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EU-Außenminister und der Brexit
"Das ist kein Experiment!"

Wünsche, aber auch Warnungen sind beim Außenminister-Treffen mit Blick auf die anstehende Brexit-Entscheidung der Briten zu hören. Die Botschaft, dass ein Nein zu Europa ein Nein mit Folgen wäre, und zwar für sie selbst, wird auch auf der Insel von den EU-Befürwortern häufig angeführt.

Von Kai Küstner | 20.06.2016
    Belgiens Außenminister Didier Reynders (v.l.n.r.), sein britischer Kollege Philip Hammond, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, der niederländische Außenminister Bert Koender sowie sein luxemburgischer Kollege Jean Asselborn beim Start des Außenministertreffens in Luxemburg.
    Man sollte die Folgen des Brexit nicht unterschätzen, warnen die EU-Außenminister. (picture alliance / dpa / Julien Warnand)
    Einen Tagesordnungspunkt namens Brexit gibt es offiziell nicht. Aber es gibt gar keinen Zweifel: Die Abstimmung der Briten darüber, ob sie den Weg in die Zukunft weiterhin zusammen mit der Europäischen Union antreten wollen, bewegt die Außenminister der EU bei ihrem Treffen mehr als jedes andere: "Ich glaube, wenn sie sich anders entscheiden, verlieren wir mehr als nur ein Land: Wir verlieren Geschichte und Tradition Großbritanniens, die wichtig ist und war für uns. Und von der ich glaube, dass Europa deutlich ärmer wird, wenn Großbritannien wirklich ausscheidet."
    Britischer Außenminister Hammond: "Unumkehrbare Entscheidung"
    Mit diesen Worten stellt der deutsche Außenminister Steinmeier noch einmal klar, wie sehnlich er sich einen Verbleib der Briten in der EU wünscht. Bei seinem Kollegen Jean Asselborn aus Luxemburg ist das nicht anders. Der allerdings geht einen Schritt weiter. Und bekundet nicht nur, wie sehr er darauf hofft, dass Briten und Europäer zusammen bleiben. Sondern verknüpft dies mit einer unverhohlenen Warnung: "Man muss aber auch sagen, dass wenn die Briten Nein sagen, dass sich dann etwas in ihrem Leben ändert. Das ist kein Experiment. Wenn sie Nein sagen, wird das nicht im Guten für sie enden. Dann werden sie alleine marschieren müssen."
    Die Botschaft, dass ein Nein der Briten zu Europa ein Nein mit Folgen wäre, und zwar für sie selbst, ist eine, die auch das Bleiben-Lager auf der Insel den Urnengängern einzuschärfen versucht. Und zu diesem Bleiben-Lager gehört auch der britische Außenminister Philipp Hammond: "Dies ist eine unumkehrbare Entscheidung. Wenn Großbritannien sich dafür entscheidet, auszusteigen, dann gibt es kein Zurück. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte das Königreich der EU nie wieder beitreten, außer zu Bedingungen, die nicht hinnehmbar wären: Mit einer Mitgliedschaft im Euro und im Schengen-System. Dies ist eine sehr, sehr wichtige Entscheidung."
    Kaum ein Minister, der nicht zum Brexit Stellung bezieht
    Aber auch für seine EU-Kollegen hatte Hammond eine Botschaft mitgebracht: sollten seine Landsleute sich für Bleiben entscheiden, pocht er auf eine schnelle Umsetzung des auf einem Sondergipfel im Februar verabredeten Pakets für die Briten. Das enthält unter anderem die Möglichkeit, per Notbremse bestimmte Sozialleistungen für EU-Einwanderer zu beschneiden.
    Unüberhörbar jedenfalls ist, wie sehr die EU der drohende Brexit bewegt. Kaum ein Minister ließ es sich bei seiner Ankunft nehmen, sich zu dem Thema zu Wort zu melden: "Ich bin nicht nur der Überzeugung, dass Großbritannien besser dran ist, wenn es in der EU verbleibt. Sondern auch wir in Europa sind wesentlich stärker mit den Briten an Bord. Alles andere hätte massiv negative Auswirkungen auf die Europäische Union. Wir wären schwächer wirtschaftspolitisch, außenpolitisch, verteidigungspolitisch. Großbritannien tut uns auch ideologisch gut. Es hat in der Vergangenheit immer wieder den Finder in die Wunde gelegt, aufgezeigt, wo es Fehlentwicklungen gibt" , so Österreichs Außenminister Sebastian Kurz. Wenige Tage vor dem Schicksalsdatum, dem 23. Juni, warnt und zittert die EU vor einem Austritt der Briten.