Die Lieblingsgeschichte von Petina Gappah "Fallhöhe" ist gleich die erste im Buch. Darin erzählt sie aus der Perspektive des einzigen Henkers des Landes, eines weißen alten Mannes. Es sei ihr nicht leicht gefallen, sich in ihn hineinzuversetzen, doch das empfindet sie als ihre Aufgabe – sich als Schriftstellerin mit Empathie ihren Figuren zu nähern.
Buchzitat "Die ersten fünf Baumler an meinem Strick waren so weiß wie ich. Für sie war Rhodesien ganz und gar nicht super, so viel steht fest, und auch nicht für die armen Teufel, die von ihnen abgemurkst wurden. Lauter Irre und Außenseiter, Spinner und Versager. Zum Beispiel mein erster Baumler, der Zugmörder von Wankie. Verdammt fetter Kerl, und ein Nacken wie ein brünstiger Stier. Brauchte einen längeren Strick als gedacht. Am Strick darf man nicht sparen, das war immer meine Devise."
Petina Gappah schaut dem Volk aufs Maul. Sie gibt Marktfrauen, Taxifahrern und Friseurinnen, aber auch gerissenen Anwälten und redseligen Richtern eine Stimme. Dazu kommt ihr scharfer Blick und immer auch eine gehörige Portion Humor. So findet die Autorin ihren eigenen, unverkennbaren Ton. Die Geschichte "Miss Mc Conkey aus der Bridgewater Close" erzählt von Gappahs Erfahrung, als eins der ersten schwarzen Kinder auf einer weißen, englischen Schule direkt nach der Unabhängigkeit Simbabwes 1980.
Buchzitat "Im März wurden die fünf schwarzen Kinder in das Büro von Miss Mc Conkey einbestellt. Ein Buch wurde vermisst und dann in der Tasche von Gary, der zu Hause Garikai hieß, gefunden. Miss Mc Conkey erklärte, einer von uns sei ein Dieb und ein Lügner. Danach hielt sie uns einen Vortrag über moralische Werte, und als wir den Blick senkten, wie es sich für respektvolle afrikanische Kinder gehörte, denen man beigebracht hatte, Erwachsenen ja nicht in die Augen zu sehen, geißelte sie jede Form von Verschlagenheit."
In dieser Schule wurde Petina Gappah auch vermittelt, dass das Englische hochwertiger sei als ihre Muttersprache Shona. Auch wenn sie das längst ganz anders sieht, so ist Englisch doch die Sprache für ihr literarisches Schaffen geblieben. Allerdings lässt sie durch Lieder, Gedichte und kurze Dialoge in "Rotten Row" zusätzlich sieben andere Sprachen Simbabwes aufblitzen. Doch sie musste feststellen, dass dies für das deutsche Publikum gar nicht so einfach ist:
"In der deutschen Ausgabe gibt es viel weniger Shona als in der Englischen, wir haben signifikante Stellen herausgenommen, weil wir zum ersten Buch das Feedback erhalten haben, dass deutsche Leser, das was sie Dialekt nennen, nicht mögen. Ich finde das schade, denn ich versuche damit zu zeigen, wie die Menschen wirklich sprechen. Simbabwer nutzen mindestens zwei Sprachen. Shona und Englisch, Ndebele und Englisch, Tonga und Englisch und einige verwenden drei oder vier Sprachen gleichzeitig. So wollte ich die Lebendigkeit zeigen, mit der die Menschen bei uns sprechen."
Petina Gappah schreibt über die Auswirkungen der Armut und des Glaubens an Hexerei, über Moral und Selbstmord. Sie erzählt, was der Volkszorn anrichten kann –wenn jemand unschuldig verdächtigt wird. Dabei ist das Schicksal der Opfer oft schon am Anfang einer Geschichte klar, was ihr aber niemals die Spannung nimmt. Viele Erzählungen beruhen auf wahren Begebenheiten. Einige Figuren treten öfter auf, so die junge Juristin Pepukai, das alter ego der Autorin. Wir begleiten sie zu einem Treffen von Nichtregierungsorganisationen, bei dem das Verteilen der Pfründe und Privilegien im Vordergrund steht, fliegen mit ihr nach Sierra Leone, um dort nach dem Völkermord über Fragen der Gerechtigkeit zu reflektieren oder erfahren beim Friseurbesuch, dass die Friseurin gerade von ihrem Liebhaber erschossen wurde.
Zitat "Biggie steckte sein Telefon ein und fragte: "Ko, imi. Nedza- Kindness. Beim Metzger hat mir jemand erzählt, Kindness wurde mit der Axt erschlagen?" "Sie wurde erschossen", sagte Zodwa. "Da war keine Axt im Spiel? Sicher? Gar keine Axt? Mir hat man von einer Axt erzählt." "So oder so, sie ist heimgegangen, Biggie."
