Martin Zagatta: Im Wendland vor Ort ist auch Knut Hallmann unterwegs, der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Niedersachsen. Ihn haben wir eben, aber vor wenigen Minuten noch erreicht und fragen können, ob er Angst hat, dass diese Proteste aus dem Ruder laufen.
Knut Hallmann: Wir haben sicherlich keine Angst. Dazu ist der Einsatz in Gorleben über die Jahre einfach zu sehr gewachsen. Wir haben eine professionelle Einsatzleitung vor Ort, die, ich sage es mal so, mit allen Wassern gewaschen ist und sich auskennt im Konflikt, der sich dort auch politisch ergibt. Unsere Einsatzkräfte sind diesbezüglich natürlich auch schon sehr erfahren, wenn es darum geht, Castoren bis nach Gorleben zu begleiten.
Zagatta: In Stuttgart hat es ja kürzlich diesen höchst umstrittenen Polizeieinsatz gegeben. Kann das die Stimmung jetzt noch zusätzlich aufheizen?
Hallmann: Ich hoffe nicht. Ich denke, man kann "Stuttgart 21" nicht mit den Einsätzen in Gorleben und im Wendland vergleichen. Wir haben dort ein ganz anderes Klientel an Demonstranten und jetzt auch noch darüber hinaus eine Vielzahl mehr an Demonstranten, die es für notwendig erachten, dort gegen die Atompolitik der Bundesregierung zu demonstrieren.
Zagatta: Ja viel gewaltbereiter vielleicht sogar!
Hallmann: Ach das glaube ich eigentlich nicht. Ich denke, dass das Potenzial an gewaltbereiten Demonstranten immer gleich bleibt. Das liegt so bei einem Prozent, sagt man so. Und die anderen, das sind eigentlich diejenigen, die wir auch wertschätzen. Das sind Demonstranten, die für ihre Meinung einstehen, und dazu gibt es ein Grundgesetz und das lässt einfach auch derartige Aktivitäten zu, und das wünschen wir uns auch.
Zagatta: Beeinflusst das, was da in Stuttgart passiert ist, eigentlich die Einsatztaktik? Kann sich die Polizei einen zweiten solchen Einsatz überhaupt noch leisten, dass das wieder so aus dem Ruder läuft?
Hallmann: Na ja, gut, es gibt natürlich immer Situationen, dass dynamische Einsatzverläufe dann zu Entscheidungen bei der Polizeiführung führen, die dann möglicherweise nicht so auf Gegenliebe bei den Demonstranten stoßen. Dann wird dann schon mal der Wasserwerfer eingesetzt, oder es muss vom Schlagstock Gebrauch gemacht werden. Das wünschen wir natürlich für Gorleben nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es doch die eine oder andere Situation geben wird, wo unmittelbarer Zwang durch Polizeikräfte eingesetzt werden muss. Wir hoffen halt, dass dieser Wasserwerfereinsatz in "Stuttgart 21" hier nicht dazu führt, dass dieses effektive Einsatzmittel dann in Gorleben nicht Anwendung findet, denn es gibt ja nicht nur diesen starken Wasserstoß, der letztendlich möglicherweise auch Prellungen hervorrufen kann, sondern es gibt auch den Wasserregen und die Wassersperre, die letztendlich als effektives Einsatzmittel den Erfolg eines polizeilichen Einsatzes sichern kann.
Zagatta: Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, beklagt, die Polizei werde zunehmend als Puffer zwischen der Politik und der Gesellschaft missbraucht und die Atompolitik der Bundesregierung, so sagt er, könnte die Polizei jetzt an ihre Belastungsgrenzen bringen. Sehen Sie das denn auch so? Sehen Sie die Atompolitik der Bundesregierung als Belastung jetzt vor Ort bei Ihrem Einsatz, oder ist Ihnen das egal?
Hallmann: Egal kann es nicht sein. Wir sind ja alle irgendwo auch ein bisschen politisch. Die Polizeibeamtinnen und -beamten, die dort eingesetzt sind, haben natürlich auch ihre eigene Meinung zur Atompolitik und viele sagen auch, wir wollen das auch nicht haben. Nichts desto Trotz sind sie Polizeibeamte und haben den Rechtsstaat zu schützen. Der Castor ist legitimiert und dementsprechend hat er auch das Recht, nach Gorleben gebracht zu werden, und genau dieses Recht wird einfach durch Polizeikräfte dann auch geschützt.
