Jochen Spengler: Im Deutschlandfunk am Telefon nun der stellvertretende CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers. Guten Morgen, Herr Rüttgers!
Jürgen Rüttgers: Guten Morgen!
Spengler: Herr Rüttgers, die CDU hat bei der Kommunalwahl fast fünf Prozent verloren, und nicht nur die beiden größten Städte des Landes – Köln und Dortmund – werden von der SPD regiert, sondern insgesamt 13 Großstädte, die CDU hält zehn. Auch wenn Indianer keinen Schmerz kennen, das tut schon weh, oder?
Rüttgers: Natürlich freut man sich nicht, wenn man etwas verliert, aber unterm Strich sind wir zufrieden. Bei den Großstädten waren es vor der Wahl 13, das heißt, wir haben drei verloren, wir haben drei dazugewonnen, 13 bei der SPD, zehn bei der CDU. Das heißt, die CDU ist Großstadtpartei, bleibt Großstadtpartei. Und bei den Landräten haben wir 26 bei der CDU und fünf bei der SPD, das zeigt, dass wir in der Fläche die starke, dominierende Kommunalpartei in Nordrhein-Westfalen sind.
Spengler: Nun waren Sie aber mal über 50 Prozent, und jetzt sind’s nur noch unter 40, das kann Sie doch nicht zufriedenstellen?
Rüttgers: Nein, ich sag ja auch nicht, dass ich rundum zufrieden bin, aber das mit den 50 Prozent war vor zehn Jahren. Wir haben inzwischen eine Große Koalition, und unser Gefühl hat natürlich viel damit zu tun, dass wir uns gegen den Trend behauptet haben. Wenn Sie mal die Ergebnisse in Thüringen oder im Saarland sehen, minus 12, minus 13 Prozent, dann ist man natürlich zufrieden, wenn man die Position behalten kann, wenn man unterm Strich nichts verliert bei den Landräten, bei den Oberbürgermeistern. Aber das heißt nicht, dass wir das nicht uns genauer anschauen.
Spengler: Reiht sich Ihr Ergebnis nicht doch ein in den negativen Bundestrend, Sie verlieren überall, die FDP gewinnt leicht?
Rüttgers: Ja, das habe ich ja gerade schon angedeutet, also der Trend der Großen Koalition heißt ja immer, dass die kleinen Parteien dazugewinnen. Nun ist bei der FDP, sind die Bäume auch nicht in den Himmel gewachsen, wenn Sie sich das nordrhein-westfälische Ergebnis ansehen, aber auf der anderen 12 Prozent für die Grünen, das ist schon ein Punkt, der fällt auf.
Spengler: Kommen wir mal auf die Landtagswahlen, Sie sind ja auch stellvertretender Bundesvorsitzender. Zweistellig haben Sie verloren im Saarland und in Thüringen, es gibt keine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat mehr, es gibt überhaupt keine CDU-Alleinregierung mehr. Das ist kein Rückenwind für die Bundestagswahl, oder?
Rüttgers: Also ich hab vor der Wahl gesagt, das sind keine Testwahlen, das sage ich jetzt auch nach der Wahl. Die haben alle ihren eigenen Wert, ihre eigene Bedeutung. Worauf ich allerdings schon drauf hinweisen will, dass wir uns dringend mit der Frage beschäftigen müssen, wie eigentlich das Parteiensystem in Zukunft aussieht. Wenn es so ist, dass nur noch die CDU Volkspartei ist, wenn die SPD, nehmen Sie sich mal das Ergebnis hier in Nordrhein-Westfalen, das historisch tiefste SPD-Ergebnis, unter 30 Prozent, dann zeigt das, dass wir eine Situation bekommen, die durchaus instabiler ist, als sie es vorher war. Das ist ja das große Verdienst von Volksparteien, aber die sind im Moment eben nicht en vogue.
Spengler: Heißt das denn als Schlussfolgerung, dass die CDU offener sein muss, nicht nur gegenüber der FDP, sondern auch gegenüber anderen Parteien?
Rüttgers: Ja, wir werden diese Debatten ja bekommen, wir werden ja jetzt Gespräche sowohl in Thüringen wie im Saarland bekommen über Dreierkonstellationen. Da kann ja durchaus eine Konstellation von CDU, FDP und Grünen bei rauskommen.
Spengler: War es eigentlich ein Fehler, dass gerade aus Reihen der Christlich-Sozialen Union vor der Wahl sich Angriffe auf die FDP gehäuft haben?
Rüttgers: Ach nein, das ist der Versuch …, auf der anderen Seite wird ja immer gesagt, die Parteien sollen klar sagen, wofür sie stehen. Ich glaube nicht, dass das irgendeine große Rolle gespielt hat.
Spengler: Muss Angela Merkel mehr tun, mehr die CDU-Vorsitzende geben und weniger die präsidiale moderierende Kanzlerin?
