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EU-Gipfel
EU erfüllt Mays Brexit-Wünsche nicht

Nicht mir leere Händen, doch ohne die von ihren Kritikern geforderten Verbesserungen des Brexit-Deals musste Theresa May vom EU-Gipfel in Brüssel abreisen. Die EU-Staats- und Regierungschefs machten deutlich: In der Nordirland-Frage gibt es keinen Spielraum. Einig waren sie sich auch in anderen Punkten.

Von Stefan Heinlein | 14.12.2018
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    Premierministerin Theresa May hatte sich vom EU-Gipfel mehr erhofft als nur Zusicherungen (dpa/ Alexey Vitvitsky)
    Um kurz vor Mitternacht gibt es keine vorweihnachtliche Bescherung für Theresa May. Wortlos hatte die britische Premierministerin bereits Stunden zuvor den Gipfel verlassen. Ihr Wunschzettel ist von ihren europäischen Amtskollegen nicht erfüllt worden. Das Brexit-Verhandlungspaket bleibt verschnürt, so der amtierende EU-Ratsvorsitzende, Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz:
    "Wir haben daher zwei Dinge definiert: Zum einen das Austrittsabkommen nicht noch einmal geöffnet und neu verhandelt wird. Und zum zweiten haben wir noch einmal festgelegt, dass der sogenannte Backstop, also die Regelung für Nordirland, eine vorübergehende und keine dauerhafte sein soll."
    Merkel: Brauchen den Backstop als Rückversicherung
    In einer kurzen schriftlichen Erklärung der 27 EU-Staats- und Regierungschefs fehlt die von Theresa May gewünschte wasserdichte Zusage für eine zeitliche Begrenzung des ungeliebten Backstops, der Notfalllösung für die irische Grenze. Auch eine einseitige Kündigung von britischer Seite ist ausgeschlossen Allerdings, so Bundeskanzlerin Merkel, habe man Theresa May nicht mit leeren Händen nach Hause geschickt:
    "Deshalb haben wir heute Abend noch einmal betont, dass wir zwar den Backstop als Rückversicherung brauchen. Aber natürlich eine zukünftige Beziehung wollen, in der sich jeder Partner frei entwickeln kann. Wir wollen eine sehr nahe Partnerschaft mit Großbritannien, weil wir uns Großbritannien freundschaftlich verbunden fühlen. Und wir sagen, wenn es eine Rückerversicherung braucht, weil in der Übergangsphase noch nicht ausreichend Regelungen gefunden haben, dann wollen die diese Übergangsphase eines Backstops schnell überwinden. Und wir werden unser Äußerstes tun, um das zu schaffen."
    Weitere Interpretation des Abkommens im Januar
    Das Ziel für die kommenden Monate bleibe ein umfassendes Handelsabkommen zwischen London und Brüssel, erklärte auch EU-Ratspräsident Donald Tusk. Es sei die feste Absicht der Europäischen Union schnell ein solches Abkommen unter Dach und Fach zu bekommen damit der Backstop nicht in Kraft treten müsse.
    Laut EU-Diplomaten könne es zudem im Januar kurz vor der wahrscheinlichen Brexit-Entscheidung im britischen Parlament eine weitere "Interpretation mit rechtsverbindlichem Charakter" geben. Dieser mögliche juristische Kunstgriff kann, so die Hoffnung in Brüssel, die Brexit-Hardliner in London zufrieden stellen. Dennoch. Auf den Fluren des Brüsseler Gipfels ist man sich einig. Angesichts der aktuellen Stimmungslage im britischen Unterhaus ist die Gefahr eines Brexits ohne Abkommen weiter nicht vom Tisch.
    EU verlängert Sanktionen gegen Russland
    Ohne Turbulenzen blieben die Beratungen über die übrigen Themen des ersten Gipfeltages. Vor der nächtlichen Brexit-Runde hatten die EU-Staats- und Regierungschefs den Plänen von Haushaltskommissar Oettinger gemeinsam eine klare Absage erteilt. Die anstehende Finanzplanung für Zeit ab dem Jahr 2021 wird jetzt erst später beraten.
    Einstimmig dagegen die Gipfel-Beschlüsse zum Thema Russland. Die nach der Ukraine-Krise 2014 verhängten Sanktionen werden um weitere sechs Monate verlängert. Neue Strafmaßnahmen gegen Moskau wegen der jüngsten Eskalation im Asowschen Meer soll es voraussichtlich nicht geben. Man halte sich aber, die Möglichkeit weiterer Sanktionen durchaus offen.