Friedbert Meurer: Bis halb zwei heute Nacht ist in Berlin über die große Koalition weiter verhandelt worden. Noch ist der Poker nicht abgeschlossen. Ab 16 Uhr heute will man wieder zusammensitzen. Die Zeit drängt. Montag sollen die Beschlüsse von den Parteitagen gebilligt werden und wegen der Gremiensitzungen vorher bliebe allenfalls noch im Notfall der morgige Samstag. Zum Stand der Koalitionsverhandlungen begrüße ich nun SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter. Guten Morgen, Herr Benneter.
Klaus Uwe Benneter: Guten Morgen!
Meurer: Wie gut stehen denn die Chancen, dass heute alles unter Dach und Fach gebracht wird?
Benneter: Nun gut, es ist eigentlich zu erwarten, dass wir das heute hinbekommen, aber es ist auch nicht völlig auszuschließen, dass wir da heute noch nicht mit zu Rande kommen. Logischerweise hat sich jetzt zum Schluss alles auf die sehr strittigen Punkte verdichtet, wo es auch darum geht, dass die künftigen Koalitionspartner das eben auch in der Vereinbarung sehen wollen, was sie unbedingt drin sehen müssen, wo sie meinen, nicht über ihren Schatten springen zu können. Das ist erfahrungsgemäß natürlich so wie bei Tarifverhandlungen. Ganz zum Schluss eben auch sind das die Dinge, die dann am meisten umkämpft sind. Deshalb wird man sich heute auch noch irgendwo gedulden müssen.
Meurer: Will da die SPD unbedingt die Reichensteuer im Vertrag sehen?
Benneter: Es geht ja darum: Wenn wir jetzt die Wirtschaft beleben wollen, wenn wir die Zukunftsfelder finanzieren wollen, dann müssen wir angesichts der schwierigen Haushaltslage sehen, dass auch diejenigen ihren Beitrag leisten, die das problemlos können, die das, wenn Sie so wollen, aus der Portokasse zahlen können. Um diejenigen geht es ja in diesem Zusammenhang. Sie kennen unser Wahlmanifest. Da war das ja mit ins Auge gefasst worden für diejenigen, die als Ledige 250.000 Euro oder 500.000 Euro als Verheiratete im Jahr an Einkommen haben. Das war früher eine Million D-Mark. Also das ist schon ein Happen. Wenn auf die eine Steuer von 7000 oder 8000 Euro im Jahr dann mehr dazu käme, dann wäre das etwas, was die problemlos verkraften könnten.
Meurer: Was fordert die Union im Gegenzug für die Reichensteuer?
Benneter: Es geht ja nicht, dass das immer so direkt gegeneinander gestellt würde, gegeneinander gehalten würde. Richtig ist, dass es auch darum geht zu sehen, wie man dieses Programm, dieses 25-Milliarden-Programm zur Belebung der Wirtschaft, wie man das eben gegenfinanziert. Und da ist unter anderem eben auch ins Auge gefasst, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, noch nicht zum Beginn des nächsten Jahres, aber zum Beginn des übernächsten Jahres, so dass also auch im nächsten Jahr noch genügend Gelegenheit bleibt, zu einem günstigeren Mehrwertsteuersatz einkaufen zu können.
Meurer: Die SPD hat im Wahlkampf massiv gegen die Mehrwertsteuer Front gemacht und jetzt wollen sie tatsächlich drei Prozent akzeptieren?
Benneter: Es geht ja darum, dass wir auf die ökonomischen und konjunkturellen Folgen hingewiesen haben, die eine solche Mehrwertsteuererhöhung ausmachen würde. Die gilt es natürlich auch weiterhin mit zu berücksichtigen. Es gilt auch weiterhin mit zu berücksichtigen, dass die Situation derjenigen, die ihr Einkommen fast vollständig dann Monat für Monat verausgaben müssen, besonders berücksichtigt wird, indem eben hier auch unterschiedliche Mehrwertsteuersätze ins Auge gefasst werden.
Meurer: Das ist aber keine Veränderung zum Status quo? Das haben wir ja jetzt schon, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz.
Benneter: Ja gut. Es ist ja richtig, dass wir jetzt, was den Status quo angeht, eben durchaus alle mit heranziehen müssen, aber wenn wir eben sagen alle, dann insbesondere auch diejenigen, die es dicke haben und die von einer solchen Erhöhung und auch von anderen Maßnahmen in diesem Zusammenhang nicht in dem Umfang einbezogen sind. Die können dann eben auch ihren Teil dazu beitragen und das ist ja das, was wir mit der Reichensteuer erreichen wollen.