Mit ihren volksnahen Geschichten hat Petina Gappah auch in ihrer Heimat großen Erfolg. Sie hat nationale Preise gewonnen und erfreut sich einer großen Leserschaft, obwohl Bücher für die meisten Menschen in Simbabwe - wie auch sonst auf dem Kontinent - zu den unerschwinglichen Luxusgegenständen zählen.
Buchzitat "Die ersten fünf Baumler an meinem Strick waren so weiß wie ich. Für sie war Rhodesien ganz und gar nicht super, so viel steht fest, und auch nicht für die armen Teufel, die von ihnen abgemurkst wurden. Lauter Irre und Außenseiter, Spinner und Versager. Zum Beispiel mein erster Baumler, der Zugmörder von Wankie. Verdammt fetter Kerl, und ein Nacken wie ein brünstiger Stier. Brauchte einen längeren Strick als gedacht. Am Strick darf man nicht sparen, das war immer meine Devise."
Petina Gappah schaut dem Volk aufs Maul. Sie gibt Marktfrauen, Taxifahrern und Friseurinnen, aber auch gerissenen Anwälten und redseligen Richtern eine Stimme. Dazu kommt ihr scharfer Blick und immer auch eine gehörige Portion Humor. So findet die Autorin ihren eigenen, unverkennbaren Ton. Die Geschichte "Miss Mc Conkey aus der Bridgewater Close" erzählt von Gappahs Erfahrung, als eins der ersten schwarzen Kinder auf einer weißen, englischen Schule direkt nach der Unabhängigkeit Simbabwes 1980.
Buchzitat "Im März wurden die fünf schwarzen Kinder in das Büro von Miss Mc Conkey einbestellt. Ein Buch wurde vermisst und dann in der Tasche von Gary, der zu Hause Garikai hieß, gefunden. Miss Mc Conkey erklärte, einer von uns sei ein Dieb und ein Lügner. Danach hielt sie uns einen Vortrag über moralische Werte, und als wir den Blick senkten, wie es sich für respektvolle afrikanische Kinder gehörte, denen man beigebracht hatte, Erwachsenen ja nicht in die Augen zu sehen, geißelte sie jede Form von Verschlagenheit."
In dieser Schule wurde Petina Gappah auch vermittelt, dass das Englische hochwertiger sei als ihre Muttersprache Shona. Auch wenn sie das längst ganz anders sieht, so ist Englisch doch die Sprache für ihr literarisches Schaffen geblieben. Allerdings lässt sie durch Lieder, Gedichte und kurze Dialoge in "Rotten Row" zusätzlich sieben andere Sprachen Simbabwes aufblitzen. Doch sie musste feststellen, dass dies für das deutsche Publikum gar nicht so einfach ist:
"In der deutschen Ausgabe gibt es viel weniger Shona als in der Englischen, wir haben signifikante Stellen herausgenommen, weil wir zum ersten Buch das Feedback erhalten haben, dass deutsche Leser, das was sie Dialekt nennen, nicht mögen. Ich finde das schade, denn ich versuche damit zu zeigen, wie die Menschen wirklich sprechen. Simbabwer nutzen mindestens zwei Sprachen. Shona und Englisch, Ndebele und Englisch, Tonga und Englisch und einige verwenden drei oder vier Sprachen gleichzeitig. So wollte ich die Lebendigkeit zeigen, mit der die Menschen bei uns sprechen."
Petina Gappah schreibt über die Auswirkungen der Armut und des Glaubens an Hexerei, über Moral und Selbstmord. Sie erzählt, was der Volkszorn anrichten kann –wenn jemand unschuldig verdächtigt wird. Dabei ist das Schicksal der Opfer oft schon am Anfang einer Geschichte klar, was ihr aber niemals die Spannung nimmt. Viele Erzählungen beruhen auf wahren Begebenheiten. Einige Figuren treten öfter auf, so die junge Juristin Pepukai, das alter ego der Autorin. Wir begleiten sie zu einem Treffen von Nichtregierungsorganisationen, bei dem das Verteilen der Pfründe und Privilegien im Vordergrund steht, fliegen mit ihr nach Sierra Leone, um dort nach dem Völkermord über Fragen der Gerechtigkeit zu reflektieren oder erfahren beim Friseurbesuch, dass die Friseurin gerade von ihrem Liebhaber erschossen wurde.
