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EU-Ministertreffen
EU und NATO sind offen für einen Libyen-Einsatz

Der Syrien-Konflikt, die Lage in Libyen und die Flüchtlingskrise - die Außen- und Verteidigungsminister der EU hatten bei ihrem Treffen in Amsterdam einiges auf der Tagesordnung. Am Ende standen eine Mahnung an die Türkei und eine mögliche Mission in Libyen.

Von Annette Riedel | 06.02.2016
    Die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.
    Die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. (AFP / Emmanuel Dunand)
    Wie wenig beim Thema Flüchtlingskrise Außenpolitisches ohne Innenpolitisches zu denken ist, das wurde einmal mehr beim informellen Treffen der EU-Außenminister klar. So argumentierte der Österreicher Sebastian Kurz in erster Linie innenpolitisch, wenn er noch einmal die Entscheidung Wiens betonte, an der angekündigten Obergrenze für Flüchtlinge, die ins Land gelassen werden, festzuhalten.
    "Die letzte Chance ist es für uns, die Flüchtlinge an der österreichischen Grenze zu stoppen. Aber wenn es eine Kooperation gibt, sie schon vorher zu stoppen, dann ist das natürlich in unserem Sinne."
    Wenn Schengen-Land Griechenland das an seiner Außen-Grenze nicht schafft, dann müsse es eben im Zweifel an der Grenze Griechenlands mit Nicht-EU-Land Mazedonien oder auch an der zu EU-Beitrittskandidat Serbien geschehen. Beide Länder wünschten sich, nach den Worten des österreichischen Außenministers, eine diesbezügliche Kooperation - denkbar aus Sicht von Sebastian Kurz als bilateral, gesamt-europäisch oder von einer Koalition der Willigen organisiert. Er wird das zum Thema am zweiten Tag des informellen EU-Außenministertreffens machen, wenn auch die Außenamtschefs der Westbalkan-Länder und der Türkei zu Gesprächen in Amsterdam sein werden. Von der Türkei erwarten Bundesaußenminister Steinmeier und seine Kollegen einiges.
    "Dass die Türkei den Arbeitsmarkt öffnet für Flüchtlinge; dafür sorgt, dass die Grenzen der Türkei tatsächlich kontrolliert werden. Wir müssen dafür sorgen, dass der Strom der Flüchtlinge über die Ägäis im kommenden Frühjahr nicht ähnlich hoch wird."
    Abstimmung der neuen europäischen Sicherheitsstrategie
    Nicht nur die Türkei lässt bei der Umsetzung der Verabredungen einiges zu wünschen übrig. Auch die EU hatte sich zunächst schwer getan, die versprochenen drei Milliarden Euro für die Unterstützung der Türkei beziehungsweise der rund 2,5 Millionen Syrien-Flüchtlinge im Land zusammenzubekommen.
    Die EU-Außenminister haben auch mit den EU-Verteidigungsministern beraten, die ebenfalls in Amsterdam zusammen kamen. Es ging in diesen gemeinsamen Gesprächen, zu denen NATO-Generalsekretär Stoltenberg hinzukam, um eine neue europäische Sicherheitsstrategie, die bis zum Juni stehen soll. Der Bundesaußenminister betonte, wie wichtig es sei, dass die EU effektiver, schneller, abgestimmter auf Krisen-Situationen - zumal vor ihrer eigenen Haustür - reagieren könne. In ihrem eigenen Sicherheitsinteresse. Zivil und militärisch.
    "Es geht nicht um die Kreation von Wolken-Kuckucks-Heimen. Es geht darum, wie sich Europa in einer veränderten Welt, die gefährlicher geworden ist, besser aufstellt, wie wir unsere Instrumente schärfen."
    Der Bundesaußenminister informierte seine EU-Amtskollegen am Nachmittag über seine Besuche im Iran und in Saudi-Arabien. Die beiden Länder, mit einem gespannten Verhältnis zueinander, spielen eine Schlüsselrolle, wenn eine politische Lösung für die Beendigung des Bürgerkrieges in Syrien gefunden werden soll. Nicht zuletzt wegen der noch zunehmenden Unterstützung des Assad-Regimes durch Russland hätten die Friedens-Gespräche in Genf zwischen Damaskus und syrischen Oppositionellen zunächst nicht weiter geführt, kritisierte NATO-Generalsekretär Stoltenberg.
    Hilfe für Libyen angekündigt
    Schon in der kommenden Woche soll es aber in München ein neues Treffen geben, dann der wichtigen Akteure in der Syrien-Krise auf Außenminister-Ebene. Russland wird dabei sein. Die Minister aus dem Iran und Saudi-Arabien sind eingeladen. "Wir brauchen Iran und Saudi-Arabien. Es gibt Signale aus beiden Staaten, dass beide Außenminister dabei sein werden."
    Auch die Lage in Libyen kam zur Sprache. Der Kampf verschiedener internationaler Akteure gegen die Terrormilizen des Islamischen Staats in Syrien einerseits und das Zurückdrängen des IS im Irak andererseits führen dazu, dass der IS zunehmend versucht, im ohnehin wegen zweier rivalisierender Regierungen instabilen Libyen Fuß zu fassen.
    Die EU will helfen, die Lage zu stabilisieren. So könnte die Operation "Sophia", die in internationalen Gewässern Flüchtlinge rettet und militärisch gegen Schlepper vorgeht, auch auf libysche Hoheitsgewässer, gegebenenfalls bis unmittelbar vor die Küste ausgeweitet werden und eine Ausbildungskomponente bekommen. Eine deutsch-italienische Initiative zur Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte in Tunesien steht in den Startlöchern - all das allerdings unter einer Bedingung, die Bundesverteidigungsministerin Von der Leyen benennt. "Wenn eine libysche Einheitsregierung uns darum bittet."