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EU-Politiker: Bewusstsein gegenüber einer Pandemie in Europa ist geschärft

Der EU-Politiker Karl-Heinz Florenz hält die Europäische Union angesichts der grassierenden Schweinegrippe für gut aufgestellt. Das Bewusstsein, gemeinsam gegen solche Krankheiten vorzugehen, sei in den letzten vier, fünf Jahren gestiegen. Er sehe nicht die Gefahr einer über Europa rollenden Pandemie, sagte Florenz.

Karl-Heinz Florenz im Gespräch mit Elke Durak |
    Elke Durak: Die sogenannte Schweinegrippe, also dieser von Mensch zu Mensch übertragene Typ der Influenza, er verbreitet sich auf der ganzen Welt - schnell, aber vielleicht doch noch nicht so rasend wie gedacht. Aber mehr als 100 Tote gab es in Mexiko, Infektionen und Verdachtsfälle unter anderem in den USA, in Kanada, Neuseeland, Brasilien, Israel und auch in Europa. Weltweit bemühen sich Regierungen und internationale Organisationen um die Koordinierung von Gegenmaßnahmen. Die WHO hält die Ausbreitung für beunruhigend, hat die Stufe 4 ausgerufen für so etwas. Was tut die EU? - Am Telefon ist Karl-Heinz Florenz, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Europaparlaments und Mitglied der EVP. Guten Morgen, Herr Florenz.

    Karl-Heinz Florenz: Guten Morgen!

    Durak: Was tut die EU?

    Florenz: Die Umweltkommissarin ist gestern zu den Außenministern gereist, weil die gestern nun mal tagten, und sie hat angeordnet, dass die Gesundheitsminister sich in diesen Tagen, wahrscheinlich schon morgen hier in Brüssel treffen, um auch persönlich die Dinge zu besprechen. Wichtig ist, dass wir in Europa eine gute Informationspolitik haben, dass es nicht so geht wie vor einigen Jahren, dass wir Erkrankungen - damals bei Tieren - von großem Ausmaß hatten und die Nachbarländer überhaupt keine Informationen hatten. Transparenz und Kommunikation der europäischen Länder, das ist wichtig. Daneben müssen natürlich die Aktivitäten in den einzelnen Mitgliedsländern auch sehr aktiv sein, denn die tatsächlichen Maßnahmen müssen ja dann national ergriffen werden.

    Durak: Aber die EU kann den nationalen Regierungen nichts vorschreiben, oder?

    Florenz: Na ja, aber sie sind so koordiniert, dass sie schon sagen können, wir erwarten jetzt gerade, wenn man Nachbarschaftsländer hat, dass das Land A und B aktiv wird. Wenn Sie damit die ärmeren Länder der Europäischen Union ansprechen, dann gibt es ja da auch eine Kooperation in Krisenfällen - gerade bei Pandemien, sodass Europa da eben auch mit "Manpower" helfen könnte. Ich sehe da keine Gefahr, dass wir sagen müssen, mein Gott, wir haben da einige Länder, die im Moment nicht so gut aufgestellt sind, und da könnte sich so eine Pandemie womöglich entwickeln und dann über Europa herziehen. Diese Gefahr sehe ich nicht. Das ist auch mit der WHO sehr ordentlich abgesprochen. Ich bin da relativ zuversichtlich.

    Durak: Das heißt, so etwas, was wir gestern aus Mexiko Stadt gehört und gesehen haben, dass Krankenschwestern ihre Arbeit niedergelegt haben, weil sie keine Schutzmittel mehr haben, dass es keinen Mundschutz mehr gibt, keine Seife und nichts, so etwas kann in Europa, in den europäischen Mitgliedsstaaten, auch den ärmeren nicht passieren? Was denken Sie?

    Florenz: Wenn durch Korruption Hilfsmittel für Ärzte auf einmal verschwinden, dann kann ich das auch von Brüssel aus nicht ein für alle Male verhindern. Aber ich bin sicher, dass das Bewusstsein, gemeinsam gegenüber solchen Krankheiten vorzugehen, in den letzten vier, fünf Jahren dramatisch gestiegen ist, positiv gestiegen ist. Das war vor 2005 durchaus anders. Da hat die WHO uns in Europa ein schlechtes Testat ausgestellt. Das hat sich jetzt durch wirkliche Kooperation, aber auch durch Bewusstseinswandel geändert. Das ist ja die ganz entscheidende Frage, dass die Verantwortlichen in den Ländern begreifen, wir müssen jetzt gemeinschaftlich was tun. Ich halte das für ausgeschlossen, aber "you never know".

    Durak: Das Bewusstsein, das Stichwort haben Sie mir quasi in den Mund gelegt. Wie kann man den Menschen die Angst nehmen, ohne die notwendige Vorsorge zu vernachlässigen?

    Florenz: Ich glaube, dass man jetzt schon von Hinweisen, vielleicht nicht in die Vereinigten Staaten zu gehen, spricht, das scheint mir etwas übertrieben, wobei wir alle kein hundertprozentiges Rezept haben. Aber ich glaube, man muss sehr aufmerksam sein mit seiner eigenen Gesundheit, muss überprüfen, komme ich gerade aus einem Land, was vielleicht unter einem gewissen Verdacht steht, dann muss man sich sehr gut im Auge behalten. Die Behörden müssen wachsam sein, sie müssen notwendige Informationen sofort weitergeben, denn es geht ja erst einmal darum, den Virus auch zu identifizieren. Es ist ja nicht so, als wenn wir morgen eine solche Erkrankung hätten, dass wir dann gleich übermorgen ein Medikament hätten, sondern leider Gottes ist es ja so, dass da auch noch wissenschaftliche Arbeit geleistet werden muss. Aber dass da eben nicht wo möglich acht oder zehn Tage verstreichen, das ist die ganz wichtige Frage und dieses Bewusstsein ist in Europa geschärft worden, das auch wegen der Europäischen Kommission. Ich möchte sie da eher loben. Ansonsten muss man aufmerksam und behutsam durchs Leben gehen.

    Durak: Herr Florenz, Sie sind Europaparlamentarier und Europaparlamentarier sind viel unterwegs, auch auf Flughäfen, fliegen ständig hin und her, reisen. Sind Sie beunruhigt?

    Florenz: Nein, ich bin nicht beunruhigt. Ich sehe das durchaus als Politiker als ein seriöses Problem an, aber ich halte es genauso für unsere Pflicht, jetzt da keine Panik zu entwickeln. Unsere Dienststellen in Europa, in den Mitgliedsländern, die müssen jetzt wirklich aufmerksam sein, die dürfen nichts unterlassen, was notwendig ist, um Vorbeuge zu betreiben, Informationspolitik zu entwickeln. Aber ich bin nicht beunruhigt.

    Durak: Ich meinte Sie ganz persönlich, dass man vielleicht mehr Abstand nimmt zu jemand, der da herumhustet.

    Florenz: Es ist, glaube ich, ganz selbstverständlich, wenn einer da herumhustet und dann auch noch eine schlechte Erziehung hat, da durch die Gegend hustet, dass man sich von solchen Leuten grundsätzlich fernhält. Aber es gibt ja auch gewisse Kultursachen, die man einhalten sollte. Wie viele Leute gibt es, die da einfach uns in die Hände niesen. Verzeihung, mein Vater hätte mir früher die Ohren langgezogen. Solche Regeln, die sollte man auch mal wieder einführen. Das ist erst mal kulturell ordentlich und das ist gesundheitspolitisch auch richtig.

    Durak: Karl-Heinz Florenz, Mitglied der EVP und des Europaparlaments im Gesundheitsausschuss, dem er lange auch vorgestanden hat. Danke, Herr Florenz, für dieses Gespräch und gute Reise weiterhin.