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EU-Verhandlungen mit Griechenland
Warten auf die nächste Reformliste

Um Mitternacht läuft die Frist ab: Die EU-Kommission erwartet, dass die griechische Regierung auch erst dann die Liste mit ihren neuen Reformvorschlägen vorlegen wird. Ob sie ausreichend sind, werden zunächst die Experten von IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank prüfen.

Von Jörg Münchenberg | 09.07.2015
    EZB-Präsident Mario Draghi (links) spricht bei einem Treffen in Brüssel mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, rechts im Bild ist der EU-Kommissar für Finanzen, Pierre Moscovici zu sehen.
    EZB-Präsident Mario Draghi (links) spricht bei einem Treffen in Brüssel mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, rechts im Bild ist der EU-Kommissar für Finanzen, Pierre Moscovici zu sehen (Archivbild). (AFP/ Virginia Mayo)
    Bei der EU-Kommission stapelt man erst einmal tief. Bis Mitternacht gilt die Frist, bis dahin also muss die Liste mit neuen Reformvorschlägen aus Athen eingetroffen sein. Die griechische Regierung werde sich aber wohl Zeit lassen und die Frist voll ausschöpfen, heißt es. Trotzdem sind die Erwartungen hoch. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici im französischen Radio heute Morgen:
    "Es stimmt, wir erwarten für heute von Herr Tsipras konkrete, greifbare und vollständige Vorschläge, all das ist jetzt unabdingbar. Gestern wurde ein neues Finanzhilfeprogramm vom ESM beantragt, das verlangt, dass Reformvorschläge auf den Tisch kommen. Wenn das nicht geschieht, finden wir uns in sehr großen Schwierigkeiten wieder. Sind sie aber da, dann können wir am Sonntag zu einem erfolgreichen Abschluss kommen."
    Staats- und Regierungschefs entscheiden am Sonntag
    Gegen 16 Uhr am Sonntag kommen die Staats- und Regierungschefs der Eurozone erneut in Brüssel zusammen, um dann politisch zu beschließen, ob es überhaupt Verhandlungen über ein neues drittes Hilfsprogramm geben kann. Zwei Stunden später wird die Runde dann auf die Chefs aller 28 Mitgliedsstaaten erweitert.
    Doch die Vorentscheidung fällt bereits am Samstag, wenn die 19 Eurofinanzminister die griechische Reformliste bewerten müssen. Dabei deutete heute zumindest EU-Ratspräsident Donald Tusk noch einmal grundsätzliche Kompromissbereitschaft an, gerade bei der Frage der Schuldentragfähigkeit:
    "Die realistischen Vorschläge der griechischen Regierung müssen zusammenpassen mit einem ebenfalls realistischen Vorschlag der Geldgeber zur Schuldentragfähigkeit. Nur dann gibt es eine Win-Win-Situation.
    Merkel lehnt Schuldenschnitt ab
    Auch der Internationale Währungsfonds hat wiederholt Schuldenerleichterungen für Griechenland durch die Europäer angemahnt. Doch einen Schuldenschnitt, also die Streichung von Verbindlichkeiten, lehnt nicht zuletzt die Bundesregierung kategorisch ab. Einen sogenannten "hair cut" werde es nicht geben, bekräftigte heute Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Sarajevo. Allerdings gibt es Überlegungen, Athen durch die weitere zeitliche Streckung bei der Schuldenrückzahlung oder Zinssenkungen entgegen zu kommen.
    Das könnte dann ein Element eines dritten Hilfspaketes sein - doch zunächst einmal, so ein hörbar ungehaltener Ministerpräsident von Luxemburg, Xavier Bettel, sei Athen am Zug. Nicht mehr guter Wille sei gefragt, sondern belastbare Reformvorschläge:
    "Good will is not enough for me. We had some month of good will. We need now decisions. We need proposals."
    Neues Hilfsprogramm soll drei Jahre laufen
    Erschwerend kommt aber hinzu, dass Athen deutlich weiter reichende Vorschläge präsentieren muss als bislang diskutiert. Denn nach dem bereits eingereichten Antrag an den Europäischen Stabilitätsmechanismus soll das neue Programm drei Jahre laufen. Entsprechend höher würden dann auch die Hilfsleistungen sein - Schätzungen des IWF beliefen sich zuletzt auf mindestens 50 Milliarden Euro.
    Im Umkehrschluss aber muss Athen auch mehr liefern, etwa bei den Privatisierungen und der Öffnung des Arbeitsmarktes. Ob die neue Liste ausreichend ist, werden ab morgen zunächst die Experten von IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank prüfen, bevor dann die Eurofinanzminister zu ihrer entscheidenden Sitzung in Brüssel zusammenkommen.