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Erweiterung des Saarlandmuseums

An der Galerie der Gegenwart in Saarbrücken wird bald wieder gebaut. Damit ist eine seit Jahren andauernde Hängepartie vorerst beendet - die Bevölkerung muss allerdings noch ins Boot geholt werden.

Von Tonia Koch | 18.08.2013
    Jeder Ton, jeder Gesprächsfetzen prallt von meterhohen kahlen Betonwänden zurück. Der Museumsrohbau, der unfertig in den Saarwiesen der Landeshauptstadt steht, löst bei Besuchern nach wie vor zwiespältige Gefühle aus.

    "Mir ist das Ganze zu massiv, zu intransparent, er erinnert mich an einen Bunker. Mir gefällt es toll, ganz außergewöhnlich. Also diese Eingangssituation finde ich so unschön, sie ist in den Proportionen für meine Begriffe missglückt. Der Schönecker-Bau ist ein Denkmal und ob der diese Dimension des Gebäudes hier vorne dran verträgt, das finde ich sehr kritisch; städtebaulich und auch aus architektonischer Sicht."

    Seit wenigen Wochen, seit feststeht, dass es weitergeht mit der geplanten Galerie der Gegenwart in Saarbrücken, lädt die Bauherrin, die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, die Menschen ein, das Gebäude zu besichtigen. Ziel dieser neuen Offenheit ist es, die Bevölkerung mit dem ungeliebten Betonklotz zu versöhnen, sagt der kaufmännische Direktor der Stiftung, Bernd Therre.

    "Wir sind guter Hoffnung, dass wir das schaffen. Die Gespräche im Rahmen der Führungen haben gezeigt, dass es auch Verständnis gibt für dieses Gebäude."

    Bei dem von Beginn an alles schief läuft. 2007 werden 350 internationale Entwürfe für den Erweiterungsbau der Modernen Galerie eingereicht. Die Jury kürt jedoch einen Gewinner, dessen Entwurf nicht realisiert werden darf, weil er die Vorgaben des Wettbewerbes außer Acht lässt. Die Politik mischt sich ein und macht Druck. Das Saarland steht 2009 vor einer Landtagswahl; ein Spatenstich soll her, damit ein wenig Glanz auf die CDU-Kulturministerin fällt.

    Das Bläserensemble der benachbarten Musikhochschule sorgt für einen feierlichen Rahmen. Umgesetzt wird der mit dem 5. Preis ausgezeichnete Kubus des Kölner Büros Twoo –Architekten. Der Bau ist städtebaulich äußerst umstritten. Schon bald laufen die Kosten aus dem Ruder. Statt der zunächst öffentlich kommunizierten neun Millionen Euro werden es am Ende wohl knapp 30 Millionen werden. Die Politik verschweigt das wahre Ausmaß der Kostensteigerung, es wird getrickst und gelogen. Und schließlich scheitert auch der mit der Bauleitung beauftragte Museumsleiter an der Aufgabe.

    Es folgen Jahre des Stillstands. Erst mit dem im vergangen Jahr ins Amt gekommenen SPD-Kulturminister Ulrich Commercon kommt wieder Bewegung ins Projekt, zunächst hinter den Kulissen, was für den skandalträchtigen Bau äußerst ungewöhnlich ist:

    "Dieses Projekt muss seriös zu Ende geführt werden und Seriosität setzt eine gründliche Planung voraus."

    Anfang des Monats wird das Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi damit betraut, dem Projekt wieder Leben einzuhauchen. Von den Architekten, die zum Beispiel die Ausstellungsarchitektur für den Erweiterungsbau des Städel Museums in Frankfurt entworfen haben, wird mehr verlangt, als eine Gebäudehülle zu verändern. Es geht vielmehr um eine Gliederung. Die vorhandenen Museumsbauten, drei unter Denkmalschutz stehende Pavillons des Architekten Hans Schönecker, der unfertige Betonwürfel sowie der in der Aue angelegte Skulpturengarten müssen in Beziehung zueinander gebracht werden.

    Wilfried Kuehn: "Die Schönecker-Pavillons sind geometrisch eine Art Dreiklang. Sie sind flach und haben eine Bewegung 1, 2, 3. Der Neubau steht alleine. Er ist wie ein Kontrapunkt. Wenn er so klein wäre wie die Pavillons von Schönecker, dann würde er dem nicht standhalten, er muss größer sein. Und zwischen dem Neuen und dem Bestehenden bildet sich ein schöner Raum, eine Art Figur-Grund-Beziehung und diesen gefächerten Raum, den wollen wir zum Erlebnisraum machen, den wollen wir zum Eingangsraum machen und alle werden den Eindruck haben, dass die Proportionen dann stimmen."

    Dabei müsse es gelingen, den Neubau auf das zu reduzieren, was er im Grunde auch sei, ein Anbau. 2500 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche. Bereits Schönecker hatte einen vierten Pavillon in den 1970er Jahren geplant, jedoch nie realisiert.

    Kuehn: "Der Denkfehler war, den Neubau zu sehr als Eingang zu betrachten, dadurch steht er plötzlich vor den Pavillons, er bildet eine Art Barriere. D.h., es ist ein optisches Problem, das sich auch durch die politischen Situationen ergeben hat, dass sozusagen ein Hassobjekt geschaffen wurde. Aber ich glaube, in dem Moment, wo wir den Platz als Ganzes betrachten, dass sich das total umdreht."

    Damit das gelingt, haben die Architekten den Frankfurter Installationskünstler Michael Riedel mit ins Boot genommen. Nur einer oder eine fehlt noch: eine neue Museumsleiterin oder ein neuer Museumsleiter. Spätestens im Herbst will der Kulturminister seine Wahl getroffen haben.