Meurer: Bei 24 Milliarden Euro Steuererhöhung, von denen vielleicht ein Drittel durch niedrigere Lohnnebenkosten sozusagen wieder zurückgegeben wird, würgen Sie da die Konjunktur ab?
Benneter: Nein, sondern ich hatte eben ja gesagt, wir beleben damit die Wirtschaft. Wir finanzieren damit Zukunftsvorhaben wie die Familienförderung. In Forschung und Entwicklung wollen wir auf drei Prozent bis zum Jahre 2010 kommen. Wir haben dann ja eine ganze Reihe von Dingen vor, die unmittelbar dafür sorgen sollen, dass wir zu Wachstum und Beschäftigung kommen, wenn Sie an die haushaltsnahen Dienstleistungen denken, wenn Sie an die steuerliche Absetzbarkeit von privaten Handwerkerrechnungen denken, wenn Sie auch daran denken, dass Kinderbetreuungskosten dann steuerlich begünstigt werden sollen. Das sind alles Dinge, die Geld kosten, und wenn wir uns in dieser Weise eben neu ausrichten wollen auf die Zukunftsfelder, dann muss dort die große Koalition schon etwas schaffen, was jetzt eben auch nur eine solche große Koalition leisten kann. Dann denke ich ist das schon gerechtfertigt, dass in dieser Weise auch alle dazu beitragen, dass wir das Geld dafür haben.
Meurer: Wie weit auseinander, Herr Benneter, ist man noch bei den Arbeitsmarktreformen? Die CDU verlangt jetzt doch die Möglichkeit betrieblicher Bündnisse, so dass Tarifverträge geschlossen werden können, Vereinbarungen ohne die Gewerkschaften.
Benneter: Da gehe ich eigentlich davon aus, dass das auch schon im Vorfeld bei den Sondierungsgesprächen geregelt und abgehakt worden ist, dass an der Tarifautonomie nicht gerüttelt wird. Das Problem betrieblicher Bündnisse würde dann dieses Problemfeld schon mit umfassen.
Meurer: Also das heißt die CDU hat das jetzt nicht wieder auf den Tisch gelegt?
Benneter: Ich gehe jedenfalls davon aus, dass das geregelt ist und dass es dort unsererseits kein Nachlassen gibt. Was dann ansonsten noch an wechselseitigen Forderungen auf dem Tisch liegt, das wird man eben heute abklären müssen. Das sind etwa noch ein Dutzend von solchen Fragen, die man gegeneinander stellen muss, die jeweils teils mehr, teils weniger gewichtig sind. Das macht eben dann die Endverhandlungen aus.
Meurer: Ist der Kündigungsschutz durch? Gestern gab es dort Zweifel.
Benneter: Wenn man sieht, was wir insgesamt hier zusammengebracht haben - Sie haben ja davon gesprochen, von über 100 Seiten; mir liegt der letzte Entwurf mit 122 Seiten vor -, dann ist das schon ganz bemerkenswert und wichtig, wenn man sieht wie weit die beiden Parteien, die noch vor wenigen Tagen oder Wochen wild gegeneinander gestritten haben, in vielen Feldern zusammengekommen sind. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass sie im Felde des Arbeitsmarktes und im Felde der Arbeitsrechte auch zusammenkommen werden.
Meurer: Die SPD setzt auf das Soziale und der Sozialverband VDK kündigt jetzt einen heißen Herbst an wegen der Rentenpläne. Was sagen Sie zu dieser Kampfansage?
Benneter: Na ja, was die Rentenpläne angeht haben wir klar gesagt, dass die Renten nicht gekürzt werden. Was aber Rentenerhöhungen angeht, so sind die nach unserer gegenwärtig geltenden Rentenformel - und die berücksichtigt eben auch die demographische Entwicklung mit dem Nachhaltigkeitsfaktor - nicht drin.
Meurer: Aber das bedeutet, die Rentner müssen mehr Mehrwertsteuer bezahlen ohne Gegenkompensation und erhalten keine höheren Renten?
Benneter: Ja gut, aber ich meine man muss auch sehen, dass viele Rentner, jedenfalls statistisch, heute weit länger Rente beziehen und insofern weit höhere Rentenbeträge in ihrem Leben auch in Anspruch nehmen. Diese Rentenbeträge müssen ja aufgebracht werden von denjenigen, die die Beiträge zu zahlen haben. Wenn man das gegeneinander sieht, dann muss man in einem solchen Generationenvertrag eben auch das anpassen und da eben auch bei den Rentnerinnen und Rentnern um Verständnis für diese Situation bitten.
