Simon: Deutschland möchte keinen dieser 13 Palästinenser aufnehmen, aber es gibt in Deutschland bereits Stimmen, die sagen: Es kann nicht sein, dass diese Palästinenser in einem der vier Länder aufgenommen werden, und dann, weil ja die Grenzen offen sind, zu uns kommen und vielleicht hier weiter gegen Israel arbeiten. Glauben Sie, dass sich so etwas verhindern lässt?
Baum: Ich würde es gerne verhindern. Am liebsten wäre uns allen, wenn diese aggressiven Palästinenser neutralisiert würden, wenn sie entweder selbst auf weitere Aktivitäten verzichten oder daran gehindert werden. Das wäre natürlich das Beste, aber ich weiß nicht, wie man das in dieser Situation herstellen kann, ohne die Übereinkunft zu verletzen, die in Bethlehem zwischen der EU und den Israelis getroffen worden ist. Ich würde dringend empfehlen, die Gefahrenlage einzuschätzen, was sind das für Personen, wie lassen sie sich ein, was ist von ihnen zu erwarten, was ist von ihnen zu befürchten, und ich würde dann im Einzelfall entscheiden, was in unserem Sicherheitsinteresse notwendig ist. Aber dass man jetzt so tut, als habe diese Vereinbarung überhaupt nicht stattgefunden, geht auch nicht.
Simon: Also eine wie auch immer geartete Kontrolle, Überwachung der 13?
Baum: Ja, wenn es notwendig ist. Wenn wir den Eindruck gewinnen, dass von hier aus keine Gefahr durch die Anwesenheit der Personen ausgeht, dann kann man darauf verzichten. Aber ich würde sagen, man müsste doch sicherstellen, dass sie von hier aus nicht gefährlich werden, etwa israelische Einrichtungen in unseren Ländern angreifen oder Ähnliches. Da muss man jeden Einzelfall in Betracht ziehen, man muss sich mit den Leuten befassen, man muss eine Einschätzung der Gefährlichkeit herstellen und entsprechend handeln.
Simon: Aus Ihrer Erfahrung als früherer Bundesinnenminister, wird es denn überhaupt möglich sein, diese 13 Menschen sozusagen inkognito in den Ländern unterzubringen? Diese Menschen sind ja, wenn man es andersrum sieht, als gesuchte Terroristen durchaus auch gefährdet.
Baum: Das ist dann die Geschicklichkeit der Sicherheitsbehörden. Ich würde den zuständigen Ländern dringend raten, zunächst eine Übergangszeit einzuschalten, die Menschen an einen sicheren Ort zu bringen, sie einfach eine Übergangszeit in eine Situation zu halten, wo ihre Bewegungsfreiheit nicht unbeschränkt ist.
Simon: Sehen Sie eigentlich in der von den USA immer wieder ins Feld geführten Debatte um den sogenannten Kampf gegen den Terror die EU jetzt im Hintertreffen, dass sie 13 von Israel bezeichnete Terroristen aufnimmt?
Baum: Das hat ja die EU nicht sehr gerne gemacht. Es war einfach eine Folge dieser lang andauernden, sehr kritischen, sehr gefährlichen Situation in Bethlehem. Wir haben ja früher schon solche Situationen erlebt, wo Menschen in Flugzeugen festgehalten wurden, wo wir Geiselnahmen hatten. Man hat hier abgewogen und gesagt: Ehe ein Blutbad in Bethlehem droht - es waren ja sehr viel mehr Personen in der Kirche als diese 13 -, ist es das kleinere Übel, sich auf einen solchen Deal einzulassen. Der Deal bedeutet offenbar, dass eine Strafverfolgung zur Zeit nicht stattfindet.
Simon: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio