Bewerber im Rennen war, der nun aber leer ausgeht.
"Zwei sehr gute Standorte standen zur Wahl. Die Gemeinden haben unseren Plänen zugestimmt, die Bewohner der Region sind uns freundlich gesonnen. Und auch unsere Atomaufsicht und die beteiligten Umweltbehörden haben unserer Platzwahl im Norden Finnlands bereits grundsätzlich zugestimmt."
Die dünn besiedelte Küstenregion darf auf rund 4000 Arbeitsplätze in der Bauphase hoffen. Für den Betrieb der Anlage dürften nicht mehr als 500 Beschäftigte nötig sein. Im Vorjahr waren rund 15 Prozent der 3500 Einwohner von Pyhäjoki ohne Arbeit. Noch ist nicht entschieden, welcher Hersteller den Reaktor mit seinen geplanten 1800 Megawatt Leistung liefern soll. Angebote haben der französische Marktführer AREVA sowie das japanische Toshiba-Konzern unterbreitet.
Diese würden nun geprüft, im nächsten Jahr wolle Fennovoima seine Wahl treffen, sagt Saarenpää. Das Unternehmen will bereits 2015 am Standort mit dem Bau beginnen, 2020 soll der Meiler ans Netz gehen. Zusätzliche Energie, die dringend gebraucht wird, sagt Saarenpää:
"Unsere Teilhaber brauchen Energie, um hier in Finnland operieren zu können. Mit einem eigenen Kraftwerk ließe sich diese zu dauerhaft stabilen Preisen beschaffen. Zugleich will dieses Land nicht länger von Stromimporten aus Russland abhängig sein."
Mit Fennovoima drängt ein neuer Anbieter auf den Markt. Das Unternehmen gehört einer Vielzahl von Industriebetrieben und Stadtwerken sowie mehrheitlich dem deutschen E.ON-Konzern. In der Heimat muss E.ON seine Reaktoren in den nächsten Jahren stilllegen. In den nordischen Ländern hingegen laufen die lukrativen Alt-Meiler weiter, der geplante Neubau in Pyhäjoki soll seinen Strom zum Festpreis vor allem an die beteiligten Zellstofffabriken und Metallbetriebe liefern.
"Als wir uns 2007 aus dem Stand heraus bewarben, suchten wir einen erfahrenen Partner. Wir sind sehr froh, dass wir E.ON für unser Projekt gewinnen konnten. Das Unternehmen ist bereits in unserem Nachbarland Schweden engagiert. Wir setzen auf die Kompetenz dieses zweitgrößten Anbieters in Europa."
Der massive Ausbau der Kernkraft ist in Finnland umstritten, die Spaltung in dieser Frage zieht sich durch sämtliche Parteien. Doch unter dem lautstarken Protest von Umweltschützern machten Regierung und Parlament im Sommer vorigen Jahres den Weg für den Bau des sechsten und siebten Reaktors frei. Ein weiterer Zuschlag ging an den heimischen Energiekonzern TVO, der am Standort Olkiluoto an der Westküste bereits den Druckwasserreaktor EPR errichten lässt. Mehrfach hat die finnische Atomaufsicht die Arbeiten gestoppt, weil sich die Firmen nicht an Auflagen hielten. Wegen immer neuer Pannen ist mit dem ursprünglich für 2009 geplanten Betriebsstart frühestens 2013 zu rechnen.
Die kalkulierten Kosten könnten sich bis dahin verdoppelt haben. Der Hersteller AREVA und seine finnischen Auftraggeber streiten um die Verantwortung für enorme Folgekosten. Gelernt wurde aus dem Desaster wenig, bedauert Oras Tynkkynen, Energieexperte der finnischen Grünen.
"Bei allen Reaktorneubauten in der Welt gibt es Verzögerungen und Mehrkosten. Aber wenn die Lobby in Finnland für neue Meiler wirbt, geht sie von überaus optimistischen Annahmen aus. Fünf Jahre Bauzeit, kalkulierbare Kosten. Keines dieser Versprechen wurde jemals eingehalten. Auch das Argument, wir könnten nur mit Atomstrom unsere Klimaziele erreichen, hat sich als haltlos erwiesen. Zwei Drittel unseres Landes sind mit Wald, also Biomasse, bewachsen. Und wir haben eine lange Küstenlinie mit optimalen Standorten für Windmühlen."
Finnlands Grüne bringen das Kunststück fertig, an der Regierung beteiligt zu sein und zugleich den Atomkurs des neuen Ministerpräsidenten Jyrky Katainen heftig zu kritisieren.
Grüne und Umweltverbände betonen, dass die Zustimmung der Aufsichtsbehörden noch keinesfalls sicher ist. Zumal Fennovoima noch keine überzeugende Lösung für ein auf Sicht besonders drängendes Problem gefunden hat. Zwar haben die Stromkonzerne TVO und Fortum die Baupläne für Europas erstes Endlager für hochradioaktiven Strahlenmüll am Standort Olkiluoto weit voran getrieben. Doch der Konkurrenz von Fennovoima weisen die Unternehmen die kalte Schulter: Für zusätzlich anfallenden Atommüll aus dem Norden sei in ihrem Endlager leider kein Platz.
Linktipps:
Themenportal zu erneuerbaren Energien
Atomkraft (dradio.de-Sammelportal)
Saarenpää betont, dass mit der Gemeinde Simo in Lappland ein zweiter starker Bewerber im Rennen war, der nun aber leer ausgeht.