Zagatta: Aber Sie sind jetzt dort ja auch nicht nur der Vertreter von Polizisten, sondern der Gewerkschaftssprecher. Fühlen Sie sich von der Politik missbraucht?
Hallmann: Missbraucht ist vielleicht ein harter Begriff. Ich denke, dass Politik ist, wie sie ist, und Polizeibeamte entscheiden sich für diesen Beruf, weil sie der Überzeugung sind, dass für eine Demokratie ein positiver polizeilicher Einsatz auch notwendig ist, um Recht zu sichern. Dann ist es manchmal halt auch so, dass man Sachen machen muss, die einem selber auch nicht so behagen, und dazu gehört sicherlich so ein Einsatz im Wendland, wo gegen seinen eigenen Willen, gegen seine eigene Überzeugung letztendlich dann doch etwas unterstützt werden muss.
Zagatta: Ist das eine schwierige Situation jetzt für Ihre Beamten, wenn man dann innerlich vielleicht auf der Seite der Demonstranten steht? 56 Prozent der Bundesbürger sind laut Umfragen gegen die Atompolitik der Bundesregierung. Macht das die Arbeit dort irgendwie schwerer?
Hallmann: Ganz sicher ist das so. Ich selber war bei vielen Castor-Einsätzen als Polizeikraft eingesetzt und ich hatte immer ein Unbehagen, nicht nur, weil die Strahlung natürlich auch nicht ganz sicher ist. Wenn man direkt am Castor-Behälter den Schutz sicherstellen muss, fragt man sich natürlich auch, stimmt das alles, was uns da erzählt wird, dass der Castor letztendlich keine Strahlung abgibt, in dem Maße, dass er gesundheitsgefährdend sein könnte. All diese Fragen stellen wir uns natürlich und das machen die Kolleginnen und Kollegen natürlich vor Ort auch. Gleichzeitig muss man natürlich sagen, dass die Einsatzbelastung natürlich hoch ist. Wir können uns vorstellen, dass die nächsten Tage bis zu 20 Stunden Einsatzkräfte ohne Pause eingesetzt werden müssen. Und das geht an die Psyche, das geht an die Konstitution, und kann auch im schlimmsten Fall gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen.
Knut Hallmann: Wir haben sicherlich keine Angst. Dazu ist der Einsatz in Gorleben über die Jahre einfach zu sehr gewachsen. Wir haben eine professionelle Einsatzleitung vor Ort, die, ich sage es mal so, mit allen Wassern gewaschen ist und sich auskennt im Konflikt, der sich dort auch politisch ergibt. Unsere Einsatzkräfte sind diesbezüglich natürlich auch schon sehr erfahren, wenn es darum geht, Castoren bis nach Gorleben zu begleiten.
Zagatta: In Stuttgart hat es ja kürzlich diesen höchst umstrittenen Polizeieinsatz gegeben. Kann das die Stimmung jetzt noch zusätzlich aufheizen?
Hallmann: Ich hoffe nicht. Ich denke, man kann "Stuttgart 21" nicht mit den Einsätzen in Gorleben und im Wendland vergleichen. Wir haben dort ein ganz anderes Klientel an Demonstranten und jetzt auch noch darüber hinaus eine Vielzahl mehr an Demonstranten, die es für notwendig erachten, dort gegen die Atompolitik der Bundesregierung zu demonstrieren.
Zagatta: Ja viel gewaltbereiter vielleicht sogar!
Hallmann: Ach das glaube ich eigentlich nicht. Ich denke, dass das Potenzial an gewaltbereiten Demonstranten immer gleich bleibt. Das liegt so bei einem Prozent, sagt man so. Und die anderen, das sind eigentlich diejenigen, die wir auch wertschätzen. Das sind Demonstranten, die für ihre Meinung einstehen, und dazu gibt es ein Grundgesetz und das lässt einfach auch derartige Aktivitäten zu, und das wünschen wir uns auch.
Zagatta: Beeinflusst das, was da in Stuttgart passiert ist, eigentlich die Einsatztaktik? Kann sich die Polizei einen zweiten solchen Einsatz überhaupt noch leisten, dass das wieder so aus dem Ruder läuft?
