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"Es muss mehr Druck ausgeübt werden"

Der mögliche Einsatz deutscher Soldaten in der Krisenregion Darfur wird nach Aussagen des CDU-Verteidigungsexperten Kurt Rossmanith im Bundestag entschieden. Schon jetzt seien Soldaten logistisch im Einsatz, sollte die UNO ein Mandat über die Afrikanische Union hinaus beschließen, könnte sich Deutschland wahrscheinlich nicht verschließen.

    Müller: Es sind äußerst turbulente Monate für Franz Josef Jung: die Einsätze der Bundeswehr in Afghanistan, im Kongo, am Horn von Afrika, vor der libanesischen Küste, der wachsende Druck der NATO. Hinzu kommt, dass der Verteidigungsminister offenbar einen schweren Stand hat in der Großen Koalition, auch in der eigenen Unionsfraktion. Jetzt gibt es Streit über den Vorschlag des Ministers, deutsche Soldaten möglicherweise in den Sudan nach Darfur zu schicken.
    Am Telefon ist jetzt der CSU-Bundestagspolitiker und Verteidigungsexperte Kurt Rossmanith. Guten Tag!

    Rossmanith: Grüß Gott Herr Müller!

    Müller: Herr Rossmanith, warum redet der Minister nicht mit ihnen?

    Rossmanith: Das ist nicht ganz richtig. Er spricht natürlich mit uns, mit den Verteidigungspolitikern, aber auch mit der gesamten Fraktion. Er ist bei jeder Fraktionssitzung persönlich auch mit anwesend. dass hier Gesprächsschwierigkeiten bestünden, das stimmt mit Sicherheit nicht.

    Müller: Das stimmt nicht? Ihr Parteikollege Peter Ramsauer hat das ja ganz anders gesehen. Hat der nicht zugehört, als Jung vorgetragen hat?

    Rossmanith: Nein. Peter Ramsauer hat das nicht anders gesehen. Er hat nur gesagt, bevor wir in einen weiteren Einsatz gehen, müssen wir natürlich dies in der Fraktion diskutieren, und dies wird auch geschehen. Es steht ja noch nicht an. Wir sind ja mit rund 200 Soldaten logistisch im Einsatz, wenn man so will. Wir unterstützen also die afrikanische Union, die ja in Darfur bereits sich unmittelbar im Einsatz befindet, indem wir die Logistik, das heißt das Transportwesen hier mit unterstützen: mit Flugzeugen, mit Transport und Transport auch von Soldaten.

    Müller: Aber dennoch hat das Kabinett ja nun für die Fortsetzung dieser logistischen Einsatzmission der Bundeswehr plädiert. Der Verteidigungsminister hat dies natürlich ressortstellvertretend getan. Aber darüber hatte er vorher nicht mit ihnen geredet, oder haben wir das falsch verstanden?

    Rossmanith: Dies war in der Tat in der Fraktion noch kein Gesprächsthema. Es war allerdings in der Arbeitsgruppe Verteidigung unserer Fraktion und auch der SPD-Fraktion schon diskutiert worden. Wir alle wissen ja, dass am Ende des Jahres dieses Mandat für diese Unterstützung der afrikanischen Union im Darfur-Gebiet ausläuft und dass eine Verlängerung ansteht. Es ist üblich, dass die Bundesregierung eine Entscheidung fällt, die dann dem Bundestag vorgelegt wird, und wir haben jetzt zu entscheiden, ob wir diesem Beschluss der Bundesregierung folgen oder nicht.

    Müller: War das ein Kommentationsfehler des Ministers?

    Rossmanith: Nein, das würde ich nicht so sagen.

    Müller: Also die Aufregung ist in Wirklichkeit gar nicht vorhanden?

    Rossmanith: Die Aufregung hat sich vielleicht deshalb ergeben, weil eine Äußerung von ihm teilweise missverstanden, vielleicht auch nicht sehr glücklich dargelegt worden war, indem er gesagt hat, wenn die Vereinten Nationen jetzt ein Mandat beschließen würden über die afrikanische Union hinaus, dann könnten wir uns dem nicht verschließen. Dadurch ist vielleicht bei dem einen oder anderen, der jetzt mit dieser Problematik nicht so unmittelbar betraut ist, der Eindruck entstanden, dass es sich um ein neues Mandat handeln würde. Dem ist mit Nichten so!

    Müller: Also das neue Mandat ist noch nicht da, aber ein neues Mandat, nämlich qua UNO, könnte ja kommen. Sagen Sie dann, trotz der vielen Einsätze, über die wir ja auch schon gesprochen haben, und trotz dieses Einsatzes im Libanon vor der libanesischen Küste, trotz des Kongo-Einsatzes, der zwar jetzt abgeschlossen ist, aber nun auch Kräfte gebündelt hat, sage ich dann in dem Punkt wieder ja?

    Rossmanith: Das wird sich zeigen. Es wird darauf ankommen, was die UNO beschließt. Wir können nicht von Vornherein eine "Carte Blanche" erteilen, indem wir sagen, wir machen alle Einsätze mit. Natürlich müssen auch die politischen Bereiche zunächst diskutiert und eruiert werden. Nur immer die militärische Karte zu ziehen oder als erstes zu ziehen, ist meines Erachtens natürlich nicht der richtige Weg, sondern es muss auch Druck auf die sudanesische Regierung ausgeübt werden in vielerlei Bereichen. Hier ist meines Erachtens noch nicht alles jetzt dargestellt worden beziehungsweise ausgeführt worden, was möglich wäre, damit dieser Konflikt nicht so eskaliert. Es ist ja Angelegenheit der sudanesischen Regierung, dass sie die Situation der Araber-Truppen, die dort illegal oder teilweise auch legal mit sudanesischen Truppen gemeinsam gegen die dortige Bevölkerung vorgehen, zunächst einmal selber bereinigt. Erst dann, wenn sie nicht in der Lage ist, besteht die Möglichkeit, dass sich dann auch die Vereinten Nationen hier mit einschalten.

    Müller: Herr Rossmanith wenn wir noch einmal auf die Kommunikation zurückkommen. Es ist ja nicht unwichtig für die Entscheidungsfindung einer Fraktion, durch den zuständigen Minister unterrichtet zu werden. Haben Sie damals auch Bauchschmerzen gehabt, als Franz Josef Jung diesen Kongo-Einsatz eingeleitet hat?

    Rossmanith Ich war nicht sehr glücklich. Ich sage dies frei heraus, muss aber jetzt nachträglich feststellen, dass dies ein sehr erfolgreicher Einsatz war. Die Bedenken waren und mussten an sich bei jedem verantwortungsvoll denkenden und handelnden Politiker gegeben sein. Ich bin sehr froh und dankbar, denn das Verhalten des unterlegenen Kandidaten Bemba, der immer noch sagt, das träfe zwar nicht so zu, aber er wolle dies jetzt akzeptieren wie es ist und sich weiter demokratisch politisch hier entsprechend äußern, zeigt ja, dass dies sehr erfolgreich war und dass wir hier eine sehr gute Mission geleistet haben und dass heute unsere Soldaten bereits den Weg zurück in die Heimat antreten.

    Müller Der CSU-Verteidigungsexperte Kurt Rossmanith war das. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!

    Rossmanith Ich danke Ihnen auch, Herr Müller.