Klaus Uwe Benneter: Guten Morgen!
Meurer: Wie gut stehen denn die Chancen, dass heute alles unter Dach und Fach gebracht wird?
Benneter: Nun gut, es ist eigentlich zu erwarten, dass wir das heute hinbekommen, aber es ist auch nicht völlig auszuschließen, dass wir da heute noch nicht mit zu Rande kommen. Logischerweise hat sich jetzt zum Schluss alles auf die sehr strittigen Punkte verdichtet, wo es auch darum geht, dass die künftigen Koalitionspartner das eben auch in der Vereinbarung sehen wollen, was sie unbedingt drin sehen müssen, wo sie meinen, nicht über ihren Schatten springen zu können. Das ist erfahrungsgemäß natürlich so wie bei Tarifverhandlungen. Ganz zum Schluss eben auch sind das die Dinge, die dann am meisten umkämpft sind. Deshalb wird man sich heute auch noch irgendwo gedulden müssen.
Meurer: Will da die SPD unbedingt die Reichensteuer im Vertrag sehen?
Benneter: Es geht ja darum: Wenn wir jetzt die Wirtschaft beleben wollen, wenn wir die Zukunftsfelder finanzieren wollen, dann müssen wir angesichts der schwierigen Haushaltslage sehen, dass auch diejenigen ihren Beitrag leisten, die das problemlos können, die das, wenn Sie so wollen, aus der Portokasse zahlen können. Um diejenigen geht es ja in diesem Zusammenhang. Sie kennen unser Wahlmanifest. Da war das ja mit ins Auge gefasst worden für diejenigen, die als Ledige 250.000 Euro oder 500.000 Euro als Verheiratete im Jahr an Einkommen haben. Das war früher eine Million D-Mark. Also das ist schon ein Happen. Wenn auf die eine Steuer von 7000 oder 8000 Euro im Jahr dann mehr dazu käme, dann wäre das etwas, was die problemlos verkraften könnten.
Meurer: Was fordert die Union im Gegenzug für die Reichensteuer?
Benneter: Es geht ja nicht, dass das immer so direkt gegeneinander gestellt würde, gegeneinander gehalten würde. Richtig ist, dass es auch darum geht zu sehen, wie man dieses Programm, dieses 25-Milliarden-Programm zur Belebung der Wirtschaft, wie man das eben gegenfinanziert. Und da ist unter anderem eben auch ins Auge gefasst, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, noch nicht zum Beginn des nächsten Jahres, aber zum Beginn des übernächsten Jahres, so dass also auch im nächsten Jahr noch genügend Gelegenheit bleibt, zu einem günstigeren Mehrwertsteuersatz einkaufen zu können.
Meurer: Die SPD hat im Wahlkampf massiv gegen die Mehrwertsteuer Front gemacht und jetzt wollen sie tatsächlich drei Prozent akzeptieren?
Benneter: Es geht ja darum, dass wir auf die ökonomischen und konjunkturellen Folgen hingewiesen haben, die eine solche Mehrwertsteuererhöhung ausmachen würde. Die gilt es natürlich auch weiterhin mit zu berücksichtigen. Es gilt auch weiterhin mit zu berücksichtigen, dass die Situation derjenigen, die ihr Einkommen fast vollständig dann Monat für Monat verausgaben müssen, besonders berücksichtigt wird, indem eben hier auch unterschiedliche Mehrwertsteuersätze ins Auge gefasst werden.
Meurer: Das ist aber keine Veränderung zum Status quo? Das haben wir ja jetzt schon, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz.
Benneter: Ja gut. Es ist ja richtig, dass wir jetzt, was den Status quo angeht, eben durchaus alle mit heranziehen müssen, aber wenn wir eben sagen alle, dann insbesondere auch diejenigen, die es dicke haben und die von einer solchen Erhöhung und auch von anderen Maßnahmen in diesem Zusammenhang nicht in dem Umfang einbezogen sind. Die können dann eben auch ihren Teil dazu beitragen und das ist ja das, was wir mit der Reichensteuer erreichen wollen.
Meurer: Bei 24 Milliarden Euro Steuererhöhung, von denen vielleicht ein Drittel durch niedrigere Lohnnebenkosten sozusagen wieder zurückgegeben wird, würgen Sie da die Konjunktur ab?