"Zwei sehr gute Standorte standen zur Wahl. Die Gemeinden haben unseren Plänen zugestimmt, die Bewohner der Region sind uns freundlich gesonnen. Und auch unsere Atomaufsicht und die beteiligten Umweltbehörden haben unserer Platzwahl im Norden Finnlands bereits grundsätzlich zugestimmt."
Die dünn besiedelte Küstenregion darf auf rund 4000 Arbeitsplätze in der Bauphase hoffen. Für den Betrieb der Anlage dürften nicht mehr als 500 Beschäftigte nötig sein. Im Vorjahr waren rund 15 Prozent der 3500 Einwohner von Pyhäjoki ohne Arbeit. Noch ist nicht entschieden, welcher Hersteller den Reaktor mit seinen geplanten 1800 Megawatt Leistung liefern soll. Angebote haben der französische Marktführer AREVA sowie das japanische Toshiba-Konzern unterbreitet.
Diese würden nun geprüft, im nächsten Jahr wolle Fennovoima seine Wahl treffen, sagt Saarenpää. Das Unternehmen will bereits 2015 am Standort mit dem Bau beginnen, 2020 soll der Meiler ans Netz gehen. Zusätzliche Energie, die dringend gebraucht wird, sagt Saarenpää:
"Unsere Teilhaber brauchen Energie, um hier in Finnland operieren zu können. Mit einem eigenen Kraftwerk ließe sich diese zu dauerhaft stabilen Preisen beschaffen. Zugleich will dieses Land nicht länger von Stromimporten aus Russland abhängig sein."
Mit Fennovoima drängt ein neuer Anbieter auf den Markt. Das Unternehmen gehört einer Vielzahl von Industriebetrieben und Stadtwerken sowie mehrheitlich dem deutschen E.ON-Konzern. In der Heimat muss E.ON seine Reaktoren in den nächsten Jahren stilllegen. In den nordischen Ländern hingegen laufen die lukrativen Alt-Meiler weiter, der geplante Neubau in Pyhäjoki soll seinen Strom zum Festpreis vor allem an die beteiligten Zellstofffabriken und Metallbetriebe liefern.
"Als wir uns 2007 aus dem Stand heraus bewarben, suchten wir einen erfahrenen Partner. Wir sind sehr froh, dass wir E.ON für unser Projekt gewinnen konnten. Das Unternehmen ist bereits in unserem Nachbarland Schweden engagiert. Wir setzen auf die Kompetenz dieses zweitgrößten Anbieters in Europa."
Der massive Ausbau der Kernkraft ist in Finnland umstritten, die Spaltung in dieser Frage zieht sich durch sämtliche Parteien. Doch unter dem lautstarken Protest von Umweltschützern machten Regierung und Parlament im Sommer vorigen Jahres den Weg für den Bau des sechsten und siebten Reaktors frei. Ein weiterer Zuschlag ging an den heimischen Energiekonzern TVO, der am Standort Olkiluoto an der Westküste bereits den Druckwasserreaktor EPR errichten lässt. Mehrfach hat die finnische Atomaufsicht die Arbeiten gestoppt, weil sich die Firmen nicht an Auflagen hielten. Wegen immer neuer Pannen ist mit dem ursprünglich für 2009 geplanten Betriebsstart frühestens 2013 zu rechnen.
Die kalkulierten Kosten könnten sich bis dahin verdoppelt haben. Der Hersteller AREVA und seine finnischen Auftraggeber streiten um die Verantwortung für enorme Folgekosten. Gelernt wurde aus dem Desaster wenig, bedauert Oras Tynkkynen, Energieexperte der finnischen Grünen.
"Bei allen Reaktorneubauten in der Welt gibt es Verzögerungen und Mehrkosten. Aber wenn die Lobby in Finnland für neue Meiler wirbt, geht sie von überaus optimistischen Annahmen aus. Fünf Jahre Bauzeit, kalkulierbare Kosten. Keines dieser Versprechen wurde jemals eingehalten. Auch das Argument, wir könnten nur mit Atomstrom unsere Klimaziele erreichen, hat sich als haltlos erwiesen. Zwei Drittel unseres Landes sind mit Wald, also Biomasse, bewachsen. Und wir haben eine lange Küstenlinie mit optimalen Standorten für Windmühlen."
Finnlands Grüne bringen das Kunststück fertig, an der Regierung beteiligt zu sein und zugleich den Atomkurs des neuen Ministerpräsidenten Jyrky Katainen heftig zu kritisieren.
Grüne und Umweltverbände betonen, dass die Zustimmung der Aufsichtsbehörden noch keinesfalls sicher ist. Zumal Fennovoima noch keine überzeugende Lösung für ein auf Sicht besonders drängendes Problem gefunden hat. Zwar haben die Stromkonzerne TVO und Fortum die Baupläne für Europas erstes Endlager für hochradioaktiven Strahlenmüll am Standort Olkiluoto weit voran getrieben. Doch der Konkurrenz von Fennovoima weisen die Unternehmen die kalte Schulter: Für zusätzlich anfallenden Atommüll aus dem Norden sei in ihrem Endlager leider kein Platz.
Linktipps:
Themenportal zu erneuerbaren Energien
Atomkraft (dradio.de-Sammelportal)