Rüttgers: Wenn das, was ich eben gesagt habe, richtig ist, dass sich im Parteiensystem etwas verändert, dann will man natürlich eine Personalisierung der Wahlen bekommen, und dann kann die CDU und die CSU sehr zufrieden damit sein, dass sie mit Angela Merkel eine Kanzlerin haben, die nun wirklich sehr, sehr gute Ergebnisse im Persönlichen hat.
Spengler: Aber das schlägt sich ja nun nicht in den Ergebnissen nieder. Ist denn die Strategie richtig, sich rauszuhalten, zu moderieren, sich nirgendwo festzulegen?
Rüttgers: Also sie ist auch Kanzlerin, und es ist richtig, dass sie versucht, gerade in dieser Wirtschaftskrise in der Sache sich auch als Kanzlerin und damit auch noch in der Großen Koalition darzustellen. Ich glaube nicht, dass sie da was falsch macht.
Spengler: Man hat den Eindruck, dass sie sich wegduckt. Gestern zum Beispiel war sie nirgendwo zu sehen, wieso nicht?
Rüttgers: Sie ist als Kanzlerin – das hat übrigens Gerhard Schröder auch nicht anders gemacht bei Landtagswahlen – nicht vor die Fernsehkameras gegangen.
Spengler: Haben Sie Kontakt mit ihr gehabt?
Rüttgers: Wir haben miteinander gesprochen, ja.
Spengler: Und wie war ihre Reaktion?
Rüttgers: Na ja, das ist kein Tag, wo man sich, wenn zwei Landtage und die eigene Partei hat zweistellig verloren, dann riesig freut, aber auf der anderen Seite noch mal: Die Bundestagswahl, das ist eine ganz andere Sache.
Spengler: Da könnte es aber eng werden, oder?
Rüttgers: Ich glaube, dass wir alle Chancen haben, diese Bundestagswahl zu gewinnen, aber da müssen wir hart für arbeiten.
Spengler: Und das heißt was, hart für arbeiten, einfach nur auf die Straße gehen, keine Änderung der Strategie?
Rüttgers: Vor allen Dingen auf gleicher Augenhöhe mit den Menschen reden.
Spengler: Und das rot-rote Gespenst, holen Sie das noch mal raus der Kiste?
Rüttgers: Nein, es wird keine Rote-Socken-Kampagne geben.
Spengler: Danke schön. Das war Jürgen Rüttgers, der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende.
Jürgen Rüttgers: Guten Morgen!
Spengler: Herr Rüttgers, die CDU hat bei der Kommunalwahl fast fünf Prozent verloren, und nicht nur die beiden größten Städte des Landes – Köln und Dortmund – werden von der SPD regiert, sondern insgesamt 13 Großstädte, die CDU hält zehn. Auch wenn Indianer keinen Schmerz kennen, das tut schon weh, oder?
Rüttgers: Natürlich freut man sich nicht, wenn man etwas verliert, aber unterm Strich sind wir zufrieden. Bei den Großstädten waren es vor der Wahl 13, das heißt, wir haben drei verloren, wir haben drei dazugewonnen, 13 bei der SPD, zehn bei der CDU. Das heißt, die CDU ist Großstadtpartei, bleibt Großstadtpartei. Und bei den Landräten haben wir 26 bei der CDU und fünf bei der SPD, das zeigt, dass wir in der Fläche die starke, dominierende Kommunalpartei in Nordrhein-Westfalen sind.
Spengler: Nun waren Sie aber mal über 50 Prozent, und jetzt sind’s nur noch unter 40, das kann Sie doch nicht zufriedenstellen?
Rüttgers: Nein, ich sag ja auch nicht, dass ich rundum zufrieden bin, aber das mit den 50 Prozent war vor zehn Jahren. Wir haben inzwischen eine Große Koalition, und unser Gefühl hat natürlich viel damit zu tun, dass wir uns gegen den Trend behauptet haben. Wenn Sie mal die Ergebnisse in Thüringen oder im Saarland sehen, minus 12, minus 13 Prozent, dann ist man natürlich zufrieden, wenn man die Position behalten kann, wenn man unterm Strich nichts verliert bei den Landräten, bei den Oberbürgermeistern. Aber das heißt nicht, dass wir das nicht uns genauer anschauen.
Spengler: Reiht sich Ihr Ergebnis nicht doch ein in den negativen Bundestrend, Sie verlieren überall, die FDP gewinnt leicht?
Rüttgers: Ja, das habe ich ja gerade schon angedeutet, also der Trend der Großen Koalition heißt ja immer, dass die kleinen Parteien dazugewinnen. Nun ist bei der FDP, sind die Bäume auch nicht in den Himmel gewachsen, wenn Sie sich das nordrhein-westfälische Ergebnis ansehen, aber auf der anderen 12 Prozent für die Grünen, das ist schon ein Punkt, der fällt auf.
Spengler: Kommen wir mal auf die Landtagswahlen, Sie sind ja auch stellvertretender Bundesvorsitzender. Zweistellig haben Sie verloren im Saarland und in Thüringen, es gibt keine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat mehr, es gibt überhaupt keine CDU-Alleinregierung mehr. Das ist kein Rückenwind für die Bundestagswahl, oder?
Rüttgers: Also ich hab vor der Wahl gesagt, das sind keine Testwahlen, das sage ich jetzt auch nach der Wahl. Die haben alle ihren eigenen Wert, ihre eigene Bedeutung. Worauf ich allerdings schon drauf hinweisen will, dass wir uns dringend mit der Frage beschäftigen müssen, wie eigentlich das Parteiensystem in Zukunft aussieht. Wenn es so ist, dass nur noch die CDU Volkspartei ist, wenn die SPD, nehmen Sie sich mal das Ergebnis hier in Nordrhein-Westfalen, das historisch tiefste SPD-Ergebnis, unter 30 Prozent, dann zeigt das, dass wir eine Situation bekommen, die durchaus instabiler ist, als sie es vorher war. Das ist ja das große Verdienst von Volksparteien, aber die sind im Moment eben nicht en vogue.
Spengler: Heißt das denn als Schlussfolgerung, dass die CDU offener sein muss, nicht nur gegenüber der FDP, sondern auch gegenüber anderen Parteien?
Rüttgers: Ja, wir werden diese Debatten ja bekommen, wir werden ja jetzt Gespräche sowohl in Thüringen wie im Saarland bekommen über Dreierkonstellationen. Da kann ja durchaus eine Konstellation von CDU, FDP und Grünen bei rauskommen.
Spengler: War es eigentlich ein Fehler, dass gerade aus Reihen der Christlich-Sozialen Union vor der Wahl sich Angriffe auf die FDP gehäuft haben?
Rüttgers: Ach nein, das ist der Versuch …, auf der anderen Seite wird ja immer gesagt, die Parteien sollen klar sagen, wofür sie stehen. Ich glaube nicht, dass das irgendeine große Rolle gespielt hat.
Spengler: Muss Angela Merkel mehr tun, mehr die CDU-Vorsitzende geben und weniger die präsidiale moderierende Kanzlerin?
Rüttgers: Wenn das, was ich eben gesagt habe, richtig ist, dass sich im Parteiensystem etwas verändert, dann will man natürlich eine Personalisierung der Wahlen bekommen, und dann kann die CDU und die CSU sehr zufrieden damit sein, dass sie mit Angela Merkel eine Kanzlerin haben, die nun wirklich sehr, sehr gute Ergebnisse im Persönlichen hat.
Spengler: Aber das schlägt sich ja nun nicht in den Ergebnissen nieder. Ist denn die Strategie richtig, sich rauszuhalten, zu moderieren, sich nirgendwo festzulegen?
Rüttgers: Also sie ist auch Kanzlerin, und es ist richtig, dass sie versucht, gerade in dieser Wirtschaftskrise in der Sache sich auch als Kanzlerin und damit auch noch in der Großen Koalition darzustellen. Ich glaube nicht, dass sie da was falsch macht.
Spengler: Man hat den Eindruck, dass sie sich wegduckt. Gestern zum Beispiel war sie nirgendwo zu sehen, wieso nicht?
Rüttgers: Sie ist als Kanzlerin – das hat übrigens Gerhard Schröder auch nicht anders gemacht bei Landtagswahlen – nicht vor die Fernsehkameras gegangen.
Spengler: Haben Sie Kontakt mit ihr gehabt?
Rüttgers: Wir haben miteinander gesprochen, ja.
Spengler: Und wie war ihre Reaktion?
Rüttgers: Na ja, das ist kein Tag, wo man sich, wenn zwei Landtage und die eigene Partei hat zweistellig verloren, dann riesig freut, aber auf der anderen Seite noch mal: Die Bundestagswahl, das ist eine ganz andere Sache.
Spengler: Da könnte es aber eng werden, oder?
Rüttgers: Ich glaube, dass wir alle Chancen haben, diese Bundestagswahl zu gewinnen, aber da müssen wir hart für arbeiten.
Spengler: Und das heißt was, hart für arbeiten, einfach nur auf die Straße gehen, keine Änderung der Strategie?
Rüttgers: Vor allen Dingen auf gleicher Augenhöhe mit den Menschen reden.
Spengler: Und das rot-rote Gespenst, holen Sie das noch mal raus der Kiste?
Rüttgers: Nein, es wird keine Rote-Socken-Kampagne geben.
Spengler: Danke schön. Das war Jürgen Rüttgers, der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende.