Dirk Müller: Zuckerfrei – nein danke! Da könnten vielleicht die Geschmacksnerven vieler Weintrinker empfindlich verstört und gestört werden, aber vielleicht auch nicht. Zumindest in den nordeuropäischen Ländern, auch in Deutschland, denn rund 20 Nordlichter setzen bei der Weinproduktion Kristallzucker hinzu. Einmal, um den Alkoholgehalt zu erhöhen. Zum zweiten, um auch eine entsprechende Süße hineinzubringen. Die sonnenverwöhnten Südstaaten wie Spanien, Portugal und Italien hingegen erzielen dies alles durch die Zugabe von Traubenmost. Dieser ist jedoch dreimal so teuer wie Zucker und zudem von der EU subventioniert. Deshalb ist das seit längerem bereits ein Fall für die EU-Kommission. Die europäischen Agrarminister sollen nun darüber entscheiden, ob die Zuckeranreicherung künftig verboten werden soll, sehr zum Ärger der deutschen Weinbauern.
Bei uns am Telefon begrüße ich nun Paula Bosch, Chef-Sommelière im Münchner Sterne-Restaurant Tantris. Guten Morgen!
Paula Bosch: Einen schönen guten Morgen!
Müller: Frau Bosch, ist Zuckerwein Fusel?
Bosch: Ich würde sagen ja. Schlicht und ergreifend geht es hier ja, wie Sie schon eingangs gesagt haben, um Qualitäten, die nun wirklich die Basis unserer Weinproduktion ausmachen. Und wie immer man das so schön sagen kann, die Masse ist hier eben keine Klasse.
Müller: Demnach sind alle deutschen Weine Fusel?
Bosch: Nein, ganz und gar nicht. Es geht ja hier nicht darum, dass die Frage gestellt wird, ob man Qualitätsweine mit Prädikat anreichern darf oder nicht, sondern hier ist schlicht und ergreifend ganz klar definiert: es geht hier nur um Weine der unteren Qualitätsstufe, nämlich jene ohne die Prädikate wie Kabinett, Spätlesen, Auslesen oder Beerenauslesen.
Müller: Aber wenn Sie das so gelassen sehen, dann könnte man aus Ihrer Sicht alles so lassen wie es ist?
Bosch: Aus meiner Sicht könnte man das lassen, aber es ist ja so, dass man auch um breite Basisprodukte kämpfen muss, denn es geht hier ja wirklich auch um eine wahnsinnig große breite Bevölkerungsschicht, die nun auch gerne ein Glas Wein trinkt oder man trinkt gerne Basisprodukte. Das heißt irgendwo fängt man an einzusteigen und hier ist es wirklich diese Menge, die ja nun den größten Löwenanteil der trinkenden Masse ausmacht, wo eben diskutiert wird. Um Kleinigkeiten wurde in Brüssel noch nie gestritten.
Müller: Frau Bosch, nun können wir uns in Deutschland ja nicht mehr Sonne machen. Was sollen wir also machen?
Bosch: Ich bin der Meinung, wenn es um Qualitätswein geht: es reicht wesentlich weniger. Es reicht mehr als wesentlich weniger, denn letztendlich geht es ja um das, was wiederum finanziert wird, um den Alkoholgehalt zu erhöhen, das heißt um einen Wein etwas fülliger, schmackiger zu machen. Deswegen braucht man ja den Alkohol, weil er Geschmacksträger ist. Das ist vollkommener Blödsinn, weil hinterher wird das Ganze wieder subventioniert, damit man Alkohol oder Industriesprit daraus brennen kann. Das ist ja der helle Wahnsinn!
Müller: Sie sind ja Weinkennerin. Das heißt Sie können ganz klar sagen, ob ein Wein mit Zucker angereichert wurde oder mit Traubensaft?
Bosch: Wenn ich schon so weit wäre, wäre ich zirkusreif. Leider geht das nicht, denn das ist ja nun die Krux an der ganzen Geschichte. Das ist ja überhaupt nicht schmeckbar. Sie können sich nur fragen, wenn sie auf einem Etikett lesen, und das ist ja auch noch das, was der Verbraucher überhaupt nicht will: 13% Alkohol. Es reicht doch ein einfacher leichter Wein auch mit 8, 9, 10, 11 und 12%. Wozu diese Erhöhung? Es ist völlig unklar, wer das eigentlich braucht, außer unseren Funktionären. Letztendlich geht es hier nur um Geld und nicht um den Verbraucher.
Müller: Wenn man den Unterschied aber nicht schmecken kann, warum dann nicht mit Zucker?
Bosch: Womit wollen Sie den Alkoholgehalt denn sonst erhöhen? Mit Ethanol? Das hat es ja auch schon gegeben.
Müller: Was spricht dann gegen Zucker?
Bosch: Die Tatsache allein, dass man keine Alkoholerhöhung braucht. Das ist vollkommener Unsinn. Man könnte die Weinmengen reduzieren. Das wäre doch viel einfacher und das wiederum wird ja auch in Brüssel besprochen. Man wollte ja eigentlich von diesen 3,6 Millionen Hektar zunächst einmal 400.000 Hektar reduzieren. Jetzt diskutieren sie schon wieder um nur noch 175.000 Hektar. Die Menge, die produziert wird, ist schlicht und ergreifend überflüssig. Damit meine ich auch: dieser Wein, der ja nun nach gar nichts schmeckt, wo man anfängt zu zuckern, das ist ja nun wirklich ein leichtes wässriges Getränk oder Gesöff. Das wiederum muss sozusagen schmackhaft gemacht werden. Aber bei dem, womit ich mich umgebe, da kann ich nun wirklich nichts sagen. Stellen Sie sich mal vor ein Qualitätswein von einem Qualitätswinzer, wo wir unsere Waren beziehen. Der möchte jetzt den Wein um sagen wir mal ein halbes Volumenprozent Alkohol von 11,5 auf 12 anreichern. Durchaus machbar! Er schreibt dann halt nicht Kabinett auf die Sache oder auf die Etikette, sondern er schreibt dann halt Qualitätswein mit Prädikat. Das kann ich in der Tat nicht schmecken. Nur was ich schmecken kann ist: wenn ich die Theorie von der ganzen Jahrgangsentwicklung im Kopf habe, dann weiß ich, eigentlich dürfte der gar nicht so viel Alkohol haben. Wo kommt das jetzt her? Es ist eine Kopfsache, aber wirklich schmecken glaube ich tut man es nicht.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk Paula Bosch, Chef-Sommelière im Münchner Sterne-Restaurant Tantris. Vielen Dank und auf Wiederhören.
Bosch: Ich danke Ihnen.
Bei uns am Telefon begrüße ich nun Paula Bosch, Chef-Sommelière im Münchner Sterne-Restaurant Tantris. Guten Morgen!
Paula Bosch: Einen schönen guten Morgen!
Müller: Frau Bosch, ist Zuckerwein Fusel?
Bosch: Ich würde sagen ja. Schlicht und ergreifend geht es hier ja, wie Sie schon eingangs gesagt haben, um Qualitäten, die nun wirklich die Basis unserer Weinproduktion ausmachen. Und wie immer man das so schön sagen kann, die Masse ist hier eben keine Klasse.
Müller: Demnach sind alle deutschen Weine Fusel?
Bosch: Nein, ganz und gar nicht. Es geht ja hier nicht darum, dass die Frage gestellt wird, ob man Qualitätsweine mit Prädikat anreichern darf oder nicht, sondern hier ist schlicht und ergreifend ganz klar definiert: es geht hier nur um Weine der unteren Qualitätsstufe, nämlich jene ohne die Prädikate wie Kabinett, Spätlesen, Auslesen oder Beerenauslesen.
Müller: Aber wenn Sie das so gelassen sehen, dann könnte man aus Ihrer Sicht alles so lassen wie es ist?
Bosch: Aus meiner Sicht könnte man das lassen, aber es ist ja so, dass man auch um breite Basisprodukte kämpfen muss, denn es geht hier ja wirklich auch um eine wahnsinnig große breite Bevölkerungsschicht, die nun auch gerne ein Glas Wein trinkt oder man trinkt gerne Basisprodukte. Das heißt irgendwo fängt man an einzusteigen und hier ist es wirklich diese Menge, die ja nun den größten Löwenanteil der trinkenden Masse ausmacht, wo eben diskutiert wird. Um Kleinigkeiten wurde in Brüssel noch nie gestritten.
Müller: Frau Bosch, nun können wir uns in Deutschland ja nicht mehr Sonne machen. Was sollen wir also machen?
Bosch: Ich bin der Meinung, wenn es um Qualitätswein geht: es reicht wesentlich weniger. Es reicht mehr als wesentlich weniger, denn letztendlich geht es ja um das, was wiederum finanziert wird, um den Alkoholgehalt zu erhöhen, das heißt um einen Wein etwas fülliger, schmackiger zu machen. Deswegen braucht man ja den Alkohol, weil er Geschmacksträger ist. Das ist vollkommener Blödsinn, weil hinterher wird das Ganze wieder subventioniert, damit man Alkohol oder Industriesprit daraus brennen kann. Das ist ja der helle Wahnsinn!
Müller: Sie sind ja Weinkennerin. Das heißt Sie können ganz klar sagen, ob ein Wein mit Zucker angereichert wurde oder mit Traubensaft?
Bosch: Wenn ich schon so weit wäre, wäre ich zirkusreif. Leider geht das nicht, denn das ist ja nun die Krux an der ganzen Geschichte. Das ist ja überhaupt nicht schmeckbar. Sie können sich nur fragen, wenn sie auf einem Etikett lesen, und das ist ja auch noch das, was der Verbraucher überhaupt nicht will: 13% Alkohol. Es reicht doch ein einfacher leichter Wein auch mit 8, 9, 10, 11 und 12%. Wozu diese Erhöhung? Es ist völlig unklar, wer das eigentlich braucht, außer unseren Funktionären. Letztendlich geht es hier nur um Geld und nicht um den Verbraucher.
Müller: Wenn man den Unterschied aber nicht schmecken kann, warum dann nicht mit Zucker?
Bosch: Womit wollen Sie den Alkoholgehalt denn sonst erhöhen? Mit Ethanol? Das hat es ja auch schon gegeben.
Müller: Was spricht dann gegen Zucker?
Bosch: Die Tatsache allein, dass man keine Alkoholerhöhung braucht. Das ist vollkommener Unsinn. Man könnte die Weinmengen reduzieren. Das wäre doch viel einfacher und das wiederum wird ja auch in Brüssel besprochen. Man wollte ja eigentlich von diesen 3,6 Millionen Hektar zunächst einmal 400.000 Hektar reduzieren. Jetzt diskutieren sie schon wieder um nur noch 175.000 Hektar. Die Menge, die produziert wird, ist schlicht und ergreifend überflüssig. Damit meine ich auch: dieser Wein, der ja nun nach gar nichts schmeckt, wo man anfängt zu zuckern, das ist ja nun wirklich ein leichtes wässriges Getränk oder Gesöff. Das wiederum muss sozusagen schmackhaft gemacht werden. Aber bei dem, womit ich mich umgebe, da kann ich nun wirklich nichts sagen. Stellen Sie sich mal vor ein Qualitätswein von einem Qualitätswinzer, wo wir unsere Waren beziehen. Der möchte jetzt den Wein um sagen wir mal ein halbes Volumenprozent Alkohol von 11,5 auf 12 anreichern. Durchaus machbar! Er schreibt dann halt nicht Kabinett auf die Sache oder auf die Etikette, sondern er schreibt dann halt Qualitätswein mit Prädikat. Das kann ich in der Tat nicht schmecken. Nur was ich schmecken kann ist: wenn ich die Theorie von der ganzen Jahrgangsentwicklung im Kopf habe, dann weiß ich, eigentlich dürfte der gar nicht so viel Alkohol haben. Wo kommt das jetzt her? Es ist eine Kopfsache, aber wirklich schmecken glaube ich tut man es nicht.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk Paula Bosch, Chef-Sommelière im Münchner Sterne-Restaurant Tantris. Vielen Dank und auf Wiederhören.
Bosch: Ich danke Ihnen.