Zitat "Biggie steckte sein Telefon ein und fragte: "Ko, imi. Nedza- Kindness. Beim Metzger hat mir jemand erzählt, Kindness wurde mit der Axt erschlagen?" "Sie wurde erschossen", sagte Zodwa. "Da war keine Axt im Spiel? Sicher? Gar keine Axt? Mir hat man von einer Axt erzählt." "So oder so, sie ist heimgegangen, Biggie."
Mit ihren volksnahen Geschichten hat Petina Gappah auch in ihrer Heimat großen Erfolg. Sie hat nationale Preise gewonnen und erfreut sich einer großen Leserschaft, obwohl Bücher für die meisten Menschen in Simbabwe - wie auch sonst auf dem Kontinent - zu den unerschwinglichen Luxusgegenständen zählen.
"Ich will keine Stimme Simbabwes sein"
"Ich kenne einige Menschen, die nur drei Bücher gelesen haben, seitdem sie die Schule verlassen haben – und es sind meine. Sie kaufen kaum andere Romane, aber meine, weil sie verfügbar sind und weil sie darauf gespannt sind, worüber ich schreibe. Sie erkennen sich in meinen Büchern wieder, das ist wunderbar. Aber es beinhaltet auch eine große Verantwortung, weil die Menschen dann unterstellen, ich sei eine Art Wortführerin, ihre Repräsentantin und das ist das letzte was ich sein wollte – die Stimme Simbabwes."
Nach dem Ende der Herrschaft von Robert Mugabe wird die Schriftstellerin bei uns immer wieder aufgefordert, zur Situation in ihrem Land Stellung zu beziehen. Sie wurde für die Tagesthemen interviewt und sollte dann gleichzeitig ihr Buch in die Kamera halten. Diese Form von Werbung findet sie fürchterlich. Außerdem hasst sie die Frage, wie es nun in Simbabwe politisch weitergeht und meint, sie könne nicht hellsehen. Aber natürlich hat sie Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft des Landes:
"Ich wünsche mir ganz ehrlich, dass wir in eine Situation gelangen, in der wir nicht mehr von internationalen Organisationen abhängig sind - sei es der Internationale Gerichtshof, sei es die EU oder der Weltwährungsfond. Ein Land ist nicht eigenständig und kann keine gute Politik machen, wenn es auf diese Organisationen angewiesen ist. Ich wünschte, Simbabwe würde endlich ein normales Land werden, in dem die Menschen genug zu essen haben, einen vernünftigen Job bekommen. Wir haben Potenzial, wir haben die mit am besten ausgebildeten Menschen in ganz Afrika, eine sehr hohe Alphabetisierungsrate, sehr hart arbeitende und kreative Menschen, sehen Sie sich nur all die Schriftsteller und Künstler an. Ich wünschte, wir wären endlich das Land von dem wir alle träumen.
Den Jahreswechsel hat Petina Gappah in Simbabwe verbracht. Bis März ist sie noch Stipendiatin in Berlin, wo sie gerade ihren nächsten Roman beendet hat. Er wird von der letzten Reise David Livingstones handeln - ihr Lieblingsprojekt, an dem sie seit vielen Jahren gearbeitet hat. Wohin es sie anschließend verschlägt, weiß sie noch nicht.
"Ich wünsche mir ganz ehrlich, dass wir in eine Situation gelangen, in der wir nicht mehr von internationalen Organisationen abhängig sind - sei es der Internationale Gerichtshof, sei es die EU oder der Weltwährungsfond. Ein Land ist nicht eigenständig und kann keine gute Politik machen, wenn es auf diese Organisationen angewiesen ist. Ich wünschte, Simbabwe würde endlich ein normales Land werden, in dem die Menschen genug zu essen haben, einen vernünftigen Job bekommen. Wir haben Potenzial, wir haben die mit am besten ausgebildeten Menschen in ganz Afrika, eine sehr hohe Alphabetisierungsrate, sehr hart arbeitende und kreative Menschen, sehen Sie sich nur all die Schriftsteller und Künstler an. Ich wünschte, wir wären endlich das Land von dem wir alle träumen.
Den Jahreswechsel hat Petina Gappah in Simbabwe verbracht. Bis März ist sie noch Stipendiatin in Berlin, wo sie gerade ihren nächsten Roman beendet hat. Er wird von der letzten Reise David Livingstones handeln - ihr Lieblingsprojekt, an dem sie seit vielen Jahren gearbeitet hat. Wohin es sie anschließend verschlägt, weiß sie noch nicht.
Petina Gappah: "Die Schuldigen von Rotten Row, Stories"
Arche Verlag, Hamburg, 382 Seiten, 22 euro
Arche Verlag, Hamburg, 382 Seiten, 22 euro