Hallmann: Na ja, gut, es gibt natürlich immer Situationen, dass dynamische Einsatzverläufe dann zu Entscheidungen bei der Polizeiführung führen, die dann möglicherweise nicht so auf Gegenliebe bei den Demonstranten stoßen. Dann wird dann schon mal der Wasserwerfer eingesetzt, oder es muss vom Schlagstock Gebrauch gemacht werden. Das wünschen wir natürlich für Gorleben nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es doch die eine oder andere Situation geben wird, wo unmittelbarer Zwang durch Polizeikräfte eingesetzt werden muss. Wir hoffen halt, dass dieser Wasserwerfereinsatz in "Stuttgart 21" hier nicht dazu führt, dass dieses effektive Einsatzmittel dann in Gorleben nicht Anwendung findet, denn es gibt ja nicht nur diesen starken Wasserstoß, der letztendlich möglicherweise auch Prellungen hervorrufen kann, sondern es gibt auch den Wasserregen und die Wassersperre, die letztendlich als effektives Einsatzmittel den Erfolg eines polizeilichen Einsatzes sichern kann.
Zagatta: Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, beklagt, die Polizei werde zunehmend als Puffer zwischen der Politik und der Gesellschaft missbraucht und die Atompolitik der Bundesregierung, so sagt er, könnte die Polizei jetzt an ihre Belastungsgrenzen bringen. Sehen Sie das denn auch so? Sehen Sie die Atompolitik der Bundesregierung als Belastung jetzt vor Ort bei Ihrem Einsatz, oder ist Ihnen das egal?
Hallmann: Egal kann es nicht sein. Wir sind ja alle irgendwo auch ein bisschen politisch. Die Polizeibeamtinnen und -beamten, die dort eingesetzt sind, haben natürlich auch ihre eigene Meinung zur Atompolitik und viele sagen auch, wir wollen das auch nicht haben. Nichts desto Trotz sind sie Polizeibeamte und haben den Rechtsstaat zu schützen. Der Castor ist legitimiert und dementsprechend hat er auch das Recht, nach Gorleben gebracht zu werden, und genau dieses Recht wird einfach durch Polizeikräfte dann auch geschützt.
Zagatta: Aber Sie sind jetzt dort ja auch nicht nur der Vertreter von Polizisten, sondern der Gewerkschaftssprecher. Fühlen Sie sich von der Politik missbraucht?
Hallmann: Missbraucht ist vielleicht ein harter Begriff. Ich denke, dass Politik ist, wie sie ist, und Polizeibeamte entscheiden sich für diesen Beruf, weil sie der Überzeugung sind, dass für eine Demokratie ein positiver polizeilicher Einsatz auch notwendig ist, um Recht zu sichern. Dann ist es manchmal halt auch so, dass man Sachen machen muss, die einem selber auch nicht so behagen, und dazu gehört sicherlich so ein Einsatz im Wendland, wo gegen seinen eigenen Willen, gegen seine eigene Überzeugung letztendlich dann doch etwas unterstützt werden muss.
Zagatta: Ist das eine schwierige Situation jetzt für Ihre Beamten, wenn man dann innerlich vielleicht auf der Seite der Demonstranten steht? 56 Prozent der Bundesbürger sind laut Umfragen gegen die Atompolitik der Bundesregierung. Macht das die Arbeit dort irgendwie schwerer?
Hallmann: Ganz sicher ist das so. Ich selber war bei vielen Castor-Einsätzen als Polizeikraft eingesetzt und ich hatte immer ein Unbehagen, nicht nur, weil die Strahlung natürlich auch nicht ganz sicher ist. Wenn man direkt am Castor-Behälter den Schutz sicherstellen muss, fragt man sich natürlich auch, stimmt das alles, was uns da erzählt wird, dass der Castor letztendlich keine Strahlung abgibt, in dem Maße, dass er gesundheitsgefährdend sein könnte. All diese Fragen stellen wir uns natürlich und das machen die Kolleginnen und Kollegen natürlich vor Ort auch. Gleichzeitig muss man natürlich sagen, dass die Einsatzbelastung natürlich hoch ist. Wir können uns vorstellen, dass die nächsten Tage bis zu 20 Stunden Einsatzkräfte ohne Pause eingesetzt werden müssen. Und das geht an die Psyche, das geht an die Konstitution, und kann auch im schlimmsten Fall gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen.