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EU-Beitritt Zyperns erhöht den Druck auf die Türkei

Heinlein: Seit Mitte der Woche hat es Zypern schriftlich: fast durchweg glänzende Noten aus Brüssel, die Versetzung in die EU im kommenden Jahr ist sicher. Wirtschaftlich ist auf der Mittelmeerinsel alles in bester Ordnung, doch politisch bleibt Zypern ein Sorgenkind, denn es ist nur ein halber Beitrittskandidat. Nur der Süden der geteilten Insel wird EU-Mitglied, der türkische Norden bleibt bis auf weiteres außen vor. Eine schwere Hypothek auch für den EU-Beitrittswunsch der Türkei. Darüber wollen wir jetzt sprechen mit Neoklis Silikiotis, Führungsmitglied der linken Regierungspartei AKEL. Guten Morgen nach Nikosia.

Stefan Heinlein |
    Silikiotis: Guten Morgen.

    Heinlein: Herr Silikiotis, Sie sind griechischer Zypriot, damit ab kommenden Mai Bürger der Europäischen Union. Welche Vorteile erhoffen Sie sich und Ihren Landsleuten durch den EU-Beitritt?

    Silikiotis: Dass auch der türkische Teil Zyperns der EU beitritt. Ich sage das, weil die letzten Monaten viele Türken-Zyprioten unsere Staatsangehörigkeit bekommen haben, obwohl sie in der Besatzungszone Zyperns leben. Das bedeutet, dass auch sie alle Vorteile haben. Ich glaube, der erste Punkt des EU-Beitritts wird auch die Lösung der Zypernfrage sein, was alle hoffen. Seit dem letzten Fortschrittsbericht für die Türkei, ist da auch etwas Positives, weil die Türkei ohne eine Lösung der Zypernfrage keine Chance auf EU-Mitgliedschaft hat. Im weiteren hoffen wir, dass im sozialen Bereich und über Menschenrechte und soziale Bedingungen und Umwelt viele positive Sachen durch den Beitritt geschehen. Andererseits glauben wir auch, dass wir Schwierigkeiten haben werden, besonders im ökonomischen Bereich, da ist seit einem Jahr ein Harmonisierungsprozess, dass nun viele Gesetze in die Praxis umgesetzt werden und das bringt auch viele Probleme, auch Abfall der Loyalität in verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

    Heinlein: Sie sagten, dass Sie hoffen, dass der EU-Beitritt auch der Wiedervereinigung Auftrieb verleiht. Worauf gründen Sie diesen Optimismus?

    Silikiotis: Wir glauben, dass die türkische Mitgliedschaft nach dem letzten Bericht eben an der Lösung der Zypernfrage hängt. Wir haben immer gesagt, der Schlüssel zur Zypernfrage liegt in Ankara und ich glaube, was auch im EU-Parlament von Günter Verheugen gesagt wurde, ist ein sehr positives Zeichen dafür. Die Zypernfrage könnte für die Türkei der Termin für den Beginn ernstlicher Beitrittsgespräche werden. Wir hoffen, dass die türkische Politik sich verändert, damit wir die Monate bis zum 1. Mai 2004 nutzen, damit ein vereintes Zypern der EU beitreten kann.

    Heinlein: Glauben Sie, dass Sie noch vor dem EU-Beitritt im kommenden Mai zu einer Wiedervereinigung kommen und zu einer Lösung der Zypernfrage? Diese Hoffnung gibt es ja durchaus in Brüssel.

    Silikiotis: Ja, wir hoffen es auch und bemühen uns in diese Richtung. Es gibt in einem Monat in den besetzten Gebieten Zyperns die so genannten Parlamentswahlen und wir hoffen, dass die Oppositionskräfte die Wahlen gewinnen, damit würden sie ein starkes Signal an die türkische Regierung schicken.

    Heinlein: Was kann denn Ihre Regierung, Ihre Partei AKEL tun, um die Wiedervereinigung mit Nordzypern voranzutreiben?

    Silikiotis: Wir haben immer noch den anderen Plan des UNO-Generalsekretärs, wir sind bereit, diesen zu diskutieren. Wir denken, es sind nicht viele Sachen zu ändern, die Philosophie des Planes ist, dass wir Zypern wieder vereinigen können unter dem Dach einer Bundesrepublik, Gut, es gibt manche Unterschiede, aber wir glauben, wenn die türkische Regierung die Bereitschaft teilt wie die Führung Zyperns, um Gespräche zu beginnen, haben wir genug Zeit, bis Mai die Lösung durchzuführen.

    Heinlein: Zypern und der EU-Beitritt im kommenden Jahr. Dazu heute morgen Hier mit Deutschlandfunk war das Neoklis Silikiotis, er ist Führungsmitglied der linken Regierungspartei AKEL. Auf Wiederhören nach Nikosia.

    Silikiotis: Wiederhören, vielen Dank.