Benneter: Nein, sondern ich hatte eben ja gesagt, wir beleben damit die Wirtschaft. Wir finanzieren damit Zukunftsvorhaben wie die Familienförderung. In Forschung und Entwicklung wollen wir auf drei Prozent bis zum Jahre 2010 kommen. Wir haben dann ja eine ganze Reihe von Dingen vor, die unmittelbar dafür sorgen sollen, dass wir zu Wachstum und Beschäftigung kommen, wenn Sie an die haushaltsnahen Dienstleistungen denken, wenn Sie an die steuerliche Absetzbarkeit von privaten Handwerkerrechnungen denken, wenn Sie auch daran denken, dass Kinderbetreuungskosten dann steuerlich begünstigt werden sollen. Das sind alles Dinge, die Geld kosten, und wenn wir uns in dieser Weise eben neu ausrichten wollen auf die Zukunftsfelder, dann muss dort die große Koalition schon etwas schaffen, was jetzt eben auch nur eine solche große Koalition leisten kann. Dann denke ich ist das schon gerechtfertigt, dass in dieser Weise auch alle dazu beitragen, dass wir das Geld dafür haben.
Meurer: Wie weit auseinander, Herr Benneter, ist man noch bei den Arbeitsmarktreformen? Die CDU verlangt jetzt doch die Möglichkeit betrieblicher Bündnisse, so dass Tarifverträge geschlossen werden können, Vereinbarungen ohne die Gewerkschaften.
Benneter: Da gehe ich eigentlich davon aus, dass das auch schon im Vorfeld bei den Sondierungsgesprächen geregelt und abgehakt worden ist, dass an der Tarifautonomie nicht gerüttelt wird. Das Problem betrieblicher Bündnisse würde dann dieses Problemfeld schon mit umfassen.
Meurer: Also das heißt die CDU hat das jetzt nicht wieder auf den Tisch gelegt?
Benneter: Ich gehe jedenfalls davon aus, dass das geregelt ist und dass es dort unsererseits kein Nachlassen gibt. Was dann ansonsten noch an wechselseitigen Forderungen auf dem Tisch liegt, das wird man eben heute abklären müssen. Das sind etwa noch ein Dutzend von solchen Fragen, die man gegeneinander stellen muss, die jeweils teils mehr, teils weniger gewichtig sind. Das macht eben dann die Endverhandlungen aus.
Meurer: Ist der Kündigungsschutz durch? Gestern gab es dort Zweifel.
Benneter: Wenn man sieht, was wir insgesamt hier zusammengebracht haben - Sie haben ja davon gesprochen, von über 100 Seiten; mir liegt der letzte Entwurf mit 122 Seiten vor -, dann ist das schon ganz bemerkenswert und wichtig, wenn man sieht wie weit die beiden Parteien, die noch vor wenigen Tagen oder Wochen wild gegeneinander gestritten haben, in vielen Feldern zusammengekommen sind. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass sie im Felde des Arbeitsmarktes und im Felde der Arbeitsrechte auch zusammenkommen werden.
Meurer: Die SPD setzt auf das Soziale und der Sozialverband VDK kündigt jetzt einen heißen Herbst an wegen der Rentenpläne. Was sagen Sie zu dieser Kampfansage?
Benneter: Na ja, was die Rentenpläne angeht haben wir klar gesagt, dass die Renten nicht gekürzt werden. Was aber Rentenerhöhungen angeht, so sind die nach unserer gegenwärtig geltenden Rentenformel - und die berücksichtigt eben auch die demographische Entwicklung mit dem Nachhaltigkeitsfaktor - nicht drin.
Meurer: Aber das bedeutet, die Rentner müssen mehr Mehrwertsteuer bezahlen ohne Gegenkompensation und erhalten keine höheren Renten?
Benneter: Ja gut, aber ich meine man muss auch sehen, dass viele Rentner, jedenfalls statistisch, heute weit länger Rente beziehen und insofern weit höhere Rentenbeträge in ihrem Leben auch in Anspruch nehmen. Diese Rentenbeträge müssen ja aufgebracht werden von denjenigen, die die Beiträge zu zahlen haben. Wenn man das gegeneinander sieht, dann muss man in einem solchen Generationenvertrag eben auch das anpassen und da eben auch bei den Rentnerinnen und Rentnern um Verständnis für diese Situation bitten.