
Scherbakowa sagte im Deutschlandfunk, für sie sei der Söldneraufstand der Anfang vom Zusammenbruch des Systems. Entscheidend sei gewesen, dass der Meuterei kein wirklicher Widerstand entgegengesetzt worden sei. Erstmals habe sich eine große Krise des Machtgefüges und der Sicherheitsstrukturen offenbart. Zudem habe Putin in seiner Fernsehrede Unsicherheit gezeigt. Das Regime sei in Panik gewesen. Scherbakowa rechnet deshalb mit Veränderungen im Kreml. Die Aktivistin ist Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial. Die Organisation wurde 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Borrell sieht Schwächen des politischen Systems
Der EU-Außenbeauftragte Borrell sagte vor Beratungen der EU-Außenminister, der Wagner-Aufstand spalte die russische Militärmacht und zeige die Schwächen des politischen Systems. Es sei sehr beunruhigend, dass eine Atommacht wie Russland dermaßen instabil werden könne.
Auch die deutsche Außenministerin Baerbock sprach von "massiven Rissen" im russischen Machtsystem. In Moskau laufe nach wie vor ein innenpolitischer Machtkampf, betonte die Grünen-Politikerin. Ihr luxemburgischer Amtskollege Asselborn erklärte unter Hinweis auf Russlands Atomwaffen, dass eine Destabilisierung des Landes für Europa sehr gefährlich werden könne.
Schallenberg fordert Geschlossenheit des Westens
Österreichs Außenminister Schallenberg forderte den Westen zu Geschlossenheit mit Augenmaß auf. Der ÖVP-Politiker sagte im Deutschlandfunk, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine habe Auswirkungen auf das Machtgefüge in Moskau. Es zeigten sich Risse. Dass es möglich sei, dass eine Söldner-Truppe in einer Nuklearmacht auf die Hauptstadt zumarschiere, sei ein Alarmzeichen. Putin erinnere ihn an einen Zauberlehrling, der die Geister, die er gerufen habe, nicht mehr loswerde. Der Westen habe richtigerweise besonnen auf die Ereignisse reagiert, erklärte Schallenberg.
Ex-Botschafter: Schwächster Moment in Putins Amtszeit
Der frühere deutsche Botschafter in Moskau, von Fritsch, sagte im Deutschlandfunk, Putin könne nun dazu entschlossen sein, mit Repression nach innen und großer Aggressivität nach außen vorzugehen. Von Fritsch betont, Putin erlebe den schwächsten Moment seiner Amtszeit. Er habe die Putschisten Hunderte Kilometer auf Moskau marschieren lassen und ihnen Bagger und Baumaschinen entgegengestellt. Zudem habe Putin den belarussischen Staatschef Lukaschenko um Vermittlungen bemühen müssen, sagte von Fritsch.
Weiterführende Informationen
Söldner-Revolte - Was seit dem Wagner-Aufstand in Russland passiert ist
Wagner-Chef Prigoschin – vom Vertrauten zum Verräter
In unserem Newsblog zum Krieg in der Ukraine finden Sie zudem einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen.
Diese Nachricht wurde am 26.06.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.