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EU-Operation Sophia
Unterstützung für Libyen

Die EU hat beschlossen, die Operation Sophia zur Rettung von Flüchtlingen und Bekämpfung von Schleusern auf dem Mittelmeer auszuweiten. Sowohl das Einsatzgebiet als auch die Aufgaben der Mission werden in Richtung Libyen erweitert - auch aus Eigeninteresse.

Von Annette Riedel | 21.06.2016
    Die Korvette "Ludwigshafen am Rhein" beteiligt sich an der EU-Operation "Sophia" vor Libyen
    Die Korvette "Ludwigshafen am Rhein" beteiligt sich an der EU-Operation "Sophia" vor Libyen (dpa/picture alliance/Bernd Wüstneck)
    Im Grunde nur mehr reine Formsache war der gestrige Beschluss der EU-Außenminister, die EU-Operation Sophia im Mittelmeer zu verlängern und auszuweiten. Diese Operation gilt - immer wieder betont - der Rettung von Flüchtlingen. Aber sie gilt mindestens genauso sehr dem Kampf gegen die Schleuser. Grundsätzlich dazu entschlossen, dabei einen Schritt weiterzugehen, hatte sich die EU bereits. Jetzt gibt es keine Hürde mehr, nachdem in der vergangenen Woche der Weltsicherheitsrat ein entsprechendes Mandat erteilt hat. Was Bundesaußenminister Steinmeier mit einiger Genugtuung erfüllt:
    "Wir haben ja eine ganz schwierige Debatte innerhalb des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gehabt. Am Ende ist es gelungen, nicht nur einen einstimmigen Beschluss zu bekommen, sondern auch einen, der von den anfänglichen Kritikern - also auch Russland - mitgetragen wurde."
    So sieht es auch die Bundeverteidigungsministerin, Ursula Von der Leyen:
    "Dass dieser Beschluss einstimmig gefasst wurde, ist ein sehr gutes Zeichen, denn das zeigt, dass die Weltgemeinschaft geschlossen hinter diesem Beschluss steht."
    Mogherini: "Das UN-Mandat ist ein starkes Signal"
    Eben inklusive Russland. Das ist insofern deshalb bemerkenswert, weil das Verhältnis zwischen Moskau und der EU als belastet gelten kann, durch Sanktionen Brüssels - in Teilen gerade verlängert - und Gegensanktionen Russlands, im Zusammenhang mit dessen Krim-Annektierung und der Ukraine-Krise. Ganz offenbar sind die Beziehungen nicht so sehr zerrüttet, dass es nicht doch an mancher Stelle gelingen kann, hier maßgeblich von Deutschland und Frankreich gemakelt, auf internationaler Bühne konstruktiv zusammenzuarbeiten.
    "Das UN-Mandat ist ein starkes Signal für die internationale Unterstützung der EU-Rolle beim Kampf gegen Schleuser-Netzwerke," analysiert die EU-Außenbeauftragte Mogherini. Bisher ist die Operation Sophia auf internationale Gewässer beschränkt, beim Orten, Retten, Überführen von mutmaßlichen Schleusern an die italienische Justiz und gegebenenfalls dem Zerstören von Schleuser-Booten. Sie soll dies künftig, auf ausdrückliche Einladung der libyschen Regierung, auch in libyschen Hoheitsgewässern tun können. Die Aufgaben von Sophia werden zudem, ebenfalls gewünscht, ausgeweitet. Die Überwachung, ob das UN-Waffenembargo eingehalten wird, kommt hinzu. Und die Europäer werden darüber hinaus den Libyern beim Wiederaufbau einer Küstenwache unter die Arme greifen. Die EU sieht sich in der Pflicht, sagt der britische Außenminister Hammond, der um Autorität in ganz Libyen ringende Einheits-Regierung zur Seite zu stehen. Auch aus Eigeninteresse:
    "Wir müssen der Einheitsregierung mit aller Kraft helfen, ihre legitime Kontrolle über das ganze Land zu etablieren. Gleichzeitig helfen wir uns auch selbst, wenn es darum geht, Waffen-Schmuggel und Menschen-Schmuggler zu bekämpfen, die für große Probleme im Mittelmeer sorgen."
    Zusammenarbeit mit der NATO
    Es gilt, nicht zuzulassen, dass wieder mehr Flüchtlinge aus Afrika über Libyen kommen könnten, nachdem der Weg von der Türkei über Griechenland so gut wie blockiert ist. Und es soll verhindert werden, dass in Libyen oder aus Libyen Waffen in die Hände der Terror-Milizen des IS gelangen. Spätestens da berühren sich die Interessen der EU und der NATO. Union und Allianz arbeiten im zentralen Mittelmeer zwischen der Türkei und Griechenland schon zusammen. Beim NATO-Gipfel Anfang Juli in Warschau könnte nun zudem die Zusammenarbeit bei der Sophia-Operation beschlossen werden.
    Die NATO, deren Mitgliedsländer alle im Kampf gegen den IS engagiert sind, steht bereit, sagte NATO-Generalsekretär Stoltenberg vergangene Woche in Brüssel. Das Verteidigungsbündnis hatte 2001, nach den Terror-Angriffen vom 11. September, die Operation "Active Endeavor", mit dem Ziel gestartet, Solidarität und Entschlossenheit zu demonstrieren und zur Entdeckung und Abschreckung terroristischer Aktivitäten im Mittelmeer beizutragen. Nun will die NATO die Operation "Active Endeavor" verstetigen und umorganisieren.
    "Es soll in Richtung Aufklärung und Ertüchtigung von Anrainer-Staaten im Anti-Terrorkampf gehen. Das wäre die richtige Plattform für das NATO-Engagement im zentralen Mittelmeer und könnte die Sophia-Mission unterstützen."