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EU-Kommission
Oettinger verteidigt die Personalie Selmayr

Martin Selmayrs Karriere verläuft steil. Der jüngste Aufstieg zum Generalsekretär der EU-Kommission gilt vielen allerdings als zu rasant. EU-Kommissar Günter Oettinger hat an dem Verfahren aber nichts zu beanstanden.

Von Thomas Otto | 27.03.2018
    Günther Oettinger, EU-Kommissar (CDU), aufgenommen am 23.06.2016 während der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner"
    Günther Oettinger, EU-Kommissar (CDU) (dpa/picture alliance /Karlheinz Schindler)
    80 Seiten mit 134 Fragen hatte die Kommission im Vorfeld bereits beantwortet. Nun sollte der für den Haushalt und das Personal zuständige EU-Kommissar Günter Oettinger die noch offenen Fragen vorm EU-Parlament klären. Die Ausschussvorsitzende Ingeborg Gräßler noch einmal mit der Kritik am Verfahren der Beförderung von Junckers Kabinettschef Martin Selmayr:
    "Ich glaube fest, dass eine Ernennung zum stellvertretenden Generalsekretär keinerlei Aufsehen erregt hätte. Dass dann aber der bisherige Generalsekretär in der gleichen Sitzung seine Pensionierung bekanntgibt und sein neuer Stellvertreter in der gleichen Sitzung weiterbefördert wird, das ist der Knackpunkt. Da fühlt man sich nicht wirklich ernstgenommen."
    Nach der Expertise des juristischen Dienstes des Parlaments sei eine solche Beförderung – ohne vorherige Ausschreibung – in bestimmten Fällen möglich. Dann müsse aber zum Beispiel eine schwerwiegende, dringende Lage herrschen.
    "Wir sind auch nach mehrmaliger, nochmaliger Prüfung von der Ordnungsmäßigkeit und Rechtmäßigkeit des Verfahrens und des Verfahrensergebnisses überzeugt", so Günter Oettinger dazu. Martin Selmayr habe uneingeschränkt die fachliche und persönliche Qualifikation für die Aufgabe des Generalsekretärs.
    Bis Februar bei Italianer nachgehakt
    Was mit Selmayrs Mitbewerberin geschehen sei, wollte die Sozialdemokratin Ines Ayala Sender wissen:
    "Die andere Kandidatin wurde von einem sogenannten unabhängigen Gremium aussortiert. Wie hat diese Bewertung ausgesehen und wie kam es zu dieser Entscheidung?"
    "Sie hat sich beworben, sie war im Assessment Center, sie wurde aber nicht für nicht befähigt erachtet, sondern sie hat dann selbst zurückgezogen", so Oettingers Erklärung. Die Gründe dafür bleiben unklar.
    Auch, ob es sich nicht um einen Interessenkonflikt handele, wenn Selmayr als einziger neben Juncker vorher davon wusste, dass der bisherige Generalsekretär Italianer zurücktreten wolle. Der linke Abgeordnete Dennis De Jong zitiert eine Pressemitteilung Selmayrs:

    "Darin heißt es, dass Herr Selmayr schon vor Weihnachten Bescheid wusste, Herr Juncker ihn persönlich unterrichtet habe, dass eine Auswechselung stattfinden würde und dass er für Juncker der richtige Kandidat sei für die Nachfolge von Herrn Italianer."
    Auch Ombudsfrau befasst sich mit der Personalentscheidung
    Dieser Erklärung habe er nichts hinzuzufügen, so Haushalts- und Personalkommissar Oettinger: "Herr Selmayr war beim incoming President der künftige Kabinettschef und damit sein Wegbegleiter, war bei den Gesprächen dabei, hat mitbekommen, das Italianer dies nicht bis zum Ende des Mandates machen will."
    Juncker habe nachweisbar bis in den Februar bei Italianer nachgehakt, ob dieser nicht doch bleiben würde, so Oettinger.
    Rein rechtlich - so das Ergebnis der Anhörung - mag die Kommission alles richtig gemacht haben. Ob man in der Kommission die Kritik nachvollziehen könne, die sich an der Blitzbeförderung Martin Selmayrs entzündet hat, darauf ging Kommissar Oettinger nicht ein. Neben der Untersuchung des EU-Parlaments befasst sich auch die EU-Ombudsfrau mit